Nachhaltig skalierbare synthetische Treibstoffe

Den Kreislauf schließen

Synthetische Brennstoffe zeichnen sich durch hohe Energiedichten, einfache Handhabung und besondere Vielseitigkeit in ihrer Nutzung aus. Vor allem aber verbrennen sie durchweg sauberer als ihre fossilen Vorgänger. Der größte Vorteil dieser Kerosin-Nachfolger aber ist: Ihre Produktion lässt sich nachhaltig hochskalieren - vorausgesetzt, es stehen genügend erneuerbare Energien zur Verfügung.

Die Ausgangsstoffe für neue Brennstoffe sind äußerst vielfältig: Sie reichen von Bio-Alkoholen über Brennstoffe aus Vergasungs- oder Fermentierungsprozessen bis hin zu Wasserstoff oder Fischer-Tropsch-Produkten. Für jeden Ausgangsstoff wird ein eigenes Herstellungsverfahren entwickelt.

Entsprechend der stark variierenden Zusammensetzung sind auch die Verbrennungseigenschaften so unterschiedlich, dass neue oder angepasste Brennkammerkonzepte erarbeitet werden müssen. Brennstoffflexibilität ist deshalb eine der wichtigsten Anforderungen an zukünftige Brennkammern.

Nicht alle neuen Brennstoffe, die unter dem Begriff sustainable aviation fuels (SAF) zusammengefasst werden, sind gleich nachhaltig. Am Institut erkunden die Forscherinnen und Forscher vor allem CO2-neutrale Herstellungsrouten, für die grüner Wasserstoff mittels Elektrolyse und Kohlenstoff aus der Atmosphäre oder aus industriellen Prozessen gewonnen wird. Erforscht werden Technologien zur Herstellung sowie Nutzung von neuartigen Brennstoffen, die nachhaltig skalierbar sind – sowohl im Bereich der Strom- und Wärmeerzeugung als auch für Luftfahrtantriebe. Darüber hinaus arbeiten wir daran, künftig jeden neuen chemischen Energieträger im Labor so weit zu verstehen, dass wir in der Lage sind, seine Eigenschaften vorherzusagen und ihn gezielt für seine künftige Verwendung zu optimieren.

Synthetische Brennstoffe werden für unterschiedliche Aufgaben optimiert

Der Schwerpunkt der Arbeiten liegt dabei auf synthetischen Kraftstoffen aus Power-to-Liquid-Prozessen (PtL). Sie haben das höchste Potenzial, was die nachhaltige Skalierung einer Produktion betrifft. Sofern Strom aus regenerativen Quellen verwendet wird, können sie nahezu klimaneutral hergestellt werden. Der Bedarf an Wasser wie auch anderen Rohstoffen ist gegenüber nichtfossilen Kraftstoffen biogenen Ursprungs deutlich geringer. An Rohstoffen werden für diese Prozesse nur CO2, Wasser und Energie in Form von Strom aus erneuerbaren Energien benötigt.

In einem mehrstufigen Prozess wird zunächst per Elektrolyse Synthesegas aus Wasser und Kohlenmonoxid erzeugt. Im Anschluss kann entweder mit der Fischer-Tropsch-Synthese weitergearbeitet oder Methanol hergestellt werden. Die Freiheit in der Gestaltung des Syntheseprozesses erlaubt es, sehr verschiedene Produkte herzustellen. Sowohl Otto- als auch Dieselkraftstoffe können klimaneutral nachgebildet werden.

Allerdings orientiert sich die Forschung längst nicht mehr am fossilen Brennstoff der Vergangenheit. Stattdessen werden neue Fuels am Institut für die Anforderungen der Zukunft designt: das Ziel ist, optimierte Brennstoffe mit einer möglichst geringen Schadstoffbilanz zu entwickeln - bei einer gleichzeitigen Verbesserung der Effizienz. Denn auch für nachhaltige flüssige Energieträger gilt: Je weniger wir davon verbrauchen, desto besser.

Visualisierung der Technologieplattform PtL (TPP)
Mit der TPP entwickelt das DLR Technologien für die industrielle Produktion strombasierter Kraftstoffe.

Den Markthochlauf von Power-to-Liquid-Kraftstoffen beschleunigen

Mit der Technologieplattform für Power-to-Liquid-Kraftstoffe (TPP) will das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) den Markthochlauf strombasierter Kraftstoffe – auch Power-to-Liquid-Kraftstoffe (PtL) oder E-Fuels genannt – beschleunigen. Ziel des Projekts ist es, einen ersten Schritt hin zu einer industriellen Produktion zu machen. Dafür wird zum ersten Mal die Gesamtintegration einer Produktionsanlage dieser Größenordnung erprobt. Die Anlage wird mehrere tausend Tonnen PtL-Kraftstoffe pro Jahr produzieren. Diese Menge wird zu Forschungszwecken eingesetzt.

Fuel Design und Technical Fuel Assessment

Ein entscheidender Vorteil der neuen Brennstoffe ist, dass sie sich im Hinblick auf physikalische und chemische Eigenschaften optimieren lassen – wir sprechen hier von Fuel Design. Ziel der Optimierung sind ín der Regel bessere Verbrennungseigenschaften und geringere Emissionen. Was die Verbrennungseigenschaften in Flugtriebwerken oder stationären Gasturbinen betrifft, stehen vor allem Flammenstabilität und geringe Schadstoffemissionen im Vordergrund.

Da die Brennstoffzusammensetzung einen entscheidenden Einfluss auf alle Verbrennungseigenschaften hat, lässt sich angesichts der großen Vielfalt potenzieller Brennstoffe eine Optimierung nicht mit empirischen Verfahren erreichen, sondern nur durch Methoden, die auf einem tiefgehenden Verständnis der zugrunde liegenden physikalischen und chemischen Wirkketten beruhen.

Kraftstoffe der Zukunft
Die Flugversuche des DLR zeigen: Sustainable Aviation Fuels können auch die Nicht-CO2-Effekte der Luftfahrt reduzieren.

Auf dem Weg zu einer emissionsfreien Luftfahrt

Das DLR hat sich zum Ziel gesetzt, die Luftfahrt emissionsfrei zu machen - mit einer Kombination mehrerer Technologien: Wasserstoffantriebe, Brennstoffzellen und nachhaltigen Kraftstoffen. Sowohl in der Forschung als auch in der Luftfahrt ist man sich längst einig, dass diese drei Konzepte miteinander kombiniert werden müssen, um das Ziel der Klimaneutralität in der Luftfahrt zu erreichen. Zumindest für Langstreckenflüge gibt es dabei auf absehbare Zeit keine andere Möglichkeit als die neuen, nicht-fossilen Treibstoffe, um CO2-neutral zu werden. Allerdings gibt es noch viel zu tun, um die Technologie aus dem Labor in die industrielle Produktion zu bringen. Hier setzen wir mit unserer Arbeit an.

Sowohl der Arbeitskreis klimaneutrale Luftfahrt der Bundesregierung als auch die Europäische Union haben ein klares Ziel vorgegeben: Die Luftfahrt in Deutschland und Europa soll bis spätestens 2045 klimaneutral werden. Das europäische Gesetzgebungspaket mit dem Titel "Fit for 55" beschreibt, wie dieses Ziel erreicht werden soll und enthält auch Vorgaben für den Markthochlauf von nachhaltigen Treibstoffen in Luft- und Schifffahrt - in der Luftfahrt sustainable aviation fuels, kurz SAF genannt. Von 2025 an ist für Flüge, die von europäischen Flughäfen aus starten, eine Beimischquote von zwei Prozent SAF vorgeschrieben. Im Jahr 2030 beträgt die vorgeschriebene Beimischquote bereits fünf Prozent. Der Anteil synthetischer Energieträger wird ebenfalls festgelegt - er liegt bei 1,2 Prozent.

Treibstoffe in der Luftfahrt unterliegen strengen Richtlinien für die Spezifikationen und müssen ein äußerst aufwendiges Zulassungsverfahren durchlaufen, um den Sicherheitsanforderungen dieser Branche zu genügen, die nicht ohne Grund höher als in anderen Verkehrssektoren sind. Eine Möglichkeit zur Reduzierung von Risiken und Kosten für Produzenten ist das Prescreening-Verfahren, das der Zulassung bei der ASTM vorgeschaltet werden kann. Das Prescreening ist allerdings nur ein Teil der Treibstoffbewertung - mit dem Technical Fuel Assessment bieten wir darüber hinaus noch eine umfassendere Analyse neuartiger Treibstoffe, die auch aufwändige Verbrennungstests in den Prüfständen beinhalten.

Kontakt

Dr. Markus Köhler

Abteilungsleiter
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Verbrennungstechnik
Chemische Kinetik und Analytik
Pfaffenwaldring 38-40, 70569 Stuttgart

Dr. Patrick Le Clercq

Abteilungsleiter
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Institut für Verbrennungstechnik
Mehrphasenströmungen und alternative Treibstoffe
Pfaffenwaldring 38-40, 70569 Stuttgart