Polarlichter – die Besonderheit der Polregionen


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Den Polarregionen kommt aufgrund der Form des Erdmagnetfelds eine besondere Rolle zu: Die Teilchen des Sonnenwinds werden zwischen den Polen entlang der parallel zur Erdoberfläche verlaufenden Magnetfeldlinien abgelenkt. Erst in hohen Breitengraden treffen die Teilchen auf die Erdatmosphäre. Dort laufen die Magnetfeldlinien annähernd senkrecht auf die Planetenoberfläche zu. Die Atmosphäre wird durch die einfallenden Teilchenangeregt und in sogenannte metastabile Zustände versetzt. Das bedeutet, dass die Atmosphärenteilchen die „ankommende“ Energie für eine gewisse Zeit speichern und dann verzögert in Form von Licht wieder abgeben. Dieses Phänomen wird als Polarlicht bezeichnet. Auf diesem Prinzip des Nachleuchtens basieren übrigens unter anderem auch phosphoreszierende Leuchtschriften, zum Beispiel in Zifferblättern von Uhren.
Polarlichter existieren in vielen verschiedenen Farben und Formen, abhängig von den einfallenden Teilchen und den Atmosphärenteilchen, die durch den Sonnenwind angeregt werden. So führt die Abregung von Stickstoff zu den selteneren blauen und lila/pinken Polarlichtern. Die am häufigsten beobachteten Polarlichter sind rot und grün. Ein weit verbreiteter Irrglaube besagt, dass die beiden Farben von unterschiedlichen Atmosphärengasen – Sauerstoff und Stickstoff – stammen. Tatsächlich entstehen aber beide Farben aus der „Abregung“ von atomarem Sauerstoff. Es handelt sich lediglich um zwei verschiedene Zustände:
Der erste Zustand, bei dessen Abregung rotes Licht ausgesendet wird, ist der häufigste. Er hat eine vergleichsweise lange „Lebenszeit“ von 110 Sekunden. Aufgrund dieser entstehen rote Polarlichter nur oberhalb von 200 Kilometern, da hier die Atmosphäre dünner und Teilchenkollisionen seltener sind. Bei geringeren Höhen können häufige Teilchenkollisionen nämlich die angeregten Sauerstoffatome ohne Lichtaussendung abregen und dadurch rote Polarlichter unterdrücken.

ESA/Holzworth/Meng
Bei der Abregung des zweiten Zustands werden grüne Polarlichter ausgesendet. Er hat eine sehr kurze „Lebenszeit“ von nur 0,75 Sekunden und tritt in niedrigeren Höhen als rote Polarlichter auf. Grüne Polarlichter werden in einem sehr schmalen Bereich in etwa 100 bis 120 Kilometer Höhe beobachtet. Hier werden besonders viele Sauerstoffteilchen angeregt. Durch ihre kurze Lebensdauer und den begrenzten Höhenbereich werden grüne Polarlichter intensiver wahrgenommen als rote. Dazu trägt auch bei, dass das menschliche Auge sensitiver für die Wellenlänge des grünen Lichts ist.
Ein weiterer Irrglaube ist, dass man Polarlichter am besten am Nord- oder Südpol beobachten kann. Polarlichter erscheinen allerdings nicht öfter, je näher man den Polen kommt. Richtig ist, dass es vorwiegend in einem Ring, dem sogenannten Polarlichtoval, zu diesem Phänomen kommt. Orientiert ist dieser Ring nicht um die geographischen, sondern um die geomagnetischen Pole herum. Der geomagnetische Nordpol liegt aktuell bei etwa 80 Grad nördlicher Breite, nahe der kanadischen Insel Ellesmere Island. Aus diesem Grund reichen Polarlichter in Nordamerika weiter südlich auf als in Europa.
Bei gewöhnlicher Sonnenaktivität liegt das Polarlichtoval über Nordamerika bei grob 60 Grad, über Europa bei ungefähr 70 Grad nördlicher Breite. Die norwegische Stadt Tromsø wird oftmals als „Polarlichthauptstadt” Europas bezeichnet. Während geomagnetischer Stürme kann sich das Polarlichtoval nach Süden ausweiten. So kam es im Oktober 2024 dazu, dass sogar in mitteleuropäischen Breiten Polarlichter am nördlichen Himmel beobachtet werden konnten.

Direkt über Deutschland befindet sich das Polarlichtoval allerdings nur in seltenen Ausnahmefällen. Deswegen werden hierzulande Polarlichter visuell selten als strukturierte Bögen, sondern meist nur schleierhafte Lichter am nördlichen Horizont beobachtet. Die Wahrscheinlichkeit, Polarlichter über Deutschland zu entdecken, steigt, je weiter man nach Norden kommt.
Hierbei sind stets ein wolkenloser Himmel und ein möglichst dunkler Beobachtungsort entscheidend. Denn in Großstädten hellt die Vielzahl starker Lichtquellen den Nachthimmel deutlich auf – ein Phänomen, das auch als „Lichtverschmutzung“ bezeichnet wird. Entsprechend sind Polarlichter dort schlechter zu beobachten.