Wie kann man mit Satelliten feststellen, ob die Regenwälder abgeholzt werden? Der Begriff „Regenwald“ deutet ja schon an, dass dort meist schlechtes Wetter herrscht. Auf normalen Fotos würde man also nur Wolken sehen. Und wie lässt sich die Eisbedeckung in der Polargebieten erkennen? Dort weit im Norden oder Süden der Erdkugel herrscht schließlich im Winter monatelang Dunkelheit – so dass man hier nur schwarze Fotos erhalten würde.
Schon diese beiden Beispiele zeigen: Viele wichtige Umweltfragen kann man mit einfachen Kameras an Bord von Satelliten nicht untersuchen. Genau da helfen Satelliten weiter, die eben keine „fliegenden Fotoapparate“ sind. Sondern die mit Radar-Instrumenten arbeiten: Damit „sehen“ sie nämlich durch Wolken hindurch. Und sie brauchen auch kein Sonnenlicht, das die Erde beleuchtet. Denn die Bilder entstehen, indem der Satellit seine Radarsignale zum Boden sendet und dann das Echo empfängt. Und das alles geht eben auch bei Bewölkung und bei Nacht.
Das Echo des Radarsignals sieht dabei je nach Art der Oberfläche anders aus. Ein Beispiel: Das Meer ist meist relativ wellig, während ein Ölteppich, der nach einem Schiffsunglück auf dem Ozean schwimmt, eher glatt ist. Daher wirft die raue Wasseroberfläche die Radarsignale anders zurück als das glatte Öl. Das Meer erscheint deshalb im Bild hell, das Öl dunkel. So können Radarsatelliten Wasserverschmutzungen schnell erkennen.
Überraschende Anwendungen
Auch ganz andere Dinge lassen sich so untersuchen – denn Radarsatelliten bieten viele überraschende Möglichkeiten wie etwa auch in der Landwirtschaft: Ob die Pflanzen auf einem Feld erst zu wachsen beginnen oder schon reif für die Ernte sind – auch das kann man am Echo gut unterscheiden. Jede Pflanzenart erscheint da je nach Reifezustand in anderen Farben.
Das sind zwar sogenannte Falschfarben – aber das macht nichts: Man muss dann nur noch wissen, welche Farbe was bedeutet, und schon weiß man, dass beispielsweise die Farbe rosa überall für reifen Weizen steht. Ein einzelner Bauer benötigt diese Informationen vielleicht nicht, wenn er nur einen kleinen Acker hat. Aber für Länder, in denen riesige Getreidefelder zur Ernährung der Bevölkerung bewirtschaftet werden, sind solche Informationen aus dem All nützlich.
Urwälder, Polkappen und Wüsten
Viele Regionen der Erde sind vom Boden aus schwer zugänglich. Wie etwa die oben erwähnten Regenwälder. Will man verhindern, dass in diesen für das Klima so wichtigen Gebieten immer mehr Bäume abgeholzt werden, kann man schließlich nicht permanent durch den Dschungel laufen und überall nachsehen.
Satelliten zeigen da auf einen Blick, wo der Wald gerodet wurde – und mit Radar sind sie eben nicht auf „schönes Wetter“ angewiesen, das in diesen tropischen Regionen eher selten ist. Auch die Eismassen am Nord- und Südpol lassen sich so beobachten und vermessen. Nur daher weiß man überhaupt, wie stark das Eis durch die globale Klimaerwärmung schmilzt.
Und natürlich gehören auch die Wüstenregionen der Erde zu den schwer zugänglichen Gebieten. Auch dort leisten Radarsatelliten wichtige Dienste: Denn sie „sehen“ in speziellen Wellenlängen sogar unter die Oberfläche. Das Echo der Signale zeigt dann an, wo sich dicht unter dem Boden Grundwasser verbirgt. So können Brunnen an den richtigen Stellen gebohrt werden, um die Bevölkerung mit frischem Trinkwasser zu versorgen. Bekanntlich leiden Millionen von Menschen vor allem in Afrika unter Wassermangel. Und das Problem dürfte sich in Zukunft noch verschärfen. Manche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nennen das Wasser daher schon das „blaue Gold“ des 21. Jahrhunderts: ein sehr knappes und wertvolles Gut. Radarsatelliten können hier helfen, künftig viele Menschenleben zu retten. Die Europäische Weltraum-Organisation ESA arbeitet deshalb bereits mit vielen afrikanischen Ländern zusammen.
Warum die Erde vermessen wird …
Schließlich kann man mit Radarsatelliten auch die Erde vermessen – genauer ihre sogenannte Topografie. Damit sind die Höhen und Tiefen der Erdoberfläche gemeint. Zu ihrer genauen Berechnung wertet man die Zeit aus, die ein Signal vom Satelliten bis auf den Boden und wieder zurück benötigt. Es leuchtet ein: Je höher ein Berg ist, desto weniger Zeit vergeht, bis das Echo wieder beim Satelliten eintrifft – und umgekehrt ist die Laufzeit etwas länger, wenn es sich um tiefer gelegene Gebiete handelt. So wird die Erde mit Radarstrahlen wie mit einem Scanner abgetastet. Wozu man das braucht? Zum Beispiel um Straßen, Brücken oder auch Staudämme zu bauen.
Übrigens: Deutschland ist bei Radarsatelliten international führend. Einer der weltweit besten dieser Überflieger mit „Durchblick“ heißt TerraSAR-X. Er wurde 2007 gestartet und liefert rund um die Uhr wichtige Informationen. Der Satellit ist ein Gemeinschaftsprojekt des DLR und der Firma Astrium. Inzwischen hat TerraSAR-X Gesellschaft bekommen: Ein weiterer Radarsatellit namens TanDEM-X fliegt ganz dicht neben ihm (nur wenige hundert Meter entfernt) um die Erde. Beide Satelliten messen gewissermaßen im „Stereo-Verfahren“, wie lange ein Radarsignal, das zur Erde geschickt und von dort reflektiert wird, unterwegs ist. So kann man exakt die Entfernung bis zur Erdoberfläche bestimmen: Bei tiefen Tälern dauert es etwas länger, bei hohen Bergen ist das Signal nicht so lang unterwegs. Diese Daten erlauben es dann, eine Höhenkarte der Erde zu erstellen.
Und für alle von euch, die bis hierhin tapfer weitergelesen haben, zum Schluss noch eine kleine Belohnung: Ihr habt eine Million Euro gewonnen! Nein, natürlich nicht! Glaubt nie solchen Versprechungen! Schon gar nicht im Internet! Aber ein interessantes Radarbild haben wir hier für euch. Es demonstriert, dass Radarbilder auch einfach schön sein können und zeigt den Eiffelturm in Paris – aufgenommen von TerraSAR-X.