Weltraumwetter

Weltraumwetterbericht

Aufgaben des Ionosphere Monitoring and Prediction Center
Das IMPC bietet verschiedenste Services zum Thema Weltraumwetter für die Luft-, Raum- und Schifffahrt sowie für bodengebundenen Verkehr.

Die Zuverlässigkeit von Wetterberichten ist eines der häufigsten Smalltalk-Themen – und wenn es um die Vorhersagbarkeit von Weltraumwetter geht, sieht die Lage nicht besser aus. Begriffe wie „Chaos-Theorie“ und „Schmetterlings-Effekt“ sind seit Langem fester Bestandteil von Filmdramen, oft als Mischung aus Wissenschaft und Mystik. Doch tatsächlich beschreiben sie ein grundlegendes physikalisches Prinzip: In stark wechselwirkenden Systemen können kleinste Veränderungen enorme Auswirkungen auf das Gesamtsystem haben.

Das Weltraumwetter folgt ähnlichen Prinzipien wie das alltägliche meteorologische Wetter. Es setzt sich ebenfalls aus zahlreichen miteinander verbundenen Prozessen zusammen, die ein komplexes System bilden. Das führt dazu, dass Vorhersagemodelle schnell ungenau werden, wenn der Ausgangszustand nicht exakt bekannt ist.

Empirische versus physikalische Modelle

Computermodelle für die verschiedenen Systeme, die das Weltraumwetter beeinflussen, von der Sonnenoberfläche und dem Sonnenwind über die Magnetosphäre bis hin zur Atmosphäre und Ionosphäre, müssen miteinander verknüpft werden, um das Weltraumwetter realistisch zu simulieren. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Berücksichtigung von Schnittstellen zwischen diesen Teilbereichen dar.

Um Vorhersagen schnell berechnen zu können, kommen häufig empirische Modelle zum Einsatz. Diese basieren auf Messungen anstatt auf grundlegenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten – letztere werden als physikalische Modelle bezeichnet. Eine Schlüsseltechnologie, die auch bei der meteorologischen Wettervorhersage eine zentrale Rolle spielt, ist die sogenannte Datenassimilation. Dabei werden Messdaten in Echtzeit in physikalische Vorhersagemodelle integriert, um deren Abweichungen zu korrigieren.

Da Messungen des Weltraumwetters, anders als Messungen des meteorologischen Wetters, technisch sehr anspruchsvoll sind, bleiben physikalische Vorhersagen eine große Herausforderung. Verschiedene empirische Modelle liefern bereits heute zuverlässige Kurzzeitprognosen und Echtzeitbewertungen.

So können beispielsweise Nutzer von Satellitennavigation Unsicherheiten bei der Standortbestimmung durch Einbindung von Echtzeit-Korrekturmodellen – zum Beispiel NTCM-G von Galileo – beheben. Diese Fortschritte helfen, Auswirkungen des Weltraumwetters auf moderne Technologien besser zu bewältigen.

Das DLR-Zentrum zur Überwachung der Ionosphäre (IMPC)

Übersicht: Dienstleistungen des IMPC

Sonneneruptionen oder geomagnetische Stürme können wichtige Technologien wie Satellitennavigation, Telekommunikation und Stromnetze empfindlich stören.

Das Ionosphere Monitoring and Prediction Center (IMPC) des DLR gehört zu den weltweit führenden Einrichtungen, die das Weltraumwetter überwachen und vorhersagen.

Das IMPC nutzt dazu modernste Technologien. Nahezu in Echtzeit werden globale Karten erstellt, um unter anderem die Genauigkeit von Navigationssignalen zu überwachen.

Elektronendichtekarten in Echtzeit

Das IMPC erstellt Echtzeitkarten und Indizes, um zu zeigen, wie stark die Ionosphäre durch Weltraumwetter gestört wird. Dazu gehören unter anderem Elektronendichtekarten (TEC-Karten) und der Rate-of-TEC-Index (ROTI), welcher schnelle Veränderungen in der Ionosphäre sichtbar macht. Diese Daten sind besonders wichtig für die Luftfahrt, Schifffahrt und andere Bereiche, welche auf zuverlässige Navigationssignale angewiesen sind.

Eines von vielen IMPC Produkten:
1-Stunden-Vorhersage des Elektronengehalts (TEC) der Ionosphäre über Europa

Um den Zugang zu diesen Informationen zu erleichtern, entwickelt das IMPC bedienungsfreundliche Services und Tools. Nutzer können sich in Echtzeit über die aktuelle Weltraumwettersituation informieren und herausfinden, inwieweit Navigationssysteme in ihrer Region betroffen sind.

Diese Daten sind sowohl über die IMPC-Webseite als auch über standardisierte Programmierschnittstellen (APIs) für automatische Systeme abrufbar, was die Integration in verschiedene Anwendungen erleichtert.

So wird auch das Neustrelitzer Elektronendichtemodell „NTCM-G“ über eine API bereitgestellt. Registrierte Nutzende können hier präzise ionosphärische Korrekturdaten in Echtzeit abrufen und direkt in ihre Satellitennavigations-Anwendungen einbinden. NTCM-G wurde speziell für die Nutzung mit Galileo-Navigationssignalen entwickelt. Es bietet eine effiziente Alternative zum NeQuick-G-Algorithmus aufgrund geringerer erforderlicher Rechenleistung. Dies ist besonders für Smartphones oder IoT-Geräte relevant – letztendlich für jedes Gerät mit einer IP-Adresse, das Daten über ein Netzwerk übertragen kann.

Das NTCM-G Modell wurde vom DLR-Institut für Solar-Terrestrische Physik entwickelt und getestet. Sowohl die Europäische Weltraumorganisation ESA sowie die Europäische Union haben NTCM-G validiert – ein Beleg für seine Zuverlässigkeit und Qualität.

Durch seine Arbeit im ESA-Programm und darüber hinaus hilft das IMPC, Europa besser auf die Herausforderungen des Weltraumwetters vorzubereiten. Auf diese Weise stärkt das IMPC die Sicherheit und Leistungsfähigkeit moderner, zunehmend vernetzter Systeme in Europa und weltweit.

Starke internationale Vernetzung

Mission DSCOVR
Der Satellit wurde etwa 1,5 Millionen Kilometer entfernt von der Erde "stationiert". Diese Position zwischen Sonne und Erde wird als Lagrange-Punkt 1 bezeichnet (Abbildung nicht maßstabsgetreu).
Credit:

NASA, NOAA

Ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit des IMPC ist die internationale Vernetzung. Im Rahmen der International Space Weather Initiative (ISWI) entwickelt das Zentrum Instrumente wie das Global Ionosphere Flare Detection System (GIFDS), mit dem Sonneneruptionen – Fachbegriff: solare Flares – überwacht werden.

Ebenso betreibt das DLR mehrere Stationen des eCALLISTO-Netzwerks, das weltweit Daten zu solaren „Radiobursts“ sammelt. Am DLR-Institut für Solar-Terrestrische Physik in Neustrelitz befindet sich auch die einzige europäische Antenne für den Empfang von Sonnenwinddaten des NASA-Satelliten DSCOVR (Deep Space Climate Observatory).

Besonders wichtig ist das IMPC für die zivile Luftfahrt. Es spielt eine zentrale Rolle im europäischen PECASUS-Verbund, der als eines von weltweit vier Weltraumwetterzentren entsprechende Warnungen für die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (International Civil Aviation Organization, kurz ICAO) erstellt. Diese Warnungen ermöglichen es Fluggesellschaften weltweit, auch bei starken Weltraumwetterereignissen sicher zu operieren.

Darüber hinaus ist das IMPC ein aktives Mitglied bei International Space Environment Service (ISES), das Weltraumwetterdienste globale Prognosen und Echtzeit-Analysen zum Weltraumwetter bereitstellt. Das IMPC spielt zudem eine wichtige Rolle im Space Safety Programme (S2P) der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Es leitet das Expert Service Center Ionospheric Weather (I-ESC) und ist dort für den Bereich „Ionosphärisches Wetter“ verantwortlich Das I-ESC überwacht Störungen in der Ionosphäre, die Satellitennavigation, Kommunikationssysteme und andere Technologien beeinflussen können.

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