Rund 10 Jahre und 5 Milliarden Kilometer war New Horizons zu Pluto unterwegs. Warum schickt man eine Sonde dorthin? Was ist da so spannend? Es gibt viele interessante Fragen, denen man so nachgehen will. Hier ganz stark vereinfacht einige davon …
Detektivarbeit: Was geschah im Kuipergürtel?
Pluto kreist weit draußen jenseits der Planetenbahnen um die Sonne. Diese Region, 30 bis 50 Mal weiter von der Sonne entfernt als die Erde, wird Kuipergürtel genannt (nach dem Astronomen Gerard Kuiper). Auch andere Himmelskörper wie die Zwergplaneten Eris, Makemake und Haumea befinden sich dort in den äußeren Zonen unseres Sonnensystems. Mit Millionen weiteren kleineren (und vielleicht auch größeren, aber noch nicht entdeckten) Objekten formen sie gewissermaßen einen gigantischen „Ring“. Die Gegend wird deshalb auch gerne die „dritte Zone“ des Sonnensystems genannt – nach den inneren, erdähnlichen Planeten und der Zone der vier Gasriesen Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Simulationen haben ergeben: Eigentlich hätte all diese Materie auch gereicht, um einen größeren Planeten zu formen. Aber irgendetwas hat den Prozess gestört, bei dem kleinere Objekte normalerweise „zusammenklumpen“ und immer größere Himmelskörper bilden. Aber was ist da in der Frühzeit des Sonnensystems im Kuipergürtel passiert? Haben Uranus oder Neptun mit ihrer Anziehungskraft einige Objekte abgelenkt und nach außen in den Kuipergürtel „geschleudert“? Wurde durch diese Störungen der Prozess der Planetenbildung unterbrochen?
Vielleicht geben Pluto und Charon wichtige Hinweise über diese frühe Phase in der Geschichte unseres Sonnensystems. Denn sie sind ein seltsames Paar: Pluto leicht rötlich, Charon dagegen grau. Wie sind die beiden aneinander geraten? Wie und warum haben sie zueinander gefunden? Gab es da eine Kollision wie bei Erde und Mond? Zur Erinnerung: Man nimmt an, dass unser Mond durch einen gewaltigen Zusammenstoß entstanden ist. Ein anderer Himmelskörper traf die junge Erde und „schlug“ Material aus ihr heraus, das sich schließlich zum Mond formte. Oder haben sie sich einfach gegenseitig eingefangen? So oder so: Woher kamen die beiden ungleichen „Weggefährten“ ursprünglich? So unterschiedlich, wie sie aussehen, haben sie sich möglicherwiese nicht am selben Ort gebildet. Und warum ähnelt Pluto dem Neptun-Mond Triton viel mehr als seinem eigenen „Nachbarn“ Charon? Gut möglich, dass wir am Beispiel von Pluto und Charon auch noch etwas über das System Erde/Mond lernen. Auf jeden Fall ein spannender Wissenschaftskrimi mit jeder Menge Detektivarbeit!
Was die Krater verraten
Auch ein Blick auf die Beschaffenheit der Oberflächen von Pluto und Charon könnte viele dieser Geheimnisse enthüllen. Was verrät etwa die Anzahl von Kratern, die man dort antrifft? Planetenforscherinnen und - forscher können daraus oftmals Rückschlüsse ziehen, wie stark ein Himmelskörper von kleineren und größeren Brocken „bombardiert“ wurde. So erfährt man nachträglich vieles über die Frühzeit des Himmelskörpers und des Sonnensystems, als auch die Erde und der Mond einem heftigen „Bombardement“ ausgesetzt waren, bevor alles in geordneteren Bahnen zuging. Aber Vorsicht: Manche Krater könnten durch Kryovulkane (sie schleudern Eis statt Lava in die Umgebung), wie es sie auf einigen anderen Eismonden gibt, verschüttet worden sein. Andere können „nebenbei“ entstanden sein, als ein großer Brocken tonnenweise Material ins All schleuderte, das dann in hohem Bogen wieder auf der Oberfläche auftraf. Wer Krater zählt, muss daher zwischen großen Hauptkratern („Primärkrater“ genannt) und den kleineren „Sekundärkratern“ unterscheiden.
Eine hauchdünne Atmosphäre
Pluto hat – anders als Charon – eine Atmosphäre. Sie ist extrem dünn und hat nicht mal ein Tausendstel der Dichte unserer irdischen Lufthülle. Aber immerhin: Es gibt sie. Allerdings könnte es sein, dass Pluto auch diese letzten Gasmoleküle, die ihn umgeben, allmählich verliert. Denn er ist ja ein sehr kleiner und daher auch massearmer Himmelskörper mit wenig Anziehungskraft. Auch ist es denkbar, dass Pluto diese hauchdünne Atmosphäre immer nur dann hat, wenn er auf seiner stark elliptischen Bahn etwas näher an der Sonne ist, also wie zur Zeit: 1999 durchlief Pluto seinen sonnennächsten Punkt – und es kann gut sein, dass er in den nächsten 50 bis 100 Jahren seine Atmosphäre verliert, einfach, weil sie bei minus 230 Grad „ausfriert“. Zumindest den zuerst beschriebenen Prozess genauer zu studieren ist auch mit Blick auf die Erdgeschichte spannend: Denn auch die Erde war wahrscheinlich in ihrer Frühzeit von einer ersten Ur-Atmosphäre umgeben, die zu einem Großteil wieder ins All entwichen ist (bevor sich hier eine neue Lufthülle aufbauen konnte). Bei Pluto kommt noch ein Rätsel hinzu: Es gibt dort in der Gashülle unter anderem Methan. Den Ursprung dieses Gases kennt man noch nicht. Sicher ist nur: Auf Pluto stammt es nicht von Kühen ;-)
Was Pluto mit der Rosetta-Mission zu tun hat
Ihr habt sicher schon von der Mission Rosetta gehört – jener Sonde, die zurzeit einen Kometen aus der Nähe untersucht. Was haben diese beiden Missionen wohl gemeinsam? Nun, viele Kometen haben aus dem Kuipergürtel – der Heimat von Pluto – ihren Weg ins Innere des Sonnensystems gefunden (meist wenn sie von einem anderen Himmelskörper mit seiner Anziehungskraft abgelenkt wurden und dann in Richtung Sonne stürzen). Rosetta hat also einen Kometen angesteuert, der sich ins Innere des Sonnensystems verirrt hat. Die Pluto-Sonde New Horizons ist in die Regionen hinaus geflogen, wo die Kometen (zumindest einige) herkommen. Und wenn sie an Pluto vorbeigeflogen ist, wird sie ihre Entdeckungsreise fortsetzen.