Larsen C: Antarktischer Riese in Bewegung
Es war eine Weile ruhig um den Larsen-C-Eisberg mit der Nummer A68. Nachdem sein Abbruch im Juli 2017 für ein starkes Medienecho sorgte, wird nun erneut über ihn berichtet. Was ist geschehen? Er hat sich bewegt. Ist minimal geschrumpft. An sich nichts Außergewöhnliches - und doch ist es einen weiteren Blogbeitrag wert.
Betrachtet man eine Sequenz von Satellitenaufnahmen über die letzten zwei Monate, so ist es beeindruckend, was dort passiert. Immerhin ist der Eisberg mit 5800 Quadratkilometern siebenmal größer als Berlin. Trotz seiner Größe ist er ständig in Bewegung. Immer wieder ist der Eisberg mit dem Eisschelf kollidiert, wobei kleinere Eisstücke abgebrochen sind.
Die Satellitenbildfolge zeigt, wie sich der Eisberg vom Schelfeis entfernt. Im südlichen Bereich hat er sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 330 Metern pro Tag etwa 25 Kilometer von der Abbruchkante fortbewegt. Sehr schnell, wenn man die enorme Masse des Eisriesen bedenkt. An Fläche eingebüßt hat er in den letzten Wochen dennoch kaum. (Hier finden Sie das Video zusätzlich als GIF-Animation mit Satellitenaufnahmen bis 20. September 2017.)
Die Arbeitsgruppe "Polare und kalte Regionen" am Earth Observation Center des DLR wird in den kommenden Jahren sowohl das Schicksal des Eisberges als auch - und vor allem - das des Larsen-C-Eisschelfs beobachten. War A68 der Beginn einer Serie, wie schon mehrfach in anderen Gebieten der antarktischen Halbinsel beobachtet? Bricht das Eisschelf zusammen oder bleibt es stabil? Wie werden sich die Inlandgletscher entwickeln, wenn das Schelfeis tatsächlich verschwindet und sein bremsender Einfluss verloren geht?
Mit Radaraugen im All den Veränderungen auf der Spur
Radaraufnahmen vom ESA-Satelliten Sentinel-1 sind für solche langzeitlichen Beobachtungen besonders geeignet, da sie eine ganzjährige Beobachtung durch Wolken und in der Polarnacht erlauben. Sentinel-1 ist darüber hinaus auf das Kartieren großer Flächen ausgelegt und verfügt über einen sogenannten Extrawide-Swath-Mode, einen 400 Kilometer breiten "Aufnahmestreifen". Allerdings geht die zusätzliche Aufnahmebreite auf Kosten der Bildauflösung. Für die hoch genaue Detektion einzelner Spalten kommen die deutschen Radarsatelliten TerraSAR-X und TanDEM-X zum Einsatz, deren Daten wir in der Antarktis durch unsere Station GARS O’Higgins empfangen.
Unsere Satellitenaufnahmen dokumentieren hoch genau und über Jahre hinweg die Veränderungen vor Ort, das Kalben der Eisberge, die Fließgeschwindigkeiten der Inlandgletscher, die Entwicklung der Grounding Line, also der Stelle, wo sich das Schelfeis vom Boden löst und das Eis beginnt, auf dem Meer zu schwimmen. Trotz der umfassenden Datenerhebung aus dem All werden endgültige Antworten noch einige Zeit auf sich warten lassen. Wir brauchen also etwas Geduld.