6. April 2017 | Mission Mars Express

Mars: Dreifachkrater im Land der Sirenen

  • Neue Bilder der HRSC-Kamera zeigen drei sich gegenseitig überlagernde Einschlagskrater, die sehr wahrscheinlich durch einen Asteroiden entstanden, der vor dem Aufprall in drei Stücke zerbrach.
  • Auf der Marsoberfläche gab es über einen längeren Zeitraum flüssiges Wasser, was zahlreiche Ablagerungen in den Kratern zeigen.
  • Hydrologische Modellrechnungen für die Marsregion Sirenum Terra lassen auf einen ehemals hohen Grundwasserspiegel schließen.

Die aktuellen Bilder der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebenen, hochauflösenden Stereokamera HRSC (High Resolution Stereo Camera) an Bord der ESA-Raumsonde Mars Express zeigen einen Dreifachkrater in der Region Terra Sirenum auf dem Mars. Am Boden des Kraters befinden sich geschichtete Ablagerungen. Diese sind auch in vielen weiteren Einschlagskratern in der Umgebung zu finden und lassen darauf schließen, dass über einen längeren Zeitraum in dieser Gegend flüssiges Wasser auf der Marsoberfläche vorhanden war.

Wasser hinterließ vielfältige Spuren

Im Nordwesten von Terra Sirenum, einer ausgedehnten, sehr alten Hochlandregion im Südwesten der Vulkanprovinz Tharsis, wurden außerdem Spektralsignaturen von Tonmineralen innerhalb zahlreicher Einschlagskrater und auf den dazwischenliegenden Ebenen gefunden. Ermöglicht wurden diese Detektionen mit den Spektrometern OMEGA an Bord der Mars Express-Mission und CRISM - Compact Reconaissance Imaging Spectrometer for Mars auf dem Mars Reconnaissance-Orbiter der NASA. Sowohl geschichtete Ablagerungen als auch Tonminerale deuten auf ein längeres Einwirken flüssigen Wassers auf den Gesteinsuntergrund hin.

Es gibt Hinweise darauf, dass in der Marsvergangenheit Grundwasser aus dem Boden austrat und verdunstete. Hydrologische Modellrechnungen für diese Marsregion lassen auf einen ehemals hohen Grundwasserspiegel schließen, aus dem stellenweise die tiefer liegenden Senken von Einschlagkratern geflutet wurden. Dies könnte zur Bildung von Seen in den Kraterbecken geführt haben. Die große Vielfalt an heute sichtbaren Mineralspuren und Ablagerungen, bietet Wissenschaftlern die Möglichkeit eine mehr als 3,7 Milliarden Jahre alte durch Wasser veränderte Marslandschaft zu erforschen.

Das alte und das neue Land

In Terra Sirenum - wie im südlichen Hochland generell - gibt es mehr Einschlagskrater an der Oberfläche als in den nördlichen Tiefländern. Die Topographie der Oberfläche ist also älter, auch wenn man im Norden ebenfalls einige große und alte Einschlagskrater sieht, die allerdings von jüngerem Material überdeckt sind. Man nimmt an, dass das Alter der Marskruste in beiden Fällen gleich ist, dass aber im Norden spätere Prozesse die alte Kruste noch mit relativ jüngerem Material überzogen haben. Deswegen scheinen die Ränder der darunterliegenden alten Krater nur noch "verschwommen" durch diese dünne Deckschicht durch, weil sie fast vollständig von Sedimenten überdeckt und zu einem großen Teil abgetragen worden sind. Die eigentliche Oberfläche ist daher im Norden jünger.

Drei auf einen Streich

Auf den ersten Blick wirkt die ungefähr 45 Kilometer lange und 24 Kilometer breite Vertiefung in der rechten (nördlichen) Bildhälfte unspektakulär. Tatsächlich handelt es sich dabei jedoch um drei sich gegenseitig überlagernde Einschlagskrater, die vermutlich durch einen einzigen Asteroiden gebildet wurden, der vor dem Aufprall in drei Meteoritenbruchstücke zerbrach - möglicherweise, weil es ihn beim Durchdringen der Marsatmosphäre zerrissen hat. Für diese Theorie spricht, dass die drei Krater sehr eng beieinander liegen. Die andere Möglichkeit, dass die Krater durch drei zeitlich weiter auseinanderliegende Einschlagsereignisse entstanden sind, ist weniger wahrscheinlich, da alle drei Krater den gleichen Zustand zeigen, also vermutlich gleich lang der Erosion ausgesetzt waren.

Dreifachkrater in der Region Terra Sirenum, Quelle: ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO

Der Dreifachkrater ist von einer charakteristischen mehrlagigen Auswurfdecke umgeben, wobei durch die Überlappung des Auswurfmaterials der drei Krater eine Art "Schmetterlingsform" entstand. Um eine derartige Auswurfdecke zu bilden, muss der Einschlag auf der Oberfläche unter einem flachen Winkel erfolgt und im Untergrund wahrscheinlich Bodeneis vorhanden sein, dass beim Einschlag verflüssigt oder verdampft wird und sich mit dem angrenzenden Gestein zu einer schlammigen Auswurfmasse vermengt. Das führt zu der auf dem Mars häufigen und typischen Form von so genannten 'Rampart-Kratern' (nach dem englischen Wort für Wall, rampart - siehe auch DLR-Bildveröffentlichung vom 5. Juni 2009). In der Farbaufsicht (Bild 1) und im farbkodierten Höhenmodell (Bild 5) ist am rechten oberen Ende des Dreifachkraters eine "verbotene Zone" zu erkennen, wo das Auswurfmaterial fehlt - so genannt, weil durch den Einschlag unter einem flachen Winkel kein Material dorthin verfrachtet werden konnte: Sie zeigt an, dass der Meteorit aus nordwestlicher Richtung kam (Norden ist in diesen Bildern rechts).

  • Bildverarbeitung

    Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 28. Januar 2017 während Orbit 16.565 von Mars Express. Die Bildauflösung beträgt 22 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Bildmitte liegt bei etwa 198 Grad östlicher Länge und 27 Grad südlicher Breite. Die Farbaufsicht (Bild 1) wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt, die perspektivische Schrägansicht (Bild 2) wurde aus den Stereokanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild (Bild 3), das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Aufsicht (Bild 5) beruht auf einem digitalen Geländemodell (DTM) der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt. Der Referenzkörper für das HRSC-DTM ist eine Marskugel. Mitarbeiter der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin erstellten die hier gezeigten Ansichten. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgte am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof.

  • Das HRSC-Experiment

    Die High Resolution Stereo Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 52 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und 11 Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.

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Kontakt

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Freie Universität Berlin
Institut für Geologische Wissenschaften
Planetologie und Fernerkundung
Malteserstr. 74-100, 12249 Berlin

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Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin