Technologie- und Industriepolitik
Raumfahrt betreiben zu können, ist eine strategische Fähigkeit, die nicht jeder betreiben kann. Sie ist geprägt durch wissenschaftliche und politische Ziele, wie das Erkunden des Weltraums und der Beobachtung der Erde. Dabei nehmen internationale Zusammenarbeit und öffentliche Nutzer eine wichtige Rolle ein. Raumfahrt bildet durch eine elementare Infrastruktur die Voraussetzung für verschiedene Anwendungen im Alltag, wie etwa die satellitengestützte Kommunikation, die Navigation oder die Wettervorhersage. Darüber hinaus bietet sie einen globalen Markt. Deutschland nutzt das Potential der Raumfahrt, das zunehmend auch Interesse bei kommerziellen Un-ternehmen findet und stellt die Beteiligung seiner Raumfahrtindustrie sicher.
Die deutsche Raumfahrtindustrie ist gekennzeichnet durch wenige große Systemunternehmen, einige mittelständische Raumfahrtfirmen und eine Vielzahl von Ausrüstern und Zulieferern. Immer mehr Start-ups plazieren ihre innovativen Ideen in der Raumfahrt und verleihen der New-Space-Szene mehr Dynamik. Unter diesem Schlagwort hat sich in den letzten Jahren in der Raumfahrt ein Trend entwickelt, bei dem Marktnachfrage und geschäftlicher Erfolg sich deutlich verstärken. Auch dienen Raumfahrt-Technologien innovativen Unternehmen dazu, neue Geschäftsideen in den nachgelagerten Märkten, auch Downstream-Sektor genannt, umzusetzen.
Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR leitet aus der Raumfahrtpolitik der Bundesregierung und dem Deutschen Raumfahrtprogramm die industriepolitischen Ziele und den daraus resultierenden Auftrag ab. Ihr Ziel ist es, die heimische Industrie und die Sicherung der deutschen Interessen zu stärken. Die deutsche Industriepolitik konzentriert sich bei der Umsetzung ihrer Strategie auf das Nationale Programm für Weltraum und Innovation sowie auf die Europäische Weltraumorganisation ESA – als unabhängige und eigenständige internationale Organisation – und auf die Aktivitäten der Europäischen Union (EU). Mit der Raumfahrtpolitik der EU steigt die Bedeutung der Industriepolitik zusätzlich.
Für die deutsche Industrie ist es wichtig, ihre internationale Kompetenz und Konkurrenzfähigkeit zu erhalten und kontinuierlich auszubauen. Da Raumfahrt bei allen Staaten weiter als strategische Fähigkeit eingeordnet ist, fördert die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR Unternehmen, auch bei der Kommerzialisierung. Dies ist notwendig, um ihrer Position in speziellen Kerngebieten – wie etwa der Zulieferung von Komponenten für den Bau von Satelliten und Trägerraketen – zu sichern.
Es dient aber auch insbesondere dazu, die Abhängigkeit von öffentlichen Geldgebern zu reduzieren, Arbeitsplätze zu erhalten oder zusätzlich zu schaffen. Voraussetzung für eine angemessene Vertretung des Mittelstands ist neben der Konzentration, Vernetzung und Spezialisierung von Unternehmen auch der faire Wettbewerb, Programmtransparenz und die Schaffung klarer Vergaberichtlinien.
Schwerpunkt der industriepolitischen Aufgaben ist es, die Zusammenarbeit der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR mit der Wirtschaft zu regeln. Auf der Basis von industriepolitischen Analysen und Bewertungen wird eine aktive Vertretung der deutschen Industriepolitik sowohl im nationalen Rahmen als auch bei der ESA in Ausschüssen und Gremien betrieben. Die Industriepolitik der EU ist überwiegend durch die Raumfahrtverordnung vorgegeben.
Allgemein bieten regelmäßig stattfindende Industrietage mit der Vorbesprechung der Sitzung des Industrial Policy Committee der ESA (IPC) und dem Arbeitskreis Raumfahrt KMU (AKRK) eine weitere Informationsmöglichkeit. Für neue Akteure in der Raumfahrt bietet sich der Einstieg in die Thematik über die Webseiten der Fachabteilungen an. Aber auch individuelle Beratungen sind möglich. Bei Streitfällen zwischen Unternehmen im Nationalen Programm für Weltraum und Innovation oder bei der ESA vermittelt ein Industrieombudsmann.