Startfenster: 7. bis 27. Oktober 2024

Hera – Planetare Verteidigung gegen Asteroideneinschläge

ESA/Science Office

Asteroideneinschläge auf der Erde sind eine sehr seltene Naturkatastrophe, die jedoch gravierende Auswirkungen haben können. Es ist daher wichtig, auf potenziell gefährliche Asteroiden vorbereitet zu sein. Die Mission Hera untersucht, wie die Verteidigung gegen einen solchen Himmelskörper in Zukunft funktionieren kann.

Logo der Mission Hera
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ESA

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Es sind sehr seltene Naturkatastrophen, doch können Asteroideneinschläge auf der Erde gravierende Auswirkungen haben. Beispielsweise wurden am 15. Februar 2013 über 1.000 Menschen verletzt, als ein kleiner Asteroid mit 20 Metern Durchmesser nahe der russischen Stadt Tscheljabinsk in die Erdatmosphäre eingetreten war. Er verdampfte größtenteils beim Eintritt und löste eine Druckwelle aus, die Fensterscheiben zersplittern ließ. Sie waren die Hauptursache für die Verletzungen.

Die Folgen beim Einschlag eines größeren Himmelskörpers wären ungleich größer; sie könnten gar das Überleben der Menschheit insgesamt bedrohen. So wird der 2004 entdeckte Asteroid (99942) Apophis der Erde 2029 ausgesprochen nahekommen. Er hat rund 350 Meter Durchmesser, was im Fall eines Einschlags extreme Auswirkungen hätte. Eine Kollision konnte für das 21. Jahrhundert mit Sicherheit ausgeschlossen werden; dass er die Erde so nah passiert zeigt jedoch, dass wir auf solche Objekte stets vorbereitet sein müssen.

Asteroiden und ihre Herkunft

Der erste Asteroid wurde eher zufällig entdeckt, als Giuseppe Piazzi (1746–1826) den Himmel 1801 auf der Suche nach Planeten beobachtete. Ein Objekt änderte zwischen zwei Beobachtungen jedoch seine Position. Piazzi nannte ihn Ceres, nach der Göttin der Vegetation. Seitdem ist das Wissen über diese Himmelskörper stark angewachsen. Heute kennen wir etwa 990.000 Asteroiden zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter im sogenannten Asteroiden-Hauptgürtel.

Die meisten von ihnen entstanden, als sich Planeten in unserem Sonnensystem bildeten. Vor rund 4,5 Milliarden Jahren war die junge Sonne von einer rotierenden Scheibe aus Gas, Eis und Staub umgeben, deren Einzelteile sich zu immer größeren Objekten verklumpten und schließlich Planeten bildeten. „Bausteine“, die sich nicht zu großen Planeten zusammengefunden haben sind der Ursprung der heutigen Asteroiden und Kometen.

Asteroiden haben unterschiedliche chemische Zusammensetzungen. Je nachdem wo im Sonnensystem sie sich gebildet haben, können sie kohlenstoff-, silikat- oder auch wasserreich sein. Zudem sind manche Asteroiden Bruchstücke größerer Planetesimale und können daher beispielsweise auch reich an Metallen sein. Man unterscheidet daher grob drei Klassen: metallische, steinige, und kohlenstoffreiche Asteroiden.

Asteroiden weisen zudem unterschiedliche Strukturen auf. Einige haben aufgrund häufiger Zusammenstöße zahlreiche Einschlagskrater. Andere sind sogenannte „Schutthaufen-Asteroiden“ (engl.: rubble pile). Sie bestehen vermutlich aus vielen kleinen Felsbrocken, die gravitativ nur lose gebunden und deren Zwischenräume mit Staub gefüllt sind.

Aufgrund ihrer Entstehung werden Asteroiden auch als „Zeitkapseln des Sonnensystems“ bezeichnet. Anders als Planeten haben sie sich seit der Entstehung des Sonnensystems viel weniger verändert. Sie können somit Informationen über das frühe Sonnensystem enthalten, aus dem letztlich Planeten und das Leben selbst hervorging.

Didymos, Dimorphos und Hera

Didymos ist ein erdnaher Doppelasteroid, bestehend aus dem gleichnamigen „Primärasteroiden“ [eng. primary vs. secondary asteroid], welcher von dem kleineren „Asteroidenmond“ Dimorphos umkreist wird. Didymos hat einen Durchmesser von ca. 800 Metern, Dimorphos von ca. 170 Metern. Ursprünglich lag der Abstand bei ca. 1,1 Kilometern und die Umlaufzeit bei 11 Stunden 55 Minuten. Durch den kontrollierten Einschlag der NASA-Raumsonde DART am 26. September 2022 wurde die Umlaufzeit des Asteroidenmondes um 32 Minuten auf 11 Stunden 23 Minuten verkürzt, er wurde also näher an Didymos herangebracht. Die Raumsonde Hera wird beide Asteroiden und die Auswirkungen des Einschlags untersuchen. Sie ist mit zwölf Messinstrumenten und zwei CubeSats ausgestattet, die beide auf Dimorphos landen werden. Hera hat in etwa die Größe eines Kleinwagens und wiegt vollgetankt etwa 1.150 Kilogramm – im Vergleich zu dem drei Tonnen schweren Kometenjäger Rosetta ist das sehr kompakt.

Asteroidenforschung

Neben der Beobachtung durch Teleskope liefern Raumfahrtmissionen die umfangreichsten Erkenntnisse über Asteroiden. Die Raumsonde Galileo flog auf ihrer Reise zum Jupiter 1991 und 1993 nahe an den beiden Asteroiden (951) Gaspra und (243) Ida vorbei. Dabei entdeckte sie an dem 60 Kilometer langen Asteroiden Ida den über einen Kilometer großen Mond, Dactyl. Hierdurch konnten Beobachtungen der Forschung vor Ort bestätigt werden.

Seitdem haben weitere Raumsonden unterschiedliche Asterioden untersucht. Die Sonde Hayabusa konnte gar Staubproben von (25143) Itokawa sammeln und 2010 zurück zur Erde bringen. Sie war der Beginn weiterer sogenannte Sample-Return-Missionen (Probenrückführungsmission). Zuletzt lieferte die OSIRIS-REx-Mission der amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA 2023 über 121 Gramm Material des Asteroiden (101955) Bennu auf der Erde ab.

Erdnahe Asteroiden

Durch gravitative Ablenkung von Planeten kann es passieren, dass Asteroiden aus dem Asteroidengürtel unseres Sonnensystems zu erdnahen Asteroiden oder „Near-Earth Asteroids“ (NEAs) werden. Sie gelangen durch die Ablenkung auf Bahnen, die die Erdumlaufbahn kreuzen, und als Meteoriten auf die Erde gelangen können. Wurden Asteroiden früher eher zufällig entdeckt, gibt es seit einiger Zeit international Initiativen, die gezielt nach solchen potentiell gefährlichen Asteroiden suchen, unter anderem von der NASA und der Europäischen Weltraumorganisation ESA.

Modellrechnungen gehen davon aus, dass ein kilometergroßer NEA ein- bis zweimal in einer Million Jahren auf die Erde stürzt. Der Asteroid (1036) Ganymed ist mit einem Durchmesser von 31 Kilometern der größte bekannte NEA. Der Einschlag eines solchen Objekts könnte je nach seiner Größe auf der Erde katastrophale und globale Auswirkungen haben.

Bekannte Asteroideneinschläge auf der Erde

Vor 66 Millionen Jahren wurden zwei Drittel aller damals lebenden Arten – unter ihnen die Dinosaurier – durch ein gewaltiges Ereignis ausgelöscht. Es gab viele Hypothesen zur Ursache des Massensterbens. In den frühen 1990er-Jahren wurde der etwa 200 Kilometer große Einschlagskrater Chicxulub unter der Halbinsel Yucatán in Mexiko entdeckt. Der größte Teil des Chicxulub-Kraters liegt jedoch im Golf von Mexiko und ist unsichtbar, denn damals schlug der Gesteinsbrocken in den flachen Meeresarm ein, der zu dieser Zeit Nord- und Südamerika voneinander trennte. Der Krater ist einer der größten seiner Art auf der Erde und erhärtete die Theorie eines gewaltigen Asteroideneinschlags. Der Asteroid muss ungefähr 15 Kilometer Durchmesser gehabt haben, sein Einschlag setzte die Energie von Millionen Hiroshima-Bomben frei und schleudert die obersten zehn Kilometer der Erdkruste weg. Die darunterliegende Kruste wird um zwanzig Kilometer eingedrückt, federte aber nach wenigen Minuten wieder zurück.

Die Identifikation des Kraters allein reichte noch nicht aus, um einen Zusammenhang zwischen Einschlag und Massensterben eindeutig zu bestätigen. Erst durch die Entnahme von Bohrkernen aus dem Krater lieferte den finalen Beweis. In den Proben fand sich Asteroidenstaub – genauer gesagt hohe Konzentrationen von Iridium und anderen Platinmetallen – in unterschiedlichen Gesteinsschichten des Kraters. Anhand der Reihenfolge dieser und weiterer Ablagerungen konnten die Forschenden zeitlich einordnen, wann der Einschlag des Asteroiden stattfand und wie er und die folgenden Ereignisse vonstattengingen. Bei einem Einschlag dieser Größenordnung entstehen enorme Temperaturen von mehreren 10.000 Grad. Die Druckwellen waren so stark, dass sie die gesamte Erde umliefen. Explodiertes und pulverisiertes Gestein wurde in die Atmosphäre geschleudert und legte sich als dichte Staubwolke über die Erde. Zudem verdunkelten Schwefelsäure-Tröpfchen den Himmel weltweit für mehrere Jahre. Hierdurch sank die weltweite Durchschnittstemperatur für Jahre unter den Gefrierpunkt, was ein Massensterben der gesamten Pflanzenwelt des Planeten auslöste. Hierdurch verschwand auch die Nahrungsgrundlage der Dinosaurier, ein weiteres Massensterben folgte. Nach einer Kältephase, die wohl mehrere Jahrzehnte andauerte, folge wiederum eine schlagartige Erwärmung, da der Einschlag Milliarden Tonnen Kohlenstoffdioxid freigesetzt hatte.

Bedeutende Krater sind auch in Europa zu finden. Zwischen der Schwäbischen und der Fränkischen Alb entstand vor 15 Millionen Jahren das Nördlinger Ries durch den Einschlag eines Asteroiden mit 1.000 bis 1.500 Metern Durchmesser. Er traf die Erde mit einer Geschwindigkeit von rund 70.000 Kilometern pro Stunde. Die Wucht des Einschlags war so heftig, dass er vier bis fünf Kilometer tief in die Erde eindrang und einen Krater von mehreren hundert Meter Tiefe und 24 Kilometern Durchmesser schuf. Die gewaltige Explosion beim Einschlag bewegte 150 Kubikkilometer Gestein. Trümmermassen aus einigen hundert Meter Tiefe wurden herausgeschleudert – teilweise bis zu 400 Kilometer weit. Beim Einschlag wurden die Gesteinsschichten unter enormem Druck so stark zusammengepresst, dass Temperaturen von etwa 20.000 Grad Celsius entstanden, die den Asteroiden sowie das Bodengestein einfach verdampfen ließen. Die Druckwelle des Einschlags wirkte sich auch auf das Gestein in der Tiefe aus, wo es sogar zur Bildung von Diamant kam. Die Wucht des Einschlags löste ein Erdbeben der Stärke 8,5 aus. In einem Umkreis von mindestens einhundert Kilometern wurde durch die Druckwelle und die enorme Hitze alles Leben ausgelöscht.

Planetare Verteidigung gegen Asteroiden

Der bereits genannte Asteroid (99942) Apophis wird die Erde 2029 in einer Entfernung  von nur 31.750 Kilometern  über der Erdoberfläche passieren. Was zunächst nach einer weiten Entfernung klingen mag ist in astronomischen Maßstäben doch „nur knapp daneben“: Die Entfernung beträgt weniger, als der Abstand der Telekommunikations- und Wettersatelliten im geostationären Erdorbit.

Verschiedene Weltraumagenturen und die Vereinten Nationen befassen sich daher seit einiger Zeit mit der Gefahr von Einschlägen. Um Methoden zu entwickeln, wie die Menschheit solchen Gefahren wirksam begegnen kann, führen die NASA und die ESA die internationale  Kooperation „Asteroid Impact & Deflection Assessment“ (AIDA) durch. Sie besteht aus der NASA-Mission DART und der ESA-Mission Hera.

Den Anfang machte die NASA mit der Raumsonde DART (Double Asteroid Redirection Test). Als Ziel wurde der Doppelasteroid Didymos und Dimorphos gewählt, wobei der deutlich kleinere Dimorphos den größeren Didymos als Asteroidenmond umkreist. Ziel war, die Umlaufzeit beider Asteroiden umeinander zu beeinflussen. Hierzu schlug DART am 26. September 2022 kontrolliert mit einer Geschwindigkeit von über sechs Kilometern pro Sekunde auf Dimorphos ein, um seine Umlaufbahn um Didymos zu verändern. Messungen mit Teleskopen konnten ermitteln, dass sich seine Umlaufzeit von ursprünglich 11 Stunden 55 Minuten um 33 Minuten verkürzt hatte – angestrebt waren nur 10 Minuten.

Die Mission Hera

Am 7. Oktober 2024 öffnet sich für die ESA Raumsonde Hera das Startfenster, um mit einer Falcon 9-Rakete vom Raumfahrtbahnhof Cape Canaveral in Florida ebenfalls in Richtung des Doppelasteroiden zu starten. Sie begibt sich auf eine zweijährige Reise zu Didymos und Dimorphos und wird beide für sechs Monate untersuchen um herauszufinden, wie genau sich die Gestalt der Asteroiden verändert hat.

Hierzu ist die Sonde mit zwölf Messinstrumenten, sogenannten Nutzlasten, ausgestattet. Die wichtigsten sind die beiden Asteroid Framing Cameras – zwei redundant ausgelegte, monochromatische Kameras –, die genutzt werden, um die Position der Raumsonde in dem Asteroidensystem zu bestimmen. Sie sind essentiell für die Navigation der Sonde. Hera führt zudem zwei CubeSats, Juventas und Milani, mit sich, die jeweils die Größe eines Schuhkartons haben. Sie werden sich näher an Dimorphos bewegen und in der Schlussphase der Mission sogar auf ihm landen, um dessen Oberfläche, innere Struktur und Gravitation zu messen.

Durch die Messungen soll die exakte Masse von Dimorphos ermittelt werden. Die Bestimmung der Masse ist erforderlich, um nachvollziehen zu können, wie effektiv die Ablenkung durch DART genau war. Aus den gewonnenen Daten kann anschließend berechnet werden, wie die Ablenkung von anderen Körpern gelingen kann. Für den Fall eines Asteroiden auf tatsächlichem Kollisionskurs wird dies die Grundlage einer echten planetaren Verteidigungsmission sein.

Zudem werden die gesammelten Daten ein Meilenstein für die gesamte Asteroidenforschung sein.

Deutsche Technik in einem europäischen Gemeinschaftsprojekt

Deutschland ist an der ESA-Mission mit 37,5 Prozent als größter Beitragszahler beteiligt. Entwickelt und gebaut wurde die Hera-Sonde von OHB in Bremen. Eine neu entwickelte Antenne aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff stammt von der Firma HPS, die beiden Asteroid Framing Cameras kommen von Jena Optronik. Die TU Dresden ist maßgeblich an der Entwicklung des Radarexperiments auf dem Cubesat Juventas beteiligt. Zudem sind deutsche Forschende im Hera-Science-Team engagiert, um die gewonnenen Daten der Mission wissenschaftlich auszuwerten. Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR koordiniert all diese deutschen Beiträge zur Mission mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).

Ausblick – Apohis und die Mission Ramses

Aufbauend auf der Mission Hera wird zudem bereits an der Mission Ramses gearbeitet. Dass Apophis der Erde 2029 sehr nahe kommt, bietet eine unglaubliche Möglichkeit für die Wissenschaft.

Die ESA-Raumsonde Ramses wird daher ein Rendezvous mit Apophis durchführen, bevor dieser an der Erde vorbeifliegt, und den Asteroiden während des Vorbeiflugs begleiten, um zu beobachten, wie er durch die Schwerkraft unseres Planeten verformt und verändert wird. Je mehr wir über diese Veränderungen erfahren, desto besser können beurteilen, wie man einen gefährlichen Asteroiden am besten von einem Kollisionskurs mit der Erde abbringen könnte.

Bilder

Künstlerische Darstellungen

Die Technik der Raumsonde Hera

Der Doppelasteroid Didymos und Dimorphos

Berichterstattung auf Social Media

Unsere aktuelle Berichterstattung zum Start aus Cape Canaveral sowie vom Europäischen Raumflugkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt ab dem 7. Oktober 2024 finden Sie auf unseren Social-Media-Kanälen:

Pressemitteilung

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Kontakt

Dr. Manuel Metz

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Deutsche Raumfahrtagentur im DLR
Weltraumlage
Königswinterer Straße 522-524, 53227 Bonn