Raumsonden in der Mars-Umlaufbahn

Hinweis: Dieses Kapitel ist etwas kompliziert. Wenn es dir zu viel wird, kannst du einfach zum Absatz „Was wissen wir heute über den Mars?“ springen - da fassen wir alles nochmal leicht verständlich zusammen.

Kommen wir von den Rovern zu den Raumsonden, die es in der Umlaufbahn um den Mars auch noch gibt. Schon vor vielen Jahren sind solche Sonden zum Mars geschickt worden, um ihn aus dem Orbit (also aus einer Bahn um den Planeten) zu erforschen. Dazu gehört seit 2003 auch die Raumsonde Mars Express der Europäischen Weltraum-Organisation ESA. Mit an Bord: eine deutsche Kamera namens HRSC (High Resolution Stereo Camera). Sie lieferte eine Vielzahl von Bildern in sehr hoher Auflösung. Die digitalen Daten lassen sich auch in 3D-Ansichten und perspektivische Darstellungen verwandeln – bis hin zu Filmen, bei denen man im Tiefflug über die Oberfläche zu fliegen scheint. Für Wissenschaftler bietet das die Chance, die Geländeformationen ganz plastisch zu studieren.

Ausgetrocknetes Flussbett
Eines von vielen HRSC-Bildern, die zeigen, dass es auf dem Mars einmal Flüsse gegeben haben muss. Man erkennt das ausgetrocknete Flussbett und kann auch Rückschlüsse auf die Wassermenge ziehen, die hier einmal talwärts geflossen ist.
Credit:

ESA/DLR/FU Berlin – CC BY-SA 3.0 IGO

Auf den Bildern lässt sich gut erkennen, welche Wege einst das Wasser über den Mars genommen hat. Dabei können die Wissenschaftler anhand der Talprofile auch Abschätzungen über die Wassermengen anstellen, die diese Täler ausgeschürft haben. Im Falle des Kasei Valles muss es wohl die 10.000-fache Menge des Amazonas gewesen sein, der immerhin der wasserreichste Fluss der Erde ist! Und man kann sogar den Zeitraum eingrenzen, wann das geschah. Hand in Hand mit dieser Kamera arbeitet das französische Spektrometer OMEGA. Die Messungen aus der Umlaufbahn konnten bestimmte Minerale nachweisen, in denen Wasser im Kristallgitter „eingebaut“ ist. Solche Minerale gibt es auf der Erde zu Hauf: Tonminerale zum Beispiel, die bei der Verwitterung von vulkanischem Gestein entstehen, wenn es lange mit Wasser in Kontakt steht. Oder die schon von Opportunity entdeckten Salze wie Kalziumsulfate (Gips) oder Magnesiumsulfate, die auf der Erde meist in wässrigen Lösungen entstehen. Auf dem Mars sind das alles klare Hinweise darauf, dass es dort einmal riesige Wassermassen gab.

Die Beobachtungen haben deutlich gemacht, dass es auf dem Mars vor etwa 3,8 Milliarden Jahren zu einem dramatischen Klimawandel kam. Vorher floss Süßwasser, wie wir es von der Erde kennen, über den Mars – das zeigen die Tonminerale an. Vermutlich war das Klima zwar nie so warm wie auf der Erde. Aber es gab damals Niederschläge (meist als Schneefall). Die Forscher meinen, dass es zwar kalt, aber „feucht“ war. Je nach Jahreszeit tauten die Schnee- und Eismassen und bildeten große Wassermengen, die Netzwerke von Tälern entstehen ließen. Damals könnten also lebensfreundliche Bedingungen geherrscht haben. Dann wandelte sich das Klima: Es wurde noch viel kälter und zunehmend auch trockener. Wasser floss nun nur noch selten über den Mars. Dabei entstanden salzige Minerale (darunter Gips), was auf eine eher saure Umgebung schließen lässt, in der es Leben vermutlich schwerer gehabt haben dürfte. Andererseits kennen wir auf der Erde Lebewesen, die auch in einer extrem salzigen, sauren oder auch alkalischen und heißen Umgebung munter gedeihen.

Aber wohin ist das Wasser verschwunden? Dazu lieferte ein Radarinstrument der Sonde Mars Express ein interessantes Ergebnis. Mit extrem langwelligen Radarwellen war es möglich, quasi in den Boden des Planeten hinein zu leuchten. Diese Radarwellen werden von der Sonde ausgestrahlt und dann vom Mars zurückgeworfen – und an den Signalen, die die Sonde dann wieder empfängt, können Fachleute eine Menge erkennen. Man kann damit sogar die Grenzschichten zwischen Gestein und Eis identifizieren (weil Eis die Radarwellen stark reflektiert). So konnte abgeschätzt werden, wo und wie tief das Eis unter der Oberfläche liegt – und wie viel Eis es insgesamt ist. Dabei wurde deutlich, dass ein großer Teil des Wassers, das einst über den Mars strömte und dessen Spuren wir heute noch in ausgetrockneten Flusstälern sehen, nicht nur in die Atmosphäre verdampfte und von dort ins All entwich. Vielmehr existieren gewaltige Mengen dieses Wassers auch heute noch auf dem Mars – und zwar in „Eis-Linsen“ gefroren unter der Oberfläche! Befinden sich diese Eisschichten in der Nähe von vulkanischen Zentren, dann wäre folgendes Szenario denkbar: Wird eine solche vulkanische Region aktiv, strahlt sie Wärme in die Umgebung aus – und das könnte das Eis im Boden zum Schmelzen bringen. Dort könnten einfache Organismen leben, ohne dass wir mit all unseren Instrumenten dieses „Leben im Untergrund“ bemerken würden, wenn wir nur an der Oberfläche suchen.

Oder gibt es doch einen Weg, etwaiges Leben im Innern des Mars aufzuspüren? Vielleicht! Es gibt nämlich noch ein weiteres Experiment auf Mars Express: ein Spektrometer zur Analyse der Gase in der dünnen Mars-Atmosphäre. Das italienische Instrument PFS hat dabei Spuren von Methangas identifiziert. Methan (CH4) ist ein Molekül, das relativ rasch in seine Bestandteile zerfällt. Wenn also Methan gemessen wird, muss es zwangsläufig eine aktuelle Quelle dafür geben. Auf der Erde ist dieser Stoff unter anderem das Ergebnis von Fäulnisprozessen. Es entsteht über Reisfeldern oder entweicht den Mägen von Rindern oder Elefanten. Dann ist Methan das Ergebnis von Stoffwechsel. Hat das PFS-Experiment also die Spuren der „Verdauung“ von unterirdischen Mars-Mikroben aufgezeichnet? So einfach ist es leider nicht. Denn Methan kann auch bei vulkanischen Vorgängen entstehen. Oder aber durch eine Kombination aus beidem: Vulkanismus könnte (wie oben geschildert) unter der Oberfläche befindliches Eis tauen lassen. Tummeln sich in diesem „feuchten“ Milieu einfache Organismen, die Methangas produzieren? Ihr seht: Es gibt hier einigen Spielraum für Interpretationen und auch Spekulationen. Tatsache ist, dass die erhöhten Methanwerte hauptsächlich über den großen Vulkangebieten des Mars gemessen wurden. Weil diese Zusammenhänge so spannend sind, schickte die Europäische Weltraum-Organisation ESA im Jahr 2016 eine Sonde zum Mars, die sich vor allem um die Messung von Spurengasen in der Mars-Atmosphäre kümmert: den ExoMars Tracegas-Orbiter.

Schauen wir uns aber jetzt mal zum Entspannen ein tolles Video an! Kennst du den Film „Der Marsianer“ oder das Buch? Das DLR hat den Weg, den der Astronaut da auf dem Mars zurücklegt, in einem kurzen Clip nachgestellt. Die Bilder sind kein „Trickfilm“. Es sind Aufnahmen der Berliner HRSC-Kamera, die wir oben erwähnt haben. Eigentlich befindet sich diese Kamera an Bord einer Sonde, die den Mars in vielen hundert Kilometern Höhe umkreist. Aber mit entsprechenden Programmen lassen sich diese Bilder in Schrägansichten verwandeln und eben auch zu Movies verarbeiten – und dann sieht es so aus, als würde man im Tiefflug über den Mars sausen.

Der echte Weg des „Marsianers"
Video aus Bildern der Raumsonde Mars Express (2D)

Die Daten der HRSC-Kamera lassen sich auch zu Stereoansichten verarbeiten, die man mit Rot-grün-Brille in 3D betrachten kann. Das sieht dann zum Beispiel so aus, wie auf diesen Seiten gezeigt. Wenn du selbst 3D-Bilder fotografieren und herstellen willst, findest du hier die entsprechenden Tipps.