Die Mars-Winterlandschaft Australe Scopuli
- Neue Bilder der deutschen HRSC-Kamera zeigen das Gebiet Australe Scopuli in winterlicher Anmutung.
- Charakteristisch sind geschichtete Ablagerungen und Überbleibsel von Gasfontänen, die dunklen Sand an die Oberfläche befördert haben.
- Am 25. Dezember 2024 jährt sich die Ankunft der europäischen Mission Mars Express am Roten Planeten zum 21. Mal.
- Schwerpunkte: Raumfahrt, Mars, HRSC-Stereokamera
Es war ausgerechnet Weihnachten, als der europäische Orbiter Mars Express im Jahr 2003 seine Umlaufbahn um unseren Nachbarplaneten erreichte. Wenig später nahm die hochauflösende Stereokamera HRSC an Bord der Raumsonde ihre Arbeit auf. Bis heute liefert das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelte und betriebene Instrument unzählige spektakuläre Eindrücke von der Mars-Oberfläche. Die neueste Veröffentlichung präsentiert eine winterlich anmutende Szene in der südlichen Polarregion.
Fächerförmige Strukturen aus dunklem Sand
Australe Scopuli ist eine hügelige Polarlandschaft, die Ablagerungen aus Wasser- und Kohlendioxideis (CO2) im Wechsel mit dunklerem Sand aufweist. Anhand der dünnen Linien und Kreise ist deutlich zu erkennen, dass die Sedimente geschichtet sind. Die Echtfarben-Draufsicht zeigt schwache Orangetöne im nördlichen Teil des Bildes (rechte Seite), die von angewehtem rötlichem Marsstaub auf der Eisoberfläche stammen. Im Unterschied dazu wird die linke Seite des Bildes von zahlreichen dunklen fächerförmigen Ablagerungen dominiert. Diese sind in Richtung der vorherrschenden Winde ausgerichtet. Ihre Länge reicht von einigen Dutzend Metern bis zu mehreren hundert Metern.
Die fächerförmigen Strukturen sind in Australe Scopuli nur am Ende des Winters vorhanden. Es handelt sich um Ablagerungen von Gasfontänen, die dunklen Sand durch die im Winter aufliegenden CO2-Eisschicht an die Oberfläche transportiert haben. Ursache hierfür ist, dass das Sonnenlicht mit Beginn des Frühjahres durch die durchsichtige CO2-Eisschicht dringt und diese von unten erwärmt. Das CO2-Eis geht in den gasförmigen Zustand über und dehnt sich aus. Unter der Eisdecke wächst somit der Druck und bricht sich schließlich in Form von sogenannten „Jets“ Bahn. Das Aussehen der Fächer wird mit Spinnen (Araneiformen) verglichen. Das Ausmaß ihrer Aktivität wird von der Sonneneinstrahlung bestimmt.
Mehr Sonne, mehr Gas-Eruptionen
Interessanterweise scheinen die Fächer häufig den Schichtgrenzen der wechselgelagerten polaren Ablagerungen zu folgen. Vermutlich stellen diese Grenzen Schwächezonen dar, an denen die sand- und staubbeladenen CO2-Ausbrüche die saisonale Eisdeckenoberfläche leichter durchbrechen können. Einige Gegenden sind aufgrund der Konzentration der dunklen Fächer sehr dunkel gefärbt. Hier ist die saisonale Kohlendioxid-Eisbedeckung schon beinahe verschwunden. Das zuvor darunterliegende dunkle Material wird wieder großflächig sichtbar.
Passend zur Jahreszeit erinnert vor allem die 3D-Ansicht entfernt an irdische Skigebiete. Allerdings müssten sich hypothetische Mars-Skifahrer sehr viel wärmer anziehen als im Stubaital oder in Lillehammer: Die Temperaturen fallen in der Polarnacht des Mars auf bis zu minus 130 Grad Celsius. Unabhängig davon, wie Sie die anstehenden Feiertage verbringen, wünscht das DLR eine besinnliche Zeit und einen guten Start ins neue Jahr! Der ESA-Orbiter Mars Express und mit ihr das DLR-Experiment HRSC feiern derweil am ersten Weihnachtstag 2024 derweil den 21. Jahrestag der Ankunft am Mars.
Bildverarbeitung
Die Bilder wurden von der HRSC (High Resolution Stereo Camera) während Mars Express Orbits 23324 aufgenommen. Die Bodenauflösung beträgt etwa 15 Meter pro Pixel. Das Bild ist auf etwa 239 Grad Ost und 84 Grad Süd zentriert. Das Farbbild wurde aus den Daten des Nadirkanals, dem senkrecht zur Marsoberfläche ausgerichteten Sichtfeld, und den Farbkanälen der HRSC erstellt. Die schräge perspektivische Ansicht wurde aus dem digitalen Geländemodell, dem Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt. Das Anaglyphenbild, das bei Betrachtung mit einer Rot/Blau- oder Rot/Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck von der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die farbkodierte topografische Ansicht basiert auf einem digitalen Geländemodell (DGM) der Region, aus dem sich die Topografie der Landschaft ableiten lässt. Der Referenzkörper für das HRSC-DGM ist eine Marsäquipotentialfläche (Areoid).
Downloads
Mapserver für Rohbilder und digitale Geländemodelle (DGM) der Region in Formaten, die für Geoinformationssysteme (GIS) geeignet sind
Weiterführende Links
- HRSC – die hochauflösende Stereokamera
- DLR-Sonderseite zur Mission Mars Express
- Verwandter Artikel: Ungewöhnliche Landschaftsformen am Mars-Südpol
- Verwandter Artikel: Angustus Labyrinthus, die Inka-Stadt am frostigen Südpol des Mars
- Mars-Express-Bilder auf flickr
- DLR-Institut für Planetenforschung
- ESA – Mars Express (engl.)
Das HRSC-Experiment auf Mars Express
Die hochauflösende Stereokamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter der Leitung von Dr. Daniela Tirsch, Principal Investigator (PI), besteht aus 50 Co-Investigatoren aus 35 Institutionen und elf Ländern. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.