12. Mai 2021 | Abschluss des DLR-Projekts VicToria

Bis ins letzte Detail – Flugzeugentwicklung wird digital

  • Neue Technologien für wirtschaftlicheres und umweltfreundlicheres Fliegen können künftig zuerst mit Hilfe von Simulationen, dann in der Realität getestet werden.
  • 13 DLR-Institute haben gemeinsam Verfahren entwickelt, um Fluggeräte (fast) ausschließlich im Rechner zu entwerfen.
  • Ergebnisse mit Forschungsflieger ATRA überprüft und Simulationsmodelle verbessert.
  • Schwerpunkte: Digitalisierung, Luftfahrt

Die Tragflächen biegen sich, der Tankinhalt schwappt, die Beladung mit Passagieren und Fracht ist von Flug zu Flug verschieden – Flugzeuge sind hochkomplexe Systeme, die von unzähligen Variablen beeinflusst werden. Welche Auswirkungen hat es, wenn sich einige von ihnen ändern? Oder alle? Die Antworten sind künftig nur ein paar Mausklicks entfernt: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben im Projekt VicToria die Grundlagen für eine vollständige digitale Entwicklung und Beschreibung von Fluggeräten entwickelt.

13 DLR-Institute mit mehr als 160 Forschenden waren am Projekt VicToria (Virtual Aircraft Technology Integration Platform) beteiligt. „Wir sind jetzt in der Lage, virtuelle Flugversuche durchzuführen, die sich im Detail mit echten Flugversuchen abgleichen lassen“, erklärt Prof. Stefan Görtz, Projektleiter vom DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik in Braunschweig. „Das bedeutet, wir können ein virtuelles Modell eines Flugzeugs oder Hubschraubers mit all seinen Eigenschaften aufbauen.“ Das kann zum Beispiel genutzt werden, um den Passagierkomfort bei Böen oder Flugmanövern zu verbessern. Aber es geht weit darüber hinaus: Das DLR kann Flugzeuge, die es noch gar nicht gibt, virtuell entwerfen, testen und fliegen. Das schließt die Möglichkeit ein, neue Technologien zu bewerten, die das Fliegen umweltfreundlicher und wirtschaftlicher machen sollen.

Aerodynamik, Aeroelastik, Lastanalyse, Flugdynamik und Struktur in einem

„Wir schreiten konsequent voran in Richtung Digitalisierung der Luftfahrt“, sagt Prof. Stefan Görtz. Das DLR hat im Projekt VicToria, das über vier Jahre mit einem Volumen von 36 Millionen Euro gelaufen ist, alle relevanten Disziplinen zusammengeführt: Aerodynamik, Aeroelastik, Lastanalyse, Flugdynamik und Struktur. Die virtuellen Versuche mit einem „digitalen Zwilling“ des DLR-Forschungsflugzeugs ATRA wurden mit Daten aus Windkanalversuchen und aus realen Flügen überprüft. So konnten die Simulationsmodelle stetig angepasst werden. Ein Stereokamerasystem hat zum Beispiel die Verformung der Tragflächen bei verschiedenen Flugmanövern gemessen.

Die Idee, ein Flugzeug rein digital zu entwickeln und zu zertifizieren, entstand schon vor fast 50 Jahren. Damals glaubte man, auf reale Versuche schon bald verzichten zu können – ein Irrtum: Einerseits waren die Rechnerleistungen begrenzt, anderseits konnten etwa komplizierte Strömungen noch nicht richtig dargestellt werden. Das ist inzwischen mit Hilfe der

Flugzeugentwicklung der Zukunft – Die Numerische Simulation
Ein aerodynamisch optimales Flugzeug zu entwickeln, ist eine große Herausforderung. Neben Flugversuchen und Windkanaltest spielt seit einiger Zeit ein drittes Werkzeug eine entscheidende Rolle in der Luftfahrtforschung: Die numerische Simulation.

Ein ausführliches Interview mit Prof. Stefan Görtz zur Digitalisierung der Luftfahrt ist im DLRmagazin 167 erschienen.

Beteiligte DLR-Institute und Einrichtungen

Der A320 ATRA

Der Airbus A320 ATRA (Advanced Technology Research Aircraft) ist das größte Mitglied der Luftfahrzeugflotte des DLR. Die Einzigartigkeit des A320 ATRA liegt in der Kombination aus Verkehrsflugzeug und flexibel einsetzbarer Forschungsinfrastruktur. Neben einer Experimental-Schnittstelle für unterschiedlichste Flugzeugparameter sind nahezu beliebige experimentspezifische Modifikationen am Flugzeug durchführbar.

Kontakt

Katja Lenz

Presseredaktion
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-5401

Prof. Dr. Stefan Görtz

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik
Lilienthalplatz 7, 38108 Braunschweig