Artikel aus dem DLRmagazin 176: Im Gespräch mit einer Projektmanagerin in der Einrichtung Flugexperimente in Braunschweig

Die Hubschrauberin

Elizabeth Buron
Sie ist Projektmanagerin in der Einrichtung Flugexperimente in Braunschweig.

Diese Folge des FORSCHtellungsgespräch-Podcasts wurde unter außergewöhnlichen Bedingungen produziert: auf der ILA Berlin im Juni 2024, und zwar auf dem Vorfeld, wo jede Menge Flugzeuge und Hubschrauber ausgestellt wurden. Außergewöhnlich ist auch der Lebenslauf unseres Interview-Gastes Elizabeth Buron. Sie kam als ausgebildete US-Militär-Pilotin zur Einrichtung Flugexperimente nach Braunschweig und entdeckte dort ihre Passion für Hubschrauber.

Elizabeth, Du hast einen sehr ungewöhnlichen Lebenslauf. Wo kommst Du ursprünglich her?

Aufgewachsen bin ich in San Diego, ganz unten an der US-Westküste. Dort habe ich zunächst allgemeine Biologie studiert, denn erst wollte ich Ärztin werden. Während des Studiums habe ich unter anderem in einem Labor gearbeitet und mit der Zeit gemerkt: Das ist doch nichts für mich. Deshalb bin ich in den Semesterferien immer viel als Rucksacktouristin im Ausland herumgereist und habe dort gejobbt, um Inspirationen zu bekommen.

Und dann hat Dein Leben eine entscheidende Wendung genommen: Dein Vater war Pilot bei der Navy und Du fandest das schon als Kind faszinierend …

Elizabeth Buron absolvierte die Offizierskandidatenschule.
Dann begann sie die Flugschule in Corpus Christi, Texas.
Credit:

Privat

Ja, als ich Kind war haben wir oft zusammen den Film „Top Gun“ geschaut. Mein Papa wollte aber nicht, dass ich auch zur Navy gehe. „Zu gefährlich“, sagte er damals. Er wusste halt aus eigener Erfahrung, wie riskant es ist, auf einem Flugzeugträger zu landen! Irgendwie stand es aber doch in den Sternen, dass ich Pilotin werden würde …

Also hast Du einfach „Fakten geschaffen“!

Genau, ich habe eine Privatpilotenlizenz aus eigener Tasche finanziert und mich dann bei der US Navy als Pilotin beworben. Als die Nachricht kam, dass ich dort angenommen wurde, hatte ich gerade mal zwei Wochen Zeit, mich auf diesen neuen Lebensabschnitt vorzubereiten.

Was hast Du denn in der Navy-Flugschule so alles gelernt?

Unter anderem Formationsflug und „Aerobatics“ – Kunststücke in der Luft – in einem kleinen Flieger mit einem Turboprop-Motor, einer T-34C. Ich hatte großen Respekt vor Flugmanövern wie dem Looping. Aber es ist gut fürs Selbstbewusstsein, wenn es klappt! Hinzu kamen Standard-Ausbildungsinhalte wie Start und Landung, taktische Kriegsführung, Flugzeug-Notfallverfahren und Überlebenstraining. Schließlich durfte ich mein letztes Flugzeug, die P-3 Orion, fliegen. Als Pilotin habe ich ein Team von zehn Personen geführt, das hat mir viel Freude bereitet.

Wir machen einen kleinen Sprung: Wie bist Du denn nach Deutschland gekommen?

Während meiner Pilotenausbildung bin ich mit einem Mann aus Deutschland zusammengekommen, ebenfalls ein Pilot. Als wir geheiratet haben, haben wir verabredet, dass wir uns zuerst zehn Jahre auf meine Karriere konzentrieren werden und danach auf seine. 2012 zogen wir nach Deutschland, wo ich bei der NATO in der AWACS-Aufklärung gearbeitet habe, nicht als Pilotin – das war wegen meiner Schwangerschaften und der zwei Kinder organisatorisch nicht möglich –, sondern am Boden in der Datenauswertung und dann in den Bereichen „Operations“ sowie „Plans and Programs“. 2016 lief mein Militärvertrag in den USA aus und wir sind nach Braunschweig umgezogen.

Und dann gab es eine Stellenausschreibung beim DLR …

Genau! In Braunschweig habe ich zum ersten Mal vom DLR gehört. Ich sah die Ausschreibung der DLR-Einrichtung Flugexperimente, eigentlich war es eine Jobmesse, und dachte: Ja, mit meiner Erfahrung könnte das passen! Ich hatte inzwischen mehrere Deutschkurse absolviert – trotzdem war das zweistündige Vorstellungsgespräch eine echte Herausforderung. Aber es hat ja geklappt!

Erzähl mal, was machst Du denn jetzt beim DLR genau?

Ich bin Projektmanagerin für unsere Hubschrauber BO105 und EC 135 ACT/FHS. Ich koordiniere die Anfragen für Experimente auf den beiden Maschinen, bin also sozusagen die Schnittstelle zwischen den Forschenden, Ingenieurinnen, Piloten, dem Qualitätsmanagement und externen Beteiligten, insbesondere dem Luftfahrtbundesamt, das alle Um- und Einbauten genehmigen muss, bevor dann das Experiment-Setting getestet wird – erst am Boden, dann in der Luft.

Die Projektleiterin vor dem Forschungshubschrauber BO105
Heute ist Elizabeth Buron für die Koordination der Flugkampagnen des Forschungshubschraubers BO105 zuständig.

Klar, man kann nicht einfach in den Baumarkt gehen und sagen: „Ich hole mir jetzt diese Schrauben und baue die dann ein“…

Richtig, jede Modifikation hat Auswirkungen auf die Subsysteme – Struktur, Elektrik, Kommunikation, Navigation und so weiter. Wir müssen sicherstellen, dass alles zusammenspielt und keine Gefahr entsteht. Das ist ein komplizierter, langwieriger und kostenintensiver Prozess.

Pro Jahr stemmt Ihr bis zu acht Forschungsprojekte auf den Hubschraubern. Welches Projekt findest Du im Moment besonders spannend?

Da fällt mir spontan KoBoL ein. Hier geht es darum, wie man die Landung eines Rettungshubschraubers, zum Beispiel auf Autobahnen, beschleunigen kann. Wir haben ein System entwickelt, bei dem der Hubschrauber und automatisierte Fahrzeuge am Boden einen Landeplatz abstimmen und die Fahrzeuge diesen freihalten. Wir haben das Gesamtsystem erfolgreich getestet und entwickeln es nun weiter. Ich finde es hier besonders spannend, mit anderen Disziplinen aus der Luftfahrt und dem Bodenverkehr an gemeinsamen Lösungen zu arbeiten.

Schauen wir in die Zukunft: Die BO105 ist gerade 50 Jahre alt geworden und soll noch lange fliegen. Was plant Ihr mit dem „Senior“?

Nächstes Jahr findet ein großes Upgrade statt: Die BO wird dann neue Rotorblätter bekommen, die mit Sensoren ausgestattet sind, welche uns wertvolle Daten über Luftturbulenzen liefern. Und es wird ein Nasenmast integriert. Damit können Atmosphärendaten, Fluggeschwindigkeit und weitere Daten gemessen werden. Für diese neue Konfiguration haben wir von den Instituten bereits viele Projektanfragen, wir sind sozusagen erstmal ausgebucht.

Vielen Dank für das spannende Gespräch. Wir wünschen Dir viel Erfolg bei Deinen neuen Flugexperimenten!

Vor dem Start
Hier macht sich Buron bereit für ihren ersten Solo-Formationsflug mit der T-34C Turbo Mentor.
Credit:

Privat

Der Podcast DLR-FORSCHtellungsgespräch wird produziert von Daniel Beckmann, Andreas Ellmerer, Antje Gersberg und Julia Heil. Sie alle arbeiten in der DLR-Kommunikation. Ein Artikel aus dem DLRmagazin 176.

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