Forschungsstelle für Maritime Sicherheit in Neustrelitz eingeweiht
Brigitte Zypries, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, und Prof. Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsvorsitzender des DLR, eröffneten am 27.03.2014 die Forschungsstelle für Maritime Sicherheit am DLR-Standort Neustrelitz. Das Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) arbeitet hier gemeinsam mit dem Institut für Kommunikation und Navigation (IKN) für eine sichere Schifffahrt und den Schutz der Meere und Küstengewässer. Das DFD hat zum Ziel, in Nahe-Echtzeit aus Satellitendaten maßgeschneiderte Informationsprodukte zu generieren. Die dazu benötigten Algorithmen werden durch die Wissenschaftler des Instituts für Methodik der Fernerkundung (IMF) in der Forschungsstelle für Maritime Sicherheit in Bremen entwickelt.
Zum Forschungsverbund Maritime Sicherheit gehören neben Bremen weitere Forschungsstellen in Oberpfaffenhofen und Braunschweig, in denen sieben DLR-Institute interdisziplinär zu maritimen Themen forschen. "In diesem Verbund werden die Arbeiten der Forschungsstellen mit ihren individuellen fachspezifischen Kompetenzen gebündelt, um das gemeinsame Ziel, durch Forschung zur Erhöhung der maritimen Sicherheit beizutragen, zu erreichen", sagt Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich Wörner. "Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Neustrelitz arbeiten an verlässlichen Kommunikations- und Navigationssystemen sowie an Systemen, die in naher Echtzeit für große Gebiete Informationsprodukte auf Basis von Satellitendaten verschiedener Quellen liefern", ergänzt Wörner.
Neue Herausforderungen für eine sichere Schifffahrt und den Schutz der Meere
Die Sicherheit auf See wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst und muss sich den Herausforderungen aktueller globaler Entwicklungen stellen: Weltweit nimmt der Schiffsverkehr mehr und mehr zu, wobei auch immer größere Schiffe zum Einsatz kommen. Durch die zunehmende Eisfreiheit in der Arktis werden verkürzte Schiffsrouten attraktiv, die aber auch neue Gefahren aufgrund kaum vorhandener technischer Infrastrukturen entlang der Seewege hervorrufen. Hoher Seegang und die Zunahme extremer Wetterlagen bilden weitere Sicherheitsrisiken, so dass deren frühzeitiger Erkennung eine hohe Bedeutung zukommt. Nicht zuletzt wird es immer wichtiger, zum Schutz vor illegaler Fischerei, Umweltverschmutzungen durch Ölverklappung sowie Piraterie beizutragen. Um die Meere zu schützen sind daher Daten, die eine verlässliche Auskunft über Seegang, Meereisbedeckung, Umweltverschmutzungen und Lage von Schiffen geben, von essentieller Bedeutung.
"Hier kann die Erdbeobachtung ihre Stärke ausspielen. Sie liefert flächendeckend, kontinuierlich und kostengünstig Daten zu unserer Umwelt. Dank Radar auch bei Nacht oder schlechter Sicht. Wir verarbeiten diese Daten zu maßgeschneiderten Informationsprodukten. Dabei liefert unser Schwesterinstitut IMF die Algorithmen und das DFD das Know-How um den Empfang und die Verarbeitung der riesigen Datenmengen. Ein weiteres Beispiel für die bewährte Zusammenarbeit unserer Institute im Erdbeobachtungszentrum (EOC)", erläutert Prof. Dr. Stefan Dech, Institutsdirektor des DFD.
Auswertung von Satellitendaten in Echtzeit
Satellitendaten liefern wichtige Informationen für die Sicherheit auf See: von der Position von Schiffen und Ölteppichen bis hin zu Eiswarnungen, Windfeldern und Wellenhöhen. An der Satellitenbodenstation des DFD in Neustrelitz empfangene Daten müssen daher so rasch wie möglich - in naher Echtzeit - zu Informationsprodukten verarbeitet werden. Angesichts der Datenmengen ist dies eine große Herausforderung. "Momentan kann dies innerhalb von etwa 30 Minuten geschehen", sagt Egbert Schwarz, Leiter der Forschungsstelle Maritime Sicherheit in Neustrelitz. "In Zukunft möchten wir die Zeit vom Datenempfang bis zur Verfügbarkeit der Produkte halbieren", erklärt Schwarz, "um die Verlässlichkeit der Informationen weiter zu erhöhen, aber auch, um deutlich mehr Informationsprodukte zeitnah zur Verfügung stellen zu können." Für die Analyse der Satellitendaten kommen neue Algorithmen zum Einsatz, die von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Instituts für Methodik der Fernerkundung an der Forschungsstelle in Bremen entwickelt werden.
Verfahren zur sicheren maritimen Verkehrsführung
Die Ermittlung zuverlässiger Positions- und Navigationsdaten sowie daraus abgeleiteter Verkehrslagebilder ist eine essentielle Grundlage, um ein Schiff sicher von Hafen zu Hafen zu führen. Hierzu forscht und entwickelt das DLR an einem integrierten System zur hochgenauen und zuverlässigen Bestimmung von Positions,- Navigations- und Zeitdaten (PNT-System). Ziel ist es, sowohl dem Kapitän oder Nautiker an Bord eines Schiffes als auch dem Operator einer Verkehrsleitzentrale an Land die Generierung eines umfassenden und zuverlässigen Lagebildes des Schiffsverkehrs unter Nutzung genauer Positions- und Navigationsdaten zu ermöglichen. Risiken von Kollisionen und Grundberührungen sollen so frühzeitig erkannt und ausgeschlossen werden. Neben der Nutzung der Daten des neuen PNT-Systems wird dazu auch an der Fusionierung dieser Daten mit bereits etablierten Sensoren wie Radar und dem Automatischen Identifikationssystem (AIS) von Schiffen gearbeitet, was der vielversprechenden Idee einer zukünftigen kooperativen Verkehrslagebestimmung im Verbund mehrerer Schiffe folgt.
DLR-Forschungsverbund Maritime Sicherheit
Der DLR-Forschungsverbund Maritime Sicherheit besteht aus vier Forschungsstellen an den DLR-Standorten Braunschweig, Bremen, Neustrelitz und Oberpfaffenhofen. Am Forschungsverbund sind sieben DLR-Institute beteiligt. Finanziert wird die Arbeit der vier Forschungsstellen unter anderem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) sowie den Bundesländern Bayern, Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.
In der institutsübergreifenden Forschungsstelle Maritime Sicherheit Neustrelitz bündeln das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) und das Institut für Kommunikation und Navigation (IKN) ihre Kompetenzen in den Bereichen Maritime Verkehrstechnik und satellitengestützte nahe-Echtzeitsysteme.