Wie man dafür sorgen kann, dass der Mathe-Unterricht mehr Spaß macht – das wurden wir neulich in den Social Media gefragt. Spannende Bezüge herstellen, lautete unser spontaner Tipp. Etwa durch Aufgaben, die mit Raumfahrt zu tun haben. Oder mit der Suche nach Exoplaneten und Außerirdischen. Und schwupp – wurden die nächsten Fragen aufgeworfen: Wie müssten Signale aussehen, damit sie von Außerirdischen verstanden werden? Deutsch oder Englisch oder Spanisch werden die nicht sprechen. Wären stattdessen Zahlenreihen eine Möglichkeit? Aber könnten Außerirdische überhaupt etwas mit unseren Zahlen anfangen? Na gut, gehen wir dem mal nach und überlegen: Können Aliens rechnen?
Zunächst einmal sind – auf der Erde genauso wie auf anderen Himmelskörpern – theoretisch viele Lebensformen denkbar, die nicht rechnen (und auch nicht mit uns Kontakt aufnehmen) können: Einzeller, die nicht bis drei zählen können, oder Bäume, die nicht wissen, wie man eine Wurzel zieht (sorry für die dummen Wortspiele). Wobei ja angeblich auch Bäume zur Kommunikation in der Lage sind: Knabbert eine Giraffe in Afrika einen Baum an, stößt er Bitterstoffe aus, die auch von anderen Bäumen im Umkreis registriert werden, die das dann auch tun. Kein Wunder, dass Giraffen dann der Appetit vergeht und sie sooo ‘nen Hals bekommen … Aber wir schweifen vom Thema ab, bevor es überhaupt richtig losgeht. Also: Wir reden hier nur von hochentwickelten Außerirdischen, die zur Kommunikation quer durchs All in der Lage sind. Gleich vorweg: Ob es sie gibt, wissen wir nicht. Da draußen in unserer Galaxie, der Milchstraße, wimmelt es von Milliarden Planeten, die andere Sonnen umkreisen. Die Wahrscheinlichkeit ist zwar groß, dass viele dieser sogenannten Exoplaneten lebensfreundliche Bedingungen bieten. Aber das heißt noch nicht, dass sich dort wirklich Leben entwickelt hat (und selbst wenn, muss es nicht hochentwickelt sein). Aber es gibt auch die These, dass die Erde ein sehr seltener Ausnahmefall ist, bei dem viel zusammenkam, damit hier Leben entstand.
„Hola amigos extraterrestres!“
Aber nehmen wir einfach mal an, dass wir nicht allein sind und dass sich auch andere Zivilisationen auf unserem technologischen Niveau befinden. Mit irgendeiner „normalen“ Sprache – so nach dem Motto „Dear Aliens!“ oder „Hola amigos extraterrestres!“ – wird man sich da schwer verständigen können. Sollten wir vielleicht besser Emojis ins All funken? Das könnte zu interkulturellen Missverständnissen führen: Schlimmstenfalls halten die unseren lieben Smiley für eine Kriegerklärung, weil Lächeln dort als ganz üble Drohung gilt …
Auf der Suche nach einer universellen Verständigungsmöglichkeit wurde immer wieder überlegt, ob Mathematik die Basis für eine erste Kontaktaufnahme sein könnte. Etwa indem man bestimmte Zahlenreihen ins All funkt. Zum Beispiel Primzahlen. Oder einfach die Zahl Pi. Oder etwas aus der Geometrie wie den Satz des Pythagoras. Ist Mathe also die „Universalsprache“ im ganzen Universum? Das könnte klappen. Aber nur dann, wenn unsere Mathematik nicht einfach nur von uns Menschen willkürlich erfunden wurde. Sondern wenn sie auch ohne unser Zutun existiert und daher überall gilt. Ist 2 plus 2 also überall in der Milchstraße 4? Kleiner Ausflug in die Physik: Man geht davon aus, dass die uns bekannten physikalischen Prinzipien überall identisch sind. Denn Beobachtungen zeigen, dass sich Sterne und Galaxien – egal wie nah oder weit sie von uns entfernt sind – alle nach denselben physikalischen Grundgesetzen verhalten. Da wird Masse in Energie verwandelt, wie Einstein dies erkannt hat. Da wirken Gravitation und andere Grundkräfte. Aber ist das mit der Zahlenwelt auch so? Haben wir Menschen uns die Zahlen – mal davon abgesehen, wie sie in verschiedenen Sprachen lauten und wie sie geschrieben werden – einfach ausgedacht oder gab es sie schon vorher? Beispiel: Standen – bevor Menschen mit dem Zählen anfingen – schon fünf Schafe auf einer Wiese? Oder waren es nur irgendwie „einige“ Schafe, weil noch niemand – die Schafe eingeschlossen – die Zahl fünf gedacht hat?
Natürliche Mathematik?
Einen Anhaltspunkt bietet die Natur selbst: Da kommen nämlich bestimmte Zahlenreihen immer wieder vor. Sieh dir mal diese Zahlen an: 1 2 3 5 8 13 … Wie heißt die nächste Zahl? Klar, 21. Denn jede Zahl ergibt sich, wenn man die beiden vorherigen Zahlen addiert. Das ist die berühmte Fibonacci-Folge, die schon um das Jahr 1200 herum ein Rechenmeister namens Leonardo Fibonacci zu Papier gebracht hat. Verrückter Zufall, dass Fibonacci ausgerechnet die gleichnamige Zahlenreihe formuliert hat, könnte man meinen. Aber das ist natürlich Quatsch – sie wurde nur nachträglich nach ihm benannt ;-) Das wirklich Verrückte daran ist: Dieses mathematische Muster findet sich häufig in der Natur – etwa bei Blumen (die Sache ist etwas komplizierter, als wir es hier erklären können – wer sich dafür interessiert, kann ja mal diesen Wikipedia-Artikel lesen). Weil also mathematische Muster in der Natur vorkommen, kann man annehmen, dass die menschliche Mathematik nur beschreibt, was es auch „objektiv“ gibt. Überall. Die Kreiszahl Pi ist zwar eine vom Menschen erfundene Größe. Aber das, was sie beschreibt – nämlich das Verhältnis des Umfangs eines Kreises zu seinem Durchmesser –, gilt überall. Egal wie groß der Kreis ist und egal ob ich ihn auf der Erde oder auf dem Mars auf ein Blatt Papier zeichne: Immer kommt 3,1415… dabei heraus. Das hat sich kein Mensch ausgedacht – das ist nun mal so. Die Zahl Pi würde bei Aliens vielleicht bbjsabdwsahhnss heißen – was man dort möglicherweise wie qweddhbdääskbkd ausspricht. Bei uns stammt der Begriff Pi bekanntlich von Pizza ab (das Wort fängt ja deshalb auch genauso an), weil man bei einer runden Pizza mit der Kreiszahl den Kaloriengehalt ermitteln kann.
Das mit der Pizza war natürlich wieder nur so ein doofer Spaß – nicht glauben! ;-) Nehmen wir ein anderes Beispiel: In einem rechtwinkligen Dreieck ist a² plus b² immer c². Das ist – du hast es erraten – der Satz des Pythagoras. Und der gilt auch für rechtwinklige Dreiecke auf den Planeten, die um Alpha Centauri oder andere Sterne kreisen. Klar, es sind andere Zahlensysteme und Geometrien denkbar. Die gibt es ja auch bei uns: zum Beispiel das Hexadezimalsystem oder die Nichteuklidsche Geometrie. Aber wenn Außerirdische zu interstellarer Kommunikation in der Lage sind, würden sie – das kann man mal annehmen – auch schlau genug sein, unsere Signale zu entziffern, unsere Zahlen und Formeln in ihre Denkweise zu übersetzen (auch wenn sie selbst eine andere Mathematik hätten). Und von da an wäre es nur noch eine kleine Fleißarbeit, um auf dieser Basis eine Art Übersetzungsprogramm auch für Wörter zu entwickeln.
Aber Moment mal! Was reden wir da eigentlich? Woher wissen wir überhaupt, dass Aliens sehen und schreiben und sprechen und rechnen können? Nun, dazu ist zunächst einmal zu sagen: Wenn es um die Suche nach Außerirdischen geht, kommt oft der Hinweis, dass die auch ganz anders beschaffen sein könnten als wir. Klar, das ist denkbar. Vielleicht gibt es da schlaue Nebelwolken, vielleicht sind es reine Lichtwesen oder Steine mit telepathischen Eigenschaften. Aber derartig wilde Spekulationen sind überflüssig. Wir können ja nur nach dem suchen, was wir kennen – sonst wüsste man nicht, wonach man suchen sollte. Du kannst ja mal den Test machen und in deinem Zimmer etwas suchen, von dem du nicht weißt, wie es aussieht. Findest du nie! Langer Rede, kurzer Sinn: Wir gehen also von körperlichen Wesen aus, die wie das Leben auf der Erde auf Kohlenstoff basieren. Sie werden sich wahrscheinlich im Aussehen von uns Menschen unterscheiden. Aber dennoch gilt: Wer Hochtechnologie entwickelt und durchs All funken kann, muss selbst hoch entwickelt sein. Dazu gehört als ganz grundlegende Voraussetzung, die Umwelt wahrnehmen zu können. Sinnesorgane – also optische Sensoren wie die Augen und akustische Sensoren wie die Ohren – können wir also bei schlauen Aliens voraussetzen. Es ist allerdings nicht gesagt, dass sich Aliens auf dieselbe Art wie wir verständigen. Aber solange die durchs All geschickten Funksignale auf unserer Wellenlänge liegen, kann uns ja egal sein, wie die untereinander kommunizieren. Selbst wenn sie für uns unhörbare Fledermaus-Signale durch die Gegend piepsen oder in super-tiefen Tönen brummen – am Ende käme ja ein Funksignal bei unseren Antennen an.
Little Green Man und das Wow!-Signal
Damit sind wir beim Senden und Empfangen solcher Signale. Fangen wir mal mit dem Empfang an. Dass wir dieselbe Wellenlänge wählen, also wie beim Radio den Empfänger passend zum Sender einstellen, ist keine Selbstverständlichkeit: Wenn wir auf der falschen Frequenz ins All horchen, könnte uns theoretisch jede Menge entgehen. Drehst du an einem Radio nur ein bisschen an dem Knopf, mit dem man die Frequenzen einstellt – du hörst nichts als Rauschen … Außerdem müssten wir unsere Antennen auch noch auf die richtige Stelle am Himmel ausrichten – und zwar genau dann, wenn eine andere Zivilisation nicht gerade Funkpause macht. Wer schon mal auf dem Balkon eine Satellitenschüssel ausgerichtet hat, weiß, wie genau man auf den Satelliten zielen muss, um Fernsehprogramme zu empfangen. Nun gibt es zwar Wellenlängen, die Wissenschaftler für besonders interessant und vielversprechend halten – nach dem Motto: Wenn Aliens funken, dann bestimmt auf dieser Frequenz. Trotzdem ist angesichts der Größe des Universums die Fahndung nach außerirdischen Signalen so etwas wie die Suche nach der Heunadel im Steckhaufen – oder umgekehrt (nochmal sorry, das war albern). Das Projekt SETI (Search for Extraterrestrial Intelligence) unternimmt seit Jahren genau diesen Versuch – bisher erfolglos. Auch andere Astronomen „horchen“ mit Teleskopen ins All. Zwei Signale sorgten bei der Suche in all den Jahren für Aufregung:
1967 entdeckte eine Doktorandin Signale, die auffallend regelmäßig waren. Wollte da eine außerirdische Zivilisation durch Funksignale im Sekundentakt auf sich aufmerksam machen? Weil das anfangs nicht auszuschließen war, wurde die Signalquelle LGM-1 (Little Green Man 1) genannt. Aber dann stellte sich heraus, dass Jocelyn Bell – so der Name der Doktorandin – keine kleinen grünen Männchen, sondern einen bis dahin unbekannten Typ von Himmelskörper entdeckt hatte: einen sogenannten Pulsar. Das sind Neutronensterne, die sehr schnell rotieren und dabei „pulsierende“ Signale aussenden – wie ein Leuchtturm, den man regelmäßig im Dunkeln aufblinken sieht. War also nix mit Aliens ;-)
Die zweite „Sensation“ war das legendäre „Wow!-Signal“. Dabei handelte es sich um ein mysteriöses Funksignal, das 1977 vom Radioteleskop „Big Ear“ („Großes Ohr“) in den USA aufgefangen wurde. Es dauerte etwa eine Minute lang – dann war alles wieder stumm. Eine Botschaft konnte man dabei zwar nicht erkennen – aber die Frequenz und andere technische Details waren genau so, wie man sich ein Signal vorstellte, das von Außerirdischen stammen würde. Daher schrieb der Wissenschaftler „Wow!“ auf den Papierbogen, auf dem er das Signal ausgedruckt hatte. Jahrzehnte lang rätselte man über die Herkunft des „Wow!-Signals“. Seit kurzem gibt es die Theorie, dass es von einem Kometen stammte – ausgelöst durch einen komplizierten Prozess, bei dem die UV-Strahlung der Sonne und die Atome auf der Kometenoberfläche eine Rolle spielen.
Die Arecibo-Botschaft und ein Beatles-Song
Aber zurück zu unserer Frage rund um die Kommunikation mit Außerirdischen. Es gibt nämlich noch einige wichtige Punkte!
Bisher haben wir nur vom Empfang gesprochen – also davon, dass wir den Himmel nach Signalen abhorchen. Etwas ganz anderes ist es, selbst aktiv Signale ins All zu senden. Von dem Funkwellensalat mal abgesehen, den wir sowieso mit all unseren Radio- und Fernsehprogrammen in die Umgebung dudeln, wurde das ein paar Mal gemacht: Im Jahr 1974 schickten Astronomen die berühmte Arecibo-Botschaft ins All. Der Name geht auf ein riesiges Teleskop zurück, das in Puerto Rico steht. Übersetzt man das Funksignal in ein Bild, so zeigt es eine Reihe von Symbolen – darunter ein stilisiertes Männchen, unser Sonnensystem in Form mehrerer Punkte und so weiter. Das Signal wurde auf einen 25.000 Lichtjahre entfernten Kugelsternhaufen geschickt – eine Ansammlung sehr vieler Sterne. Wenn es da jemand empfängt und dann sofort etwas zurückfunkt, hätten wir also in rund 50.000 Jahren die Antwort. Denn Funksignale sind mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs und brauchen daher für ein Lichtjahr (das sind etwa 10 Billionen Kilometer) eben ein ganzes Jahr – und dieselbe Zeit für den Weg zurück, falls jemand antwortet. Aber abgesehen von der langen Laufzeit des Signals: Sich mit Zeichensprache verständlich zu machen oder wie bei den Voyager-Sonden gleich ganz viele Grafiken und auch Fotos und Töne und Musik als Botschaft zu versenden – keine schlechte Idee! Ob’s bei der Arecibo-Botschaft geklappt hat, lassen wir dich hier in knapp 50.000 Jahren wissen – schau dann einfach nochmal auf dieser Webseite nach ;-)
Apropos Musik: Ein anderes Signal, das wir ins All geschickt haben, ist tatsächlich rein musikalischer Natur. Im Jahr 2008 strahlte die NASA den Beatles-Song „Across the Universe“ in Richtung Polarstern aus. Das Lied wird rund 400 Jahre bis dorthin unterwegs sein – und ob es den Musikgeschmack der dortigen Einheimischen trifft, würden wir dann weitere 400 Jahre später erfahren.
Signale an Außerirdische – das nennt man „METI“. Die Abkürzung steht für „Messaging to Extraterrestrial Intelligence“. Einige interessante Infos dazu findest du hier. Die Frage, die sich dabei stellt: Wer von uns „Erdlingen“ entscheidet eigentlich darüber, ob wir solche Signale ins Universum funken? Und wer entscheidet über den Inhalt unserer Botschaften? Auch wenn die Entfernungen so riesig sind, dass andere Planeten außerhalb unseres Sonnensystems unerreichbar weit erscheinen und wir nicht dorthin fliegen können – wer weiß, ob Außerirdische nicht weiter entwickelt und schneller unterwegs sind? Daher warnen einige schlaue Leute wie der berühmte Physiker Stephen Hawking davor, dass wir mit freundlichen Grußbotschaften auf uns aufmerksam machen. Am Ende könnten wir unangenehmen Besuch bekommen ...
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