Satellitenbilder fallen nicht einfach vom Himmel. Nein, so leicht ist die Sache leider nicht. Satelliten funken vielmehr digitale Daten zur Erde, die dann erst mit großen Antennen empfangen und per Computer in Fotos verwandelt werden müssen. Das klingt kompliziert – eröffnet aber viele Möglichkeiten: Bei der Bildverarbeitung können die Expertinnen und Experten geradezu „zaubern“: Sie heben genau das im Bild hervor, was wirklich wichtig ist. Dass dann etwa Pflanzen manchmal rot aussehen, obwohl sie eigentlich grün sind, oder dass die verschiedenen Gase in der Atmosphäre in verschiedenen Farben schillern, stört wenig. Im Gegenteil: So erkennt man oft erst, worauf es ankommt.
Satelliten sind mit vielen Instrumenten ausgestattet. Dazu gehören „normale“ Kameras, die die Erde so zeigen, wie wir sie auch mit menschlichen Augen sehen würden. Es gibt aber auch Wärmebild-Kameras, die die Temperaturverteilung zeigen. Oder ganz andere Sensoren, die die Zusammensetzung der Luft messen.
Doch wie werden aus den Daten schließlich aussagekräftige Bilder? Hier erfahrt ihr es …
Wirrer „Zahlen-Salat”
Satelliten haben Speicher an Bord und natürlich auch Antennen, um die aufgenommenen Daten zur Erde zu übertragen. Könnten wir ihnen dabei „zuhören“, würden wir nur einen wirren „Zahlen-Salat“ wahrnehmen: eins – null – null – eins und immer so weiter. Jeder Wert steht für einen Bildpunkt, ein sogenanntes Pixel. Ganz ähnlich wie die Punkte auf dem Fernseh-Bildschirm, wenn man sie aus der Nähe betrachtet. Hell und dunkel, rot, grün, blau – zu jedem Punkt eines Bildes sendet der Satellit die entsprechenden Werte. Punkt für Punkt, Zeile für Zeile. Erst im Computer entsteht daraus etwas, das man dann betrachten kann: eben das Satellitenbild.
Falsche Farben
Viele der Bilder, die so hergestellt werden, zeigen die Erde, wie sie ist – also wie wir sie mit unseren menschlichen Augen sehen. Doch man kann diese Informationen nicht nur in normalen Farben wiedergeben, sondern auch in sogenannten Falschfarben. Durch diese künstliche Einfärbung springt dann genau das Problem ins Auge, das man untersuchen will: das Ozonloch in blauen Farben, Meeresverschmutzungen in leuchtendem Grün, rote Wälder und Felder – oder beispielsweise ein Hurrikan in bunten Farbtönen, an denen Expertinnen und Experten dann die Windgeschwindigkeiten ablesen können.
Ein Roboter im Archiv
Wenn man den Gesundheitszustand unseres Planeten untersuchen will, ist man oft an den Dingen interessiert, die sich verändern. Denn die Klimaerwärmung, das Schmelzen der polaren Eismassen oder die Rodung der Regenwälder – all das sind ja dynamische Prozesse.
Da hilft ein einzelnes Bild wenig. Vielmehr möchte man die Entwicklung über längere Zeiträume betrachten: Wie hat sich die Schneebedeckung in den Alpen über die Jahre entwickelt? Steigen die Temperaturen der Meere an – nicht nur im Laufe eines Jahres, sondern auch von Jahr zu Jahr? Viele Fachleute aus Bereichen wie Biologie, Geologie und Klimaforschung sind an solchen Informationen brennend interessiert.
Dazu ist es nötig, die Daten aus dem All über lange Zeiträume zu sammeln. Logisch, dass man dafür also gute Datenarchive braucht. Einfach in der Schublade herumsuchen – nach dem Motto: „Na wo hab’ ich denn das Bild vom Südpol aus dem Jahr 2001 hingelegt?“ – funktioniert da nicht. Im Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum – für diesen langen Namen gibt’s glücklicherweise eine Abkürzung, nämlich DFD – in Oberpfaffenhofen wird deshalb ein riesiges Archiv betrieben. In der gekühlten Klimakammer arbeitet kein Mensch – nur ein Roboter: Immer, wenn ein Wissenschaftler bzw. eine Wissenschaftlerin von irgendwo in der Welt per Internet ein bestimmtes Bild bestellt, flitzt der Roboter-Arm auf Schienen blitzschnell zu dem richtigen Regal, zieht die Daten heraus und versendet sie. Tja, manchmal hilft es eben doch, wenn man Ordnung hält und weiß, was man wo findet …
Die Zeit „eingefangen“
Man kann die Daten aus verschiedenen Zeiträumen auch in einem einzigen Bild kombinieren. Ein solches Bild wird „multitemporal“ genannt. Dadurch erkennt man dann etwa einen Fluss im Normalzustand und zugleich – in anderen Farben – die von Überschwemmungen betroffenen Gebiete. Solche „Vorher/Nachher-Bilder“ liefern daher wichtige Informationen, um der nächsten Überflutung vorzubeugen: etwa durch den Bau von Deichen und Dämmen. Oder indem man die Flut in ungefährliche Gebiete wie Wiesen und Felder umleitet.
Man kann die Daten aus verschiedenen Aufnahmezeitpunkten auch so aneinander reihen, dass dadurch quasi ein kleiner Film entsteht. Er zeigt dann beispielsweise, wie ein Vulkan „atmet“: Der gesamte Berg hebt und senkt sich über Monate und Jahre hinweg.
Es können auch Daten kombiniert werden, die aus verschiedenen Quellen stammen: Höhenmodelle, die die Landschaft nicht einfach „platt“ zeigen, sondern die Berge und Täler erkennen lassen, kann man etwa mit Informationen zur Vegetation „anreichern“. Solche Bilder, bei denen die Daten verschiedener Sensoren kombiniert werden, heißen „multisensoriell“.
Puzzle ohne Wolken
Die digitalen Daten lassen sich oft auch so berechnen und bearbeiten, dass man das alles auch dreidimensional darstellen kann: Beim Betrachten glaubt man dann, nicht von oben auf die Szene zu schauen, sondern beispielsweise seitlich wie aus dem Fenster eines tief fliegenden Flugzeugs.
Und auch viele andere Darstellungen der Erde sind möglich: Wenn man etwa eine Region völlig wolkenfrei zeigen will, sammelt man die Fotos der betreffenden Gegend und setzt später die wolkenfreien Abschnitte wie bei einem Puzzle zusammen.
Atmende Vulkane, Wolken, die verschwinden, der Klimawandel und die Zukunft unseres Planeten: Die Fernerkundung der Erde ist also eine ziemlich komplizierte und zugleich spannende Sache. Sie beginnt beim Bau der Satelliten, reicht vom Empfang der Daten und ihrer Verarbeitung bis zur Auswertung.
Ohne diesen Überblick von ganz weit oben käme man heute nicht mehr aus. Und wer in der Fernerkundung – ob als Geologe bzw. Geologin, Klimaforscher bzw. Klimaforscherin oder Experte bzw. Expertin für Bildverarbeitung – tätig ist, weiß: Hier geht es um die wirklich wichtigen Fragen …