Orbitale Robotik
Über Jahrzehnte nutzten Satelliten sich langsam weiterentwickelnde Technologien, um Radio- und Fernsehsignale auf die Erde zu übertragen, Umweltbeobachtungen durchzuführen oder das Universum zu erforschen. Heute sind Unternehmen wie die Société Européenne des Satellites (SES), die mehr als 50 Kommunikationssatelliten betreibt, jedoch mit dem raschen Wandel in der Kommunikationstechnologie konfrontiert. Sie müssen ihre Satelliten entweder ersetzen oder anpassen, um mit der Konkurrenz mitzuhalten. Daher ist zur Zeit insbesondere in den USA eine wachsende Nachfrage nach On-Orbit-Servicing und orbitaler Robotik zu beobachten, sowohl im wissenschaftlichen als auch im kommerziellen Bereich. In Zusammenarbeit mit der Raumfahrtindustrie plant beispielsweise die NASA für 2020 die Restore-L-Mission und die DARPA für 2021 die RSGS-Mission. Orbital ATK plant, Intelsat mit Services zur Lebensdauerverlängerung zu versorgen, Effective Space Solutions bietet lebensdauerverlängernde und andere Services an, und das kanadische Unternehmen MDA zieht gemeinsam mit Space Systems Loral aus dem kalifornischen Palo Alto eine Rückkehr ins In-Orbit-Servicing in Betracht.
Die bisher zur ISS entsandten Weltraumroboter werden vor allem für den Transport von Geräten und Materialien sowie die ferngesteuerte Instandhaltung von Systemen und anderen Nutzlasten auf der Raumstation eingesetzt. Seit einigen Jahren nimmt die weltweite Nachfrage nach geschickteren Weltraumrobotern stark zu. Die neuen großen Weltraummissions-Szenarien für die Post-ISS-Ära, z.B. das Projekt Moon Village (ESA), die Mars-Erkundung (NASA), das DLR-Projekt Orbital Hub in Low Earth Orbit (LEO), das CIS-Lunar-Projekt (NASA, Roskosmos) und eine Hightech-Mondbasis mit Wohnraum für Menschen, wissenschaftliche und technische Labore (Roskosmos), benötigen für die ambitionierten Ziele der Missionen Weltraumrobotersysteme.
Die Aufgaben, die Weltraumroboter erfüllen müssen, sind mit denen von industriellen Anwendungen auf der Erde vergleichbar. Die Weltraumrobotersysteme müssen Montage-, Konstruktions-, Wartungs-, Instandhaltungs- und sonstige Arbeiten ausführen, die zum Zeitpunkt der Roboterentwicklung möglicherweise noch nicht vollständig bekannt sind. Roboter müssen in der Lage sein, sowohl eigenständig als auch in Teams mit anderen Robotern oder Menschen zu arbeiten, um beispielsweise Astronauten bei Außenbordeinsätzen zu unterstützen.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, setzt das Institut verstärkt auf die interdisziplinäre Entwicklung neuer Weltraumrobotertechnologien. Dies beinhaltet die Vorbereitung auf und Teilnahme an national und international geförderten Weltraumprojekten und -missionen sowie die Entwicklung von Armen und gelenkigen Weltraumhänden für Raumfahrtanwendungen – inkl. der dazugehörigen Anwendungssoftware. Nach dem Paradigmenwechsel in der terrestrischen Robotik müssen auch Weltraumroboter weniger Volumen und Gewicht aufweisen und geschickter sein. Sie müssen mit Kraft-/Drehmomentsensoren, Stereokameras und anderen Sensorsystemen ausgestattet sein.
Im Gegensatz zu terrestrischen Robotern müssen Weltraumroboter ihre Montage-, Konstruktions‑, Wartungs-, Instandhaltungs- und sonstigen Aufgaben auch unter den Bedingungen der Mikrogravitation, extremen Belichtungsschwankungen und einer begrenzten Rechenleistung an Bord zuverlässig durchführen. Die aktuell entwickelten Anwendungen müssen daher an die besonderen Anforderungen des Weltraums angepasst oder von Grund auf neu entwickelt werden.