18. Dezember 2024 | Mission Mars Express

Die Mars-Winterlandschaft Australe Scopuli

  • Neue Bilder der deutschen HRSC-Kamera zeigen das Gebiet Australe Scopuli in winterlicher Anmutung.
  • Charakteristisch sind geschichtete Ablagerungen und Überbleibsel von Gasfontänen, die dunklen Sand an die Oberfläche befördert haben.
  • Am 25. Dezember 2024 jährt sich die Ankunft der europäischen Mission Mars Express am Roten Planeten zum 21. Mal.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Mars, HRSC-Stereokamera

Es war ausgerechnet Weihnachten, als der europäische Orbiter Mars Express im Jahr 2003 seine Umlaufbahn um unseren Nachbarplaneten erreichte. Wenig später nahm die hochauflösende Stereokamera HRSC an Bord der Raumsonde ihre Arbeit auf. Bis heute liefert das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelte und betriebene Instrument unzählige spektakuläre Eindrücke von der Mars-Oberfläche. Die neueste Veröffentlichung präsentiert eine winterlich anmutende Szene in der südlichen Polarregion.

Fächerförmige Strukturen aus dunklem Sand

Australe Scopuli ist eine hügelige Polarlandschaft, die Ablagerungen aus Wasser- und Kohlendioxideis (CO2) im Wechsel mit dunklerem Sand aufweist. Anhand der dünnen Linien und Kreise ist deutlich zu erkennen, dass die Sedimente geschichtet sind. Die Echtfarben-Draufsicht zeigt schwache Orangetöne im nördlichen Teil des Bildes (rechte Seite), die von angewehtem rötlichem Marsstaub auf der Eisoberfläche stammen. Im Unterschied dazu wird die linke Seite des Bildes von zahlreichen dunklen fächerförmigen Ablagerungen dominiert. Diese sind in Richtung der vorherrschenden Winde ausgerichtet. Ihre Länge reicht von einigen Dutzend Metern bis zu mehreren hundert Metern.

Übersichtskarte der Südpolregion Australe Scopuli
Die DLR-Stereokamera HRSC an Bord der ESA-Mission Mars Express nahm während des Orbits Nummer 23.324 (großes Rechteck) einen Teil der Region Australe Scopuli auf. Die hier vorgestellten Bilder und Landschaftsmerkmale befinden sich in dem Bildausschnitt, der mit dem kleineren Rechteck gekennzeichnet ist. Australe Scopuli befindet sich am äußeren Rand der permanenten, 400 Kilometer durchmessenden Eiskappe des Mars-Südpols. Während des sechsmonatigen Winters auf der Mars-Südhalbkugel wächst die dünne saisonale Eis- und Frostbedeckung bis etwa zum 50. Breitengrad an.
Credit:

NASA/PL (MOLA Science Team); FU Berlin (using GMT4)

DownloadDownload

Die fächerförmigen Strukturen sind in Australe Scopuli nur am Ende des Winters vorhanden. Es handelt sich um Ablagerungen von Gasfontänen, die dunklen Sand durch die im Winter aufliegenden CO2-Eisschicht an die Oberfläche transportiert haben. Ursache hierfür ist, dass das Sonnenlicht mit Beginn des Frühjahres durch die durchsichtige CO2-Eisschicht dringt und diese von unten erwärmt. Das CO2-Eis geht in den gasförmigen Zustand über und dehnt sich aus. Unter der Eisdecke wächst somit der Druck und bricht sich schließlich in Form von sogenannten „Jets“ Bahn. Das Aussehen der Fächer wird mit Spinnen (Araneiformen) verglichen. Das Ausmaß ihrer Aktivität wird von der Sonneneinstrahlung bestimmt.

Mehr Sonne, mehr Gas-Eruptionen

Interessanterweise scheinen die Fächer häufig den Schichtgrenzen der wechselgelagerten polaren Ablagerungen zu folgen. Vermutlich stellen diese Grenzen Schwächezonen dar, an denen die sand- und staubbeladenen CO2-Ausbrüche die saisonale Eisdeckenoberfläche leichter durchbrechen können. Einige Gegenden sind aufgrund der Konzentration der dunklen Fächer sehr dunkel gefärbt. Hier ist die saisonale Kohlendioxid-Eisbedeckung schon beinahe verschwunden. Das zuvor darunterliegende dunkle Material wird wieder großflächig sichtbar.

(3D-) Anaglyphenbild der Region Australe Scopuli
Aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal des vom DLR betriebenen Kamerasystems HRSC und einem der vier schräg blickenden Stereokanäle lassen sich Anaglyphenbilder erzeugen. Sie ermöglichen bei Verwendung einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille eine dreidimensionale Ansicht der Landschaft und geben dem Betrachter eine räumliche Vorstellung der Höhenunterschiede. Bei solcher Betrachtung lassen sich subtile topografische Details ausgezeichnet untersuchen, wie hier in der Region Australe Scopuli, etwa fünf Grad nördlich des Mars-Südpols gelegen. Das lateinische Wort Scopuli steht für Hügel, Abhänge oder sogar Klippen (die es jedoch in dieser Gegend mit eher sanften topographischen Landschaftsformen nicht gibt). Der 3D-Blick auf die Szene macht die Abfolge von Eis- und Staubschichten deutlich sichtbar.
Credit:

ESA/DLR/FU Berlin (CC BY-SA 3.0 IGO)

DownloadDownload

Passend zur Jahreszeit erinnert vor allem die 3D-Ansicht entfernt an irdische Skigebiete. Allerdings müssten sich hypothetische Mars-Skifahrer sehr viel wärmer anziehen als im Stubaital oder in Lillehammer: Die Temperaturen fallen in der Polarnacht des Mars auf bis zu minus 130 Grad Celsius. Unabhängig davon, wie Sie die anstehenden Feiertage verbringen, wünscht das DLR eine besinnliche Zeit und einen guten Start ins neue Jahr! Der ESA-Orbiter Mars Express und mit ihr das DLR-Experiment HRSC feiern derweil am ersten Weihnachtstag 2024 derweil den 21. Jahrestag der Ankunft am Mars.

Bildverarbeitung

Die Bilder wurden von der HRSC (High Resolution Stereo Camera) während Mars Express Orbits 23324 aufgenommen. Die Bodenauflösung beträgt etwa 15 Meter pro Pixel. Das Bild ist auf etwa 239 Grad Ost und 84 Grad Süd zentriert. Das Farbbild wurde aus den Daten des Nadirkanals, dem senkrecht zur Marsoberfläche ausgerichteten Sichtfeld, und den Farbkanälen der HRSC erstellt. Die schräge perspektivische Ansicht wurde aus dem digitalen Geländemodell, dem Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt. Das Anaglyphenbild, das bei Betrachtung mit einer Rot/Blau- oder Rot/Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck von der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die farbkodierte topografische Ansicht basiert auf einem digitalen Geländemodell (DGM) der Region, aus dem sich die Topografie der Landschaft ableiten lässt. Der Referenzkörper für das HRSC-DGM ist eine Marsäquipotentialfläche (Areoid).

Downloads

Mapserver für Rohbilder und digitale Geländemodelle (DGM) der Region in Formaten, die für Geoinformationssysteme (GIS) geeignet sind

Weiterführende Links

Das HRSC-Experiment auf Mars Express

Die hochauflösende Stereokamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter der Leitung von Dr. Daniela Tirsch, Principal Investigator (PI), besteht aus 50 Co-Investigatoren aus 35 Institutionen und elf Ländern. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.

Kontakt

Michael Müller

Redakteur
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-3717

Ulrich Köhler

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin

Dr. Daniela Tirsch

Principal Investigator HRSC
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin