Dieses hochauflösende Bild zeigt die Sonne im ultravioletten Licht und enthüllt ihre obere Atmosphäre der Sonne, die Korona. Es wurde vom Extreme Ultraviolet Imager-Instrument der europäischen Mission Solar Orbiter aufgenommen. Es handelt sich um eine Komposition aus 25 Einzelbildern vom 22. März 2023.
Bild: 1/4, Credit:
ESA & NASA/Solar Orbiter/EUI Team, Image processing by Emil Kraaikamp (CC BY-SA 3.0 IGO)
Flare und koronaler Massenauswurf
Eine aktive Region am Rand der Sonne stieß am 25. Februar 2014 einen der größten Flares des Sonnenzyklus und einen koronalen Massenauswurf aus.
Bild: 2/4, Credit:
Solar Dynamics Observatory/NASA
Langes koronales Loch auf der Sonne
Koronale Löcher sind Bereiche mit offenem Magnetfeld auf der Sonnenoberfläche, aus denen Sonnenwindpartikel in den Weltraum strömen. In dieser Aufnahme im Wellenlängenbereich extrem ultravioletten Lichts erscheint es als dunkler Bereich nahe der Mitte und im unteren Teil der Sonne. Dieses große längliche koronale Loch rotierte Anfang 2017 über die Sonnenoberfläche.
Bild: 4/4, Credit:
Solar Dynamics Observatory, NASA
Dieser Beitrag thematisiert grundlegende Vorgänge an der Sonnenoberfläche, die über allerlei Umwege letztlich zu dem werden, was allgemein als Weltraumwetter bezeichnet wird.
Die „ruhige“ Sonne
Angetrieben von der Kernfusion im Sonneninneren hat die Oberfläche der Sonne eine Temperatur von etwa 5.500 Grad Celsius. Wie alle Objekte sendet die Sonne Wärmestrahlung aus. So „strahlt“ der menschliche Körper im für das Auge nicht sichtbaren, langwelligen Infrarotbereich. Dies kann zum Beispiel mit Infrarotkameras sichtbar gemacht werden kann. Mit zunehmender Temperatur wird die Wärmestrahlung energiereicher – kurzwelliger – und verschiebt sich im Spektrum von Infrarot zu sichtbarem Licht. Ein Metalldraht etwa beginnt beim Erhitzen zu glühen. Das Licht der Sonne wird durch die Erdatmosphäre gestreut, sodass sie das menschliche Auge von der Erdoberfläche aus gelblich leuchtend wahrnimmt.
Strahlungsspektrum der Sonne
Das Maximum der Strahlungsleistung der Sonne liegt im Bereich des sichtbaren Lichts. Aber auch infrarote (rechts davon im langwelligen Bereich) und vor allem ultraviolette Strahlung (links, kurzwelliger Bereich) werden abgestrahlt.
Die Wärmestrahlung umfasst allerdings ein weites Spektrum und verlässt im kurzwelligen Bereich den sichtbaren Bereich. Hier sendet die Sonne ihre energiereiche Strahlung aus: vor allem ultraviolette (UV) und extrem-ultraviolette (EUV) Strahlung. Die Leistung der Sonne ist dabei so enorm hoch: In der kurzen Dauer eines Wimpernschlags strahlt die Sonne den Energiebedarf der gesamten Menschheit (nach Stand 2021) für etwa 50.000 Jahre ab. Auf der Erde kommt davon zwar nur noch ein kleiner Bruchteil an. Das reicht allerdings, um den blauen Planeten „taghell“ zu erleuchten und auf eine für Lebewesen geeignete Temperatur zu erwärmen.
Nur ein Teil der energiereicheren Strahlung der Sonne kommt an der Erdoberfläche, da sie von der Atmosphäre abgeschwächt wird. So wird etwa ein Großteil der UV-Strahlung von der Ozonschicht in 15 bis 60 Kilometer Höhe absorbiert. Die EUV und noch energiereichere Strahlung wird bereits weiter oben absorbiert, wo sich dadurch oberhalb von etwa 80 Kilometern die sogenannte Ionosphäre bildet.
Ein weiterer Bestandteil der ruhigen Sonne ist der sogenannte Sonnenwind. Er ist ein Strom aus Teilchen (überwiegend Protonen und Elektronen), die von der Sonne in alle Richtungen abgestoßen werden. Um beispielsweise die Masse der Cheops-Pyramide (etwa fünf Millionen Tonnen) abzustoßen, benötigt die Sonne etwa zwei bis drei Sekunden. Der Sonnenwind bewegt sich mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von etwa 400 Kilometern pro Sekunde, er trifft die Erde etwa 100 Stunden nach seiner Entstehung auf der Sonne.
Würde der Sonnenwind ungebremst auf die Erde treffen, so löste er die Erdatmosphäre nach und nach von der Erde. Dies ist auch vor etwa vier Milliarden Jahren auf dem Mars passiert. Glücklicherweise besitzt die Erde ein „Schutzschild”, ihr Magnetfeld. Dadurch wird ein Großteil der Sonnenwindteilchen abgelenkt und kann nur in den Polregionen bis in die Erdatmosphäre vordringen. Dort hat das Magnetfeld seine Ursprünge und verläuft nicht schützend parallel zur Erdoberfläche.
Erhöhte Sonnenaktivität: die Sonnenstürme
Zusätzlich zur normalen Sonnenaktivität kann es zu außergewöhnlichen Ereignissen kommen, bei denen die Sonne plötzlich eine große Menge an Strahlung und Teilchen ausstößt. Die sogenannten Sonnenstürme treten in den unterschiedlichsten Stärken und Formen auf, von denen längst noch nicht alle verstanden sind.
Hintergrund-Info: Vereinfachtes Standardmodell eines Sonnensturms
Das Magnetfeld der Sonne kann aufgrund komplexer Vorgänge im Sonneninneren Schleifen auf ihrer Oberfläche bilden. An den Ursprüngen einer solchen Schleife auf der Sonnenoberfläche ist es etwas kühler als in ihrer Umgebung. Diese Stellen werden visuell als dunkler Fleck (Sonnenfleck) wahrgenommen. Diese Magnetfeldschleifen können durch die Dynamik der Sonnenatmosphäre in der Mitte zusammengedrückt werden Dadurch verwandelt sich der obere Teil zu einer abgeschnürten Blase und der untere Teil zu einem gespannten Bogen.
In einem Vorgang, den man als magnetische Rekonnexion bezeichnet, können sich die beiden Teile der Magnetfeldschleife voneinander trennen. Der obere Teil wird durch die freiwerdende magnetische Spannung von der Sonne weggeschleudert – zusammen mit dem in der Magnetfeldblase eingeschlossenen Plasma. Dies wird als koronaler Massenauswurf (CME – engl. Coronal Mass Ejection) bezeichnet, benannt nach der Korona, der obersten Schicht der Sonnenatmosphäre. Bei einer Sonnenfinsternis ist sie als „Krone” der Sonne für das menschliche Auge sichtbar.
Der untere Teil der Magnetfeldschleife zieht sich durch die freiwerdende magnetische Spannung zusammen und schleudert dabei Plasma auf die Sonnenoberfläche. Treffen die zurückgeschleuderten Plasmateilchen auf die Sonnenoberfläche, werden sie ruckartig abgebremst, wodurch eine große Menge energiereicher Röntgenstrahlung frei wird. Das Röntgengerät oder auch die Computertomographie in der Medizin basieren auf demselben Prinzip. Die Röntgenstrahlung der Sonne bezeichnet man als Flare.
Dieser Vorgang ist hier stark vereinfacht dargestellt, eignen sich jedoch gut als Standardmodell zur anschaulichen Darstellung. In der Praxis können die Abläufe stark variieren: Koronale Massenauswürfe und Flares können in sehr verschiedenen Formen und Stärken vorkommen, müssen auch nicht zusammen auftreten.
Standardschema eines Sonnensturms
Eine Magnetfeldschleife auf der Sonnenoberfläche wird durch magnetische Rekonnexion zerteilt: Der obere Teil wird samt eingeschlossenem Plasma abgestoßen (Massenauswurf) und der untere Teil wird auf die Sonne zurückgeschleudert. Beim Auftreffen auf die Sonne entsteht Röntgenstrahlung (das sogenannte Flare).
Da die Erde, von der Sonne aus gesehen, in Relation nur so groß ist wie ein Apfel in ungefähr einem Kilometer Entfernung, verfehlen sie die meisten Sonnenstürme. Nur ein kleiner Anteil trifft den erdnahen Weltraum und wird dort zum geomagnetischen Sturm. Wenn dies passiert, benötigt ein Flare, der sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, etwa acht Minuten von der Sonne zur Erde. Der Koronale Massenauswurf benötigt im Schnitt etwa zwei bis drei Tage für den Weg von der Sonne zur Erde. In speziellen Fällen sind auch weniger als 24 Stunden möglich.
Da besonders große Sonnenstürme in der Regel einen Flare aufweisen, kann das Auftreffen des Sonnenplasmas auf die Erde also mit sehr kurzer Vorlaufzeit vorhergesagt werden. Besonders starke geomagnetische Stürme sind oftmals das Resultat mehrerer, kurz hintereinander auf die Erde treffender Sonnenstürme.
Besondere Weltraumwetter-Ereignisse
Der stärkste direkt gemessene geomagnetische Sturm, das sogenannte Carrington-Ereignis, war vermutlich das Resultat zweier koronaler Massenauswürfe, wobei der erste Sturm dem zweiten gewissermaßen „den Weg frei räumte” und dieser die Erde besonders stark traf. Als das Carrington-Ereignis im September 1859 stattfand, waren Telegraphen-Leitungen die einzige weitverbreitete elektrische Infrastruktur, wodurch sich die Auswirkungen auf die Menschen damals in Grenzen hielten.
Hintergrund-Info: „koronal“ oder „koronar“?
Laut Duden wäre in der Tat „koronar“ das korrekte deutsche Adjektiv. Durch die stark englisch-sprachig geprägte Wissenschaft hat sich im Deutschen dennoch „koronal“ etabliert – analog zu „coronal“ im Englischen.
Ein Ereignis der Carrington-Klasse würde heute in der vollkommen elektrifizierten Welt enorme Schäden verursachen. Dies wurde deutlich, als ein geomagnetischer Sturm, deutlich schwächer als das Carrington-Ereignis, im März 1989 zu weitflächigen Stromausfällen im kanadischen Quebec führte. Daraufhin wurden weltweit die Sicherheitsstandards für Stromnetze erhöht. Das sogenannte Starlink-Ereignis im Februar 2022 – so benannt, da das Starlink-Projekt etwa 40 seiner Satelliten in Folge eines Sonnensturms verlor – war ein als „moderat” kategorisierter geomagnetischer Sturm. Seine heftigen Folgen sind daher umso überraschender.
Weiter zurückliegende Sonnenstürme und ihre Stärke können über historische Berichte von außergewöhnlichen Polarlichtsichtungen und radioaktiven Isotopen in den Jahresringen von Bäumen identifiziert werden. Es wird vermutet, dass in den Jahren 774/775 und 993/994 zwei geomagnetische Stürme stattfanden, die das Carrington-Ereignis an Stärke sogar um ein Zehnfaches übertrafen.
Übersicht bekannter Weltraumwetter-Ereignisse
Name des Ereignisses
Wann geschah es?
Bedeutung?
Carrington-Ereignis
September 1859
Stärkster gemessener geomagnetischer Sturm;
weltweit Schäden an Telegraphen-Leitungen
New-York-Eisenbahn-Ereignis
Mai 1921
Annähernd so stark wie das Carrington-Ereignis;
südlichste Beobachtung von Polarlichtern;
Brand in der New Yorker Central Station durch Überspannung in Kabeln
August 1972
Schnellster gemessener koronaler Massenauswurf (14,6 Stunden von der Sonne zur Erde);
der Sturm fand zwischen den Mondmissionen Apollo 16 und 17 statt und hätte für die Astronauten um ein Haar ernste gesundheitliche Folgen gehabt
März 1989
Stromausfälle in Quebec, Kanada
Halloween-Sturm
Oktober und November 2003
Serie mehrerer Sonnenstürme;
erstes Großereignis, das ausführlich mit Satelliten vermessen wurde
St.-Patrick´s-Day-Stürme
März 2013 und 2015
Zwei Sonnenstürme des ansonsten sehr ruhigen Sonnenzyklus 24;
ausführliche Untersuchung mit modernen Messsatelliten
Starlink-Ereignis
Februar 2022
Moderat ausgeprägter geomagnetischer Sturm;
Absturz von rund 40 Starlink-Satelliten aus ihrem Zwischenorbit
Muttertags-Sturm
Mai 2024
Erstes Extremereignis des aktuellen Sonnenzyklus 25;
von vereinzelten Stromausfällen in Neuseeland Störungen oder dem Ausfall von GPS-gesteuerten Landwirtschaftsgeräten und Drohnen wurde in den Medien berichtet;
Polarlichtsichtungen in ganz Deutschland, unter anderem auf der Zugspitze