Artikel aus DLRmagazin 171: Das Ende des Apollo-Projekts

Ein Maximum an Erkenntnisgewinn

„Tracy’s Rock“, eines der berühmtesten Fotos der Apollo-Ära
Hier untersucht Jack Schmitt den großen Felsen, der nach der damals neunjährigen Tochter von Kommandant Gene Cernan benannt ist.
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NASA

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Die meisten kennen die berühmtesten auf dem Mond gesprochenen Worte, jene vom kleinen Schritt für den Einzelnen und dem großen Sprung für die Menschheit. Neil Armstrong sprach sie am 20. Juli 1969. Doch auch die letzten vom Mond zur Erde gefunkten Worte haben eine historische Dimension. Sie stammen aus dem Mund von Eugene „Gene“ Cernan, dem Kommandanten von Apollo 17. Vor 50 Jahren, am 14. Dezember 1972, sagte er vor dem Einstieg in die Mondfähre: „Wir verlassen jetzt Taurus-Littrow, so wie wir einst gekommen sind, und, so Gott will, wir werden in Frieden und Hoffnung für die ganze Menschheit zurückkehren. Godspeed the crew of Apollo 17!“ Gut vier Tage später war eines der größten Abenteuer der Menschheit, das Projekt Apollo, mit der Wasserung der Kommandokapsel America beendet.

Die Meilensteine und Superlative dieses 1961 vom damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy angekündigten, ausgesprochen gewagten Unternehmens sind Legende. Zwischen 1968 und 1972 verließen 24 Männer das Schwerefeld der Erde, bis heute die Einzigen. Zwölf von ihnen verewigten bei sechs erfolgreichen Mondlandungen ihre Fußabdrücke im Staub des Erdtrabanten. Alle kamen lebend zurück, sogar die Besatzung von Apollo 13 konnte nach der Explosion eines Sauerstofftanks nach zwei Dritteln des Wegs zum Mond gerettet werden. In Erinnerung bleibt allerdings auch der tragische Unfalltod der Astronauten Virgil „Gus“ Grissom, Ed White und Roger Chaffee, die 1967 bei einem Starttest am Boden verbrannten.

Ende 1972 sollte Schluss sein mit Apollo, obwohl noch drei weitere Missionen geplant, Ziele ausgesucht und die Trägerraketen bereits gebaut waren. Präsident Nixon hatte das schon 1971 beschlossen: zu teuer. Zudem befürchtete er, dass kaum politischer Nektar aus diesen drei Missionen zu saugen war. Die NASA wehrte sich noch nicht einmal lautstark. Die Verantwortlichen waren mit der bisherigen Bilanz ausgesprochen zufrieden, zumal alle Astronauten heil und sechs Crews mit einem riesengroßen Schatz an Mondproben sowie technischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Erde zurückgekehrt waren.

Der erste Wissenschaftsastronaut

Das gilt vor allem für die drei letzten Missionen, Apollo 15, 16 und 17. Diese Mondflüge waren in erster Linie der Wissenschaft gewidmet. Das zunächst politisch motivierte Ziel, einen Amerikaner vor den Sowjets auf den Mond zu bringen, um die Überlegenheit der freien, westlichen Welt zu demonstrieren, war von einem Wissenschaftsprogramm begleitet. Um sichergehen zu können, dass der erste Mensch auf dem Mond buchstäblich festen Boden unter den Füßen haben würde, wurde der Erdbegleiter zuvor mit robotischen Sonden erkundet. Die verantwortlichen Wissenschaftler erkannten sofort, welche Bedeutung der Mond für das Verständnis aller vier erdähnlichen Planeten hat. Mit seiner meist über drei Milliarden Jahre alten Oberfläche ist er ein Fenster in die Frühzeit des Sonnensystems. Demzufolge ersannen sie für Apollo 11 sowie für die nachfolgenden fünf Missionen zahlreiche neue Experimente und schulten die Astronauten im Gelände. So wurden aus elf Test- und Navypiloten interessierte und gut geschulte Laienwissenschaftler.

Für die letzte Mission wurde aber mit Harrison „Jack“ Schmitt endlich auch ein „echter“ Forscher ausgewählt. Dies sollte die wissenschaftliche Ausbeute noch einmal steigern. Der Geologe Schmitt startete als Teil der Crew von Apollo 17 am 7. Dezember 1972 mit Donnerhall in den Nachthimmel über Florida; es heißt, der Start einer Saturn V sei der größte je vom Menschen erzeugte Lärm. Eine halbe Million Menschen ließ sich dieses mitternächtliche Spektakel nicht entgehen.

Die Planetenforschung profitierte enorm

Die Mondlandung vier Tage später war schon fast Routine, selbst die hohen Berge um das Taurus-Littrow-Tal stellten für Schmitt und Cernan kein Hindernis dar. Drei Tage und drei Stunden verbrachten die beiden am Südostrand des von vulkanischen Gesteinen angefüllten Mare Serenitatis, der östlichsten aller Landestellen. Dieses Gebiet wurde gewählt, um ein älteres Einschlagsbecken untersuchen zu können. Das 3,8 Milliarden Jahre alte Imbriumbecken, das die Mondvorderseite dominiert, war bei vorherigen Missionen schon mehrfach beprobt worden.

Bei drei über sieben Stunden langen Ausflügen mit dem Mondrover legten die beiden Astronauten 34 Kilometer zurück und verstauten am Ende 110 Kilogramm Mondproben in der Challenger. Ron Evans, der Pilot des Kommando- und Servicemoduls, erkundete mit Kameras, Spektrometern und erstmals einem Radar den Mond aus der Umlaufbahn – mit 75 Mondumrundungen hält er auch einen Rekord. Nach der Rückkehr wussten die NASA-Wissenschaftler nicht, ob sie melancholisch über das vorzeitige Ende der Apollo-Ära werden oder über die großartige Ausbeute all der Experimente an der Landestelle, bei den Exkursionen und aus der Umlaufbahn jubeln sollten. Bis heute werden die Proben untersucht und die Daten ausgewertet. Die Ergebnisse füllen Bände. Apollo war Geschichte. Bill Anders, der 1968 mit Apollo 8, der ersten „Mondmission“, den Trabanten umkreiste und das berühmte Foto vom Erdaufgang schoss, lieferte ein weiteres berühmtes Zitat und fasste damit vorab den wichtigsten Erkenntnisgewinn aufs Schönste zusammen: „Wir brachen auf, den Mond zu erkunden, aber tatsächlich entdeckten wir die Erde.“

Ein Beitrag von Ulrich Köhler aus dem DLRmagazin 171

Panorama-Aufnahme der Mondoberfläche
Das Apollo-Projekt endete vor über 50 Jahren, im Dezember 1972 mit Apollo 17.
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