Das Ramanspektrometer RAX
Minerale auf der Oberfläche eines festen Himmelskörpers, wie die eines Mondes, stehen in enger Verbindung mit seiner Entstehungsgeschichte und den Umgebungsbedingungen. Der Nachweis eines bestimmten Minerals kann zum Beispiel belegen, dass einst ein anderer Himmelkörper eingeschlagen haben muss, dass der Körper auch Material aus anderen Regionen des Planetensystems enthält oder dass flüssiges Wasser vorhanden war.
Die Zusammensetzung kleiner Körper (Asteroiden, Kometen, Monde) unterscheidet sich je nachdem, ob sie aus dem Inneren des Sonnensystems oder den äußeren, kalten Regionen stammen: Nähe zur Sonne führt dazu, dass flüchtige Komponenten wie Wasser, bestimmte Kohlenstoffverbindungen oder Stickstoff kaum vorhanden sind. In kalten Regionen findet man dagegen keine Hochtemperaturminerale – wie zum Beispiel Olivinkristalle.
Auch kosmische Strahlung kann Minerale, die ihr lange ausgesetzt sind, im Laufe der Zeit verändern. Prozesse und Einflüsse auf einem Himmelskörper werden deswegen anhand der Mineralvorkommen auf ihrer Oberfläche rekonstruiert, um damit etwas über ihre Entstehung und Entwicklung zu lernen.
Um Minerale und auch Moleküle mit einem Rover vor Ort zu identifizieren, bietet sich die Ramanspektroskopie an. Hierfür wird Laserlicht auf das zu untersuchende Material gelenkt und der zurückgestreute Lichtanteil analysiert. Die chemischen Bindungen von verschiedenen Materialien führen dazu, dass das Laserlicht auf ganz bestimmte, für sie charakteristische Art gestreut wird, wodurch man sie identifizieren kann.
RAX – eine Koproduktion aus Deutschland, Spanien und Japan
In der Raumfahrt ist die Ramanspektroskopie als Analysetechnik noch relativ neu. Das RAmanspektrometer für MMX (RAX) wird erst das dritte Ramaninstrument sein, das den Weg zu seinem extraterrestrischen Zielort antreten wird. Die ersten beiden Ramanspektrometer für die robotische Erkundung des Sonnensystems, SHERLOC und SuperCam, befinden sich auf dem Perseverance Rover der US-Weltraumbehörde NASA. Perseverance untersucht seit 2021 den Krater Jezero auf dem Mars.
Das DLR-Institut für Optische Sensorsysteme leitet sowohl das wissenschaftliche Team als auch die Entwicklung des Instruments RAX. Hierfür nutzt es die langjährigen Erfahrungen in der Anwendung von Ramanspektroskopie in der Planetenforschung und in der Entwicklung von Spektrometern für die Weltraumforschung.
RAX, welches für den MMX Rover entwickelt wurde, benutzt einen grünen Laser, der auf einen kleinen Punkt von nur 50 Mikrometern Durchmesser auf der Oberfläche des Marsmonds Phobos unter dem Rover fokussiert wird. Der Laser ist eine Beistellung der spanischen Weltraumorganisation INTA und ein Duplikat des ursprünglich für das Ramanlaserspektrometer RLS des Rosalind Franklin-Marsrover der Europäischen Weltraumorganisation ESA entwickelten Lasers.
Der Autofokusmechanismus für RAX wurde von der japanischen Weltraumorganisation JAXA unter Führung der Universität Tokyo beigesteuert. Um eine Ramanmessung durchzuführen, senkt sich der gesamte Rover und nähert sich damit der Mondoberfläche an. In einem Arbeitsabstand von etwa acht Zentimetern kommt dann der Autofokusmechanismus von RAX zum Einsatz und positioniert sich genauer als 0,1 Millimeter in Bezug auf die Mondoberfläche. Das Instrument zeichnet sich durch seine besonders kompakte Bauweise aus: In einem Volumen von nur einem Liter befinden sich neben dem Laser und den Optiken auch ein kleiner Detektor, mit dem die Ramanstrahlung detektiert wird.
Ein weiterer Vorteil der Ramanspektroskopie besteht neben der eindeutigen Identifizierung von Mineralen darin, dass die Proben nur durch optischen Zugang – Bestrahlung durch einen Laser und Sammeln des zurückgesandten Lichts – analysiert werden. Hierdurch können ohne großen Aufwand viele Daten gesammelt werden. Mehrere Messungen entlang der Roverstrecke können interessante Unterschiede in der lokalen Zusammensetzung aufzeigen. Daten, die auf der Oberfläche des Phobos gemessen werden, ergänzen die Daten, die mit Hilfe der Instrumente auf dem MMX-Orbiter gewonnen werden. Sie werden den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dabei helfen, das Mars-Mond-System und dessen Entstehung besser zu verstehen.
MMX – Martian Moons eXploration
MMX ist eine Mission der japanischen Weltraumorganisation JAXA mit Beiträgen von NASA, ESA, der französischen Raumfahrtagentur CNES und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). CNES und DLR steuern zusammen einen 25 Kilogramm schweren Rover bei. Der deutsch-französische MMX-Rover wird unter gemeinsamer Leitung der beiden Partner entworfen und gebaut. Das DLR übernimmt dabei insbesondere die Entwicklung des Rover-Fahrwerks samt Carbonstruktur sowie des gesamten Aufricht- und Fortbewegungssystems. Zudem steuert das DLR das Verbindungs- und Separationssysten zur Muttersonde bei und stellt ein Raman-Spektrometer sowie ein Radiometer als wissenschaftliche Experimente. Diese werden die Oberflächenzusammensetzung und -beschaffenheit auf Phobos messen. Die CNES leistet wesentliche Beiträge mit Kamerasystemen zur räumlichen Orientierung und Erkundung auf der Oberfläche sowie zur Untersuchung der mechanischen Bodeneigenschaften. Darüber hinaus entwickelt die CNES das zentrale Service-Modul des Rovers inklusive des Onboard-Computers sowie des Energie- und Kommunikationssystems. Nach dem Start der MMX-Mission wird der Rover von Kontrollzentren der CNES in Toulouse (Frankreich) und des DLR in Köln betrieben.
Seitens des DLR sind unter der Leitung des Instituts für Robotik und Mechatronik zudem die Institute für Systemdynamik und Regelungstechnik, für Faserverbundleichtbau und Adaptronik, für Raumfahrtsysteme, für Optische Sensorsysteme, für Planetenforschung, für Softwaretechnologie sowie das Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC) beteiligt.
Die Mission MMX steht in der Tradition einer bereits langjährigen erfolgreichen Kooperation der Partner JAXA, CNES und DLR. Sie knüpft an die Vorgängermission Hayabusa2 an, bei der die JAXA eine Raumsonde zum Asteroiden Ryugu schickte mit dem deutsch-französischen Lander MASCOT an Bord. Am 3. Oktober 2018 landete MASCOT auf Ryugu und sendete spektakuläre Bilder einer faszinierenden zerklüfteten Landschaft aus Geröll und Steinen. Hayabusa2 nahm Proben von Ryugu und brachte diese am 6. Dezember 2020 zurück zur Erde.