Roboception

Ausgründung

„Die Welt war damals hauptsächlich 2D“

Im Frühjahr 2015 fiel der Startschuss: Drei Mitarbeiter des DLR-Instituts für Robotik und Mechatronik wagen den Weg in die Selbständigkeit mit der Mission, „Robotern das Sehen und Denken zu ermöglichen“. Dr. Michael Suppa, einer der Gründer und CEO der Roboception GmbH, im Gespräch über die Idee hinter der Technologie, die Bedeutung des frühen Marktfeedbacks und die größten Erfolge.

Was ist das Besondere an der Technologie bei Roboception?

Wir unterstützen Unternehmen dabei, ihre Produktion flexibler zu gestalten – in den Bereichen Industrie- und Laborautomation sowie in der Logistik. Unser Ziel ist es, Robotern mithilfe unserer 3D-Bildverarbeitungsplattform das Sehen und Denken zu ermöglichen.

Bezieht sich diese Flexibilität auf die aktuellen Herausforderungen in der Produktion wie schnelle Veränderungen in der Produktionskette, Individualität der Produkte oder die Produktion von kleineren Stückzahlen?

Ja, genau. Diese und ähnliche Herausforderungen in der Produktion sind aktueller denn je. Es gibt zahlreiche Bereiche wie z.B. die Industrieautomation oder Warenhauslogistik, in denen das Handling von unterschiedlichen Objekten in großen Stückzahlen eine Herausforderung hinsichtlich der Transparenz der Aufgabe oder der Zerbrechlichkeit darstellt. Unser Ansatz ist, mit einer KI-basierter Bildverarbeitungsplattform die Teile zu erkennen, darauf Greifpunkte zu setzen und somit das Handling mit Robotern in der Automatisierung zu ermöglichen.

Wie ist diese Idee entstanden und welche Rolle hat das Institut dabei gespielt?

Unsere Initialidee war ein 3D-Sensor, der auch für mobile Roboter verwendet werden kann, also ein wirklich flexibles System. Dank frühem Feedback aus der Industrie haben wir aber gemerkt, dass die meisten Kunden mit 3D-Daten nicht umgehen können, sondern vielmehr Informationen wie Zielkoordinaten oder Greifpunkte benötigen. Wir haben also schnell gelernt, dass – neben der Hardware – insbesondere die Software und deren intuitive und einfache Bedienbarkeit für Nicht-Experten der größte Bedarf der Kunden ist. Und das ist auch unser Alleinstellungsmerkmal: Wir haben uns von einer Hardware- zu einer Softwareplattform gewandelt und das Institut hat uns die Möglichkeit gegeben, unsere Idee zu verfolgen und weiterzuentwickeln.

War das für Sie von Anfang an klar, dass Ihre Idee so viel Mehrwert für Kunden bietet, dass sie es wert ist, darauf basierend ein Unternehmen zu gründen?

Ja, tatsächlich, schon von Beginn an. Wir haben das Unternehmen 2015 gegründet und damals war die Welt der Industrie, was die Bildverarbeitung angeht, hauptsächlich 2D. Dies galt natürlich nicht für unsere Forschungswelt, aber eben für die Industrie. Viele Aufgaben in der Automatisierung wurden mit 2D-Kameras gelöst, 3D war kaum existent. Es gibt aber viele Aufgaben oder Situationen, wie beispielsweise eine ungeordnete Positionierung der Werkstücke, also Objekte aus einer Kiste nehmen oder eine spezielle Zuführung von Teilen, die mit 2D-Kameras nicht zu machen sind. Diese Erkenntnis war unser „Transferpunkt“: Die Industrie braucht kommerzielle 3D-Sensoren und wir müssen diese Idee zu einem Produkt entwickeln und in den Markt bringen.

Wie schnell wurde aus der Idee ein Produkt?

Die Grundidee hatten wir bereits zum Gründungszeitpunkt. Wir haben sehr früh das Marktfeedback eingeholt, so war es uns bereits nach 6 Monaten klar, wie das Produkt sein soll. Dann ging es schnell: 1,5 Jahre später, 2017 auf der Hannover Messe, haben wir unser erstes Produkt, den intelligenten 3D-Stereosensor rc_visard, eingeführt. Die Software wächst und entwickelt sich seitdem kontinuierlich. Wir waren schnell und – weil unser Produkt nicht unter die Maschinenrichtlinie fällt – hatten regulative Vorteile gegenüber anderen Industriebereichen, was den Zulassungsprozess angeht.

Wie ging es dann weiter? Wie schnell ist Ihr Unternehmen gewachsen und was war Ihr größter Erfolg?

Wir hatten aus meiner Sicht drei wichtige Schritte zum Erfolg: Der erste große Erfolg war, ein Produkt in so kurzer Zeit auf den Markt zu bringen. Dann zwei Jahre später mit dem ersten Pilotkunden eine große Stückzahl anzubieten und schließlich 2019–2020 mit internationalen Vertriebspartnern die Produkte global zu skalieren. Dabei ist unser Team immer noch klein: Wir sind aktuell 14 Mitarbeitende, die sich stark auf den technischen Teil und auf Schlüsselkunden fokussieren. Den Vertrieb haben wir zum großen Teil ausgegliedert, in diesem Bereich arbeiten wir mit namhaften Vertriebspartnern zusammen.

Und was ist das nächste große Ziel?

Wir wollen uns international weiter entwickeln und unser Portfolio in dem Maße skalieren, dass wir auf dem Markt breiter aufgestellt sind. Unsere Hauptmärkte neben Europa sind Nord-Amerika und der asiatische Raum. Aktuell haben wir unseren Sitz in München. Zu der internationalen Skalierung gehört für mich ebenfalls die Eröffnung weiterer Filialen in Amerika und Asien.