Die Erde und ihr Magnetfeld

ESA

NASA

Von Weltraumwetter spricht man, wenn die Sonnenaktivität – vor allem Sonnenstürme – in den erdnahen Weltraum eintreten. Dort treten von der Sonne ausgehende Teilchen und Strahlung in Wechselwirkung mit dem Magnetfeld und der Atmosphäre der Erde. Durch diese sogenannten solar-terrestrischen Kopplungsprozesse ist der erdnahe Weltraum sehr chaotisch. So erklärt sich die Analogie zum meteorologischen Wetter auf der Erde.
Die Magnetosphäre
Eine Magnetosphäre beschreibt im Allgemeinen das Gebiet um einen Himmelskörper, in dem das Verhalten geladener Teilchen hauptsächlich von dessen Magnetfeld bestimmt wird. Die Magnetosphäre der Erde bezieht sich also auf den Einflussbereich des Erdmagnetfelds. Dieses entsteht als Folge der Wärmeströmung von flüssigem Eisen im äußeren Erdkern. Das nennt man den Geodynamo-Prozess.
Näherungsweise entspricht das Erdmagnetfeld einem im Erdmittelpunkt zentrierten, geneigten magnetischen Dipol. Um es sich vorstellen zu können, hilft die Analogie zum Feld eines Stabmagneten mit Nord- und Südpol entlang der Längsachse: Das Magnetfeld übt seine Kraft entlang von Feldlinien auf Probekörper aus. Im Physikunterricht in der Schule werden dazu typischerweise Eisenspäne genutzt. Dabei ist die Feldstärke proportional zum Abstand der Feldlinien voneinander: Je dichter sie an einer Stelle beieinander liegen, desto stärker ist dort das Feld.

Momentan ist das Dipolfeld der Erde um circa 9,2 Grad gegenüber ihrer Rotationsachse geneigt. Daraus resultiert die Abweichung zwischen den geomagnetischen und den geographischen Polen. Die Stärke des Felds variiert zwischen etwa 60.000 Nanotesla (an den Polen) und 30.000 Nanotesla (am Äquator). Das ist, verglichen mit der Stärke künstlich hergestellter Elektromagneten, verschwindend gering. Deren Feldstärke liegt im Bereich von einigen Tesla.
Trotz der geringen Stärke hat das Erdmagnetfeld eine ganz entscheidende Funktion für die Erde: Es leitet den Großteil des Sonnenwinds um die Erde herum. Die Magnetosphäre kann somit als eine Art Blase im Teilchenstrom der Sonne verstanden werden, die Leben und menschengemachte Technik vor schädlicher Strahlung schützt. Aufgrund des ständigen anströmenden Sonnenwinds ist das Erdmagnetfeld auf der Tagseite etwas gestaucht und auf der Nachtseite gestreckt. Im Mittel befindet sich die Außengrenze der Magnetosphäre, die sogenannte Magnetopause, auf der Tagseite in etwa 63.000 Kilometer Entfernung von der Erdoberfläche.
Kommt es zu Sonnenstürmen (koronalen Massenauswürfen), wird das Magnetosphären-Schutzschild durch die auflaufende Plasmawolke geschwächt. Überdurchschnittlich viele geladene Teilchen können nun in die Magnetosphäre eindringen, entlang der Magnetfeldlinien bis in die polare Atmosphäre vordringen und Polarlichter erzeugen. Gleichzeitig wird das Erdmagnetfeld besonders stark und auf eine charakteristische Weise verzerrt. Solche Störungen können zeitlich bis zu mehreren Tagen anhalten und werden geomagnetische Stürme genannt.
Der Kopplungsgrad zwischen Sonnenwind und Magnetosphäre hängt insbesondere von der relativen Orientierung zwischen dem interplanetaren Magnetfeld – das vom Sonnenwind (beziehungsweise koronalen Massenauswurf) transportierte Magnetfeld – und dem Erdmagnetfeld an der Magnetopause ab. Zeigen die Felder dort in entgegengesetzte Richtungen, erhöht das die Geoeffektivität eines koronalen Massenauswurfs: Es wird dann mehr Schwung und Energie in die Magnetosphäre übertragen, was stärkere geomagnetische Stürme begünstigt. Bei Extremereignissen kann die Feldstärke um mehr als 1.000 Nanotesla schwanken. Das entspricht nur wenigen Prozent der durchschnittlichen Gesamtfeldstärke.
Hintergrund-Info: Wichtige Kennzahlen |
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Eine einfachere Einordnung der Störungsstärke ermöglichen geomagnetische Indizes. Ein besonders wichtiger Index ist die planetare Kennziffer (abgekürzt Kp-Index), anhand derer international anerkannte Sturmklassen von „geringfügig“ (Kp=5) bis hin zu „extrem“ (Kp=9) definiert sind. |
Die Ionosphäre
Die energiereiche Strahlung der Sonne wird in der oberen Erdatmosphäre absorbiert. Die Strahlungsenergie reicht aus, um einen Teil der Erdatmosphäre zu ionisieren, also einzelne Elektronen von den Gasteilchen zu lösen. Dadurch entsteht oberhalb von circa 70 Kilometer Höhe ein Plasma, das in die Erdatmosphäre eingebettet ist (Ionosphäre).

Die Bedeutung der Ionosphäre ergibt sich bereits aus ihrer Entdeckungsgeschichte: Die ersten Versuche der Radiokommunikation Ende des 19. Jahrhunderts waren auf kurze Entfernungen beschränkt. Allerdings wurde festgestellt, dass Radiosignale mit bestimmten Frequenzen enorm hohe Reichweiten ermöglichten. Als Erklärung wurde die Existenz einer elektrisch leitfähigen Schicht (die sogenannte E-Schicht) der Atmosphäre in circa 100 Kilometer Höhe angenommen. An dieser Schicht wurden bestimmte Radiowellen reflektiert.
Neben der E-Schicht – von der man heute weiß, dass sie sich von etwa 90 bis 150 Kilometer Höhe erstreckt – wurden später noch zwei weitere Schichten entdeckt, benannt in alphabetischer Ordnung D-Schicht (ungefähr 70 bis 90 Kilometer) und F-Schicht (circa 150 bis 1.000 Kilometer). Diese drei Schichten bilden zusammen die Ionosphäre der Erde. Sie entstehen durch eine komplexe Wechselwirkung verschiedenster physikalischer und chemischer Prozesse, sodass sie sich ständig verändern.
Veränderungen der Sonnenaktivität und vor allem Sonnenstürme haben ebenfalls einen großen Einfluss auf die Ionosphäre. Darum spielen sich in dieser Region viele Weltraumwetter-Prozesse ab. Für die Radiokommunikation zum Beispiel stellt dies eine besondere Herausforderung dar, da Stärke und Reichweite eines Signals von der aktuellen Ausbildung der verschiedenen Schichten abhängen. Erst oberhalb einer Frequenz von etwa zehn Megahertz können Radiosignale die Ionosphäre durchdringen, was beispielsweise von Navigationssatelliten genutzt wird. Allerdings werden auch diese Signale von der Ionosphäre „abgelenkt”, was bei der Navigation berücksichtigt werden muss.