Erste Tests für Wasserstoffverbrennung in Flugzeugtriebwerken
- DLR und GE Aerospace kooperieren bei der Entwicklung emissionsarmer Luftfahrtantriebe.
- Erste Messkampagne unter realistischen Bedingungen.
- Versuche mit hundertprozentigem Wasserstoff im Flugtriebwerk.
- Schwerpunkte: Luftfahrt, klimaverträgliches Fliegen, Luftfahrtantriebe
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und General Electric Aerospace (GE Aerospace) untersuchen erstmals die Verbrennung von hundertprozentigem Wasserstoff unter realistischen Betriebsbedingungen von Flugzeugtriebwerken. Für die wegweisende Messkampagne stellt GE, vertreten durch das GE Aerospace Advanced Technology Team aus Garching, ein neues Verbrennungssystem bereit, das für die Direktverbrennung von Wasserstoff ausgelegt ist.
Wegbereitend für die aktuelle Versuchskampagne war eine vier Jahre andauernde, umfangreiche Forschungsarbeit des DLR und GE Aerospace, unterstützt durch europäische und nationale Technologieprojekte, in der schadstoffarme Verbrennungstechnologien und fortschrittliche optische Messtechniken entwickelt wurden. Die Versuche werden beim DLR-Institut für Antriebstechnik in Köln durchgeführt und sind Teil der Umrüstung eines GE-Triebwerks vom Typ Passport auf Wasserstoff. Das Triebwerk wird zukünftig in den ZEROe-Flugdemonstrator von Airbus integriert. Airbus will bis 2035 das weltweit erste wasserstoffbetriebene Verkehrsflugzeug entwickeln und initiiert hierfür ein mehrjähriges Demonstratorprogramm.
Die schadstoffarme und sichere Verbrennung von reinem Wasserstoff unter Triebwerksbedingungen stellt heute noch eine große Herausforderung dar, weil sich das Verbrennungsverhalten deutlich anders als bei herkömmlichen Luftfahrtkraftstoffen wie beispielsweise Kerosin verhält. Die Infrastruktur am DLR-Institut für Antriebstechnik ermöglicht der Forschung, Experimente der Wasserstoffverbrennung realitätsnah durchzuführen. Die Kombination aus experimentellen Forschungsanlagen und Kompetenzen im Bereich der Verbrennung in Hochdruckbrennkammern, bei gleichzeitiger Verfügbarkeit modernster laser-optischer Messverfahren an nur einem Institut – das ist weltweit einzigartig.
Optische Messungen
Während in der Vergangenheit bereits Wasserstoffuntersuchungen unter atmosphärischen Bedingungen durchgeführt wurden, forschen das DLR und General Electric Aerospace mit den Hochdruckversuchen außerhalb bislang definierter technologischer Standards. Zu Beginn des gemeinsamen Projektes bestand große Neugierde, wie sich die Flamme unter den verschiedenen Betriebsbedingungen verhält und ob die Fenster des Prüfstands den extremen thermischen Belastungen standhalten – beides elementare Voraussetzungen, um aussagekräftige Daten aufzuzeichnen.
„In einer sehr guten Kooperation und kollegialen Zusammenarbeit ist speziell für dieses Vorhaben eine neue Messstrecke entwickelt worden“, sagt Dr. Bertram Janus, kommissarischer Institutsleiter am Institut für Antriebstechnik und Leiter der Abteilung Brennkammer. „Gerade bei der Wasserstoffverbrennung in Fluggasturbinen sind realistische Betriebsbedingungen aufgrund der besonderen Brennstoffeigenschaften von elementarer Bedeutung. Erstmals führen wir Untersuchungen mit diesem herausfordernden Treibstoff unter derart realistischen Bedingungen durch. Der optische Zugang gibt uns die Möglichkeit für eine einzigartige Datenerhebungen.“ Große Quarzglasfenster ermöglichen ganz spezielle Einblicke in die Brennkammer und erlauben die Charakterisierung des Verbrennungsverhaltens und der reagierenden Strömung innerhalb der Brennkammer mithilfe der am Institut entwickelten laser-optischen Messverfahren.
Das Institut greift auf jahrzehntelange Erfahrung im Einsatz komplexer laser-optischer Messverfahren in Fluggasturbinen zurück, um die schnelle Adaption an neue Messobjekte zu ermöglichen. „In den Versuchen setzen wir eine Reihe von Messtechniken ein, die zusammengenommen das Gesamtbild des Verbrennungsvorgangs vervollständigen und darüber hinaus die Validierung von numerischen Simulationen ermöglichen“, erklärt Dr. Christian Willert, Abteilungsleiter Optische Triebwerksmesstechnik. „Die optischen Messungen erlauben eine momentane Erfassung der Reaktions- und Wärmefreisetzungszonen ohne die Brennkammerströmung zu beeinflussen. Diese werden durch Strömungsfeldmessungen ergänzt, um die Bewegung des Luft-Wasserstoff-Gemisches und der Reaktionsprodukte durch die Brennkammer zu verfolgen“, so Willert weiter.
Thomas Ripplinger, Teamleiter Wärme- und Verbrennungssysteme bei GE Aerospace Advanced Technology, fasst die Bedeutung der Testresultate für das Projekt zusammen:„Mithilfe der gänzlich reibungslos gelaufenen Messungen kann bewertet werden, ob der Brenner den Erwartungen entspricht oder ob Design-Anpassungen oder Änderung bei den Entwicklungs- und Auslegungswerkzeugen vorzunehmen sind“.
Perspektivisch planen das DLR und GE Aerospace weitere Versuche sowohl am Hochdruckbrennkammer-Prüfstand (HBK) 1 und im Folgenden unter noch anwendungsnäheren Bedingungen im HBK 2 des DLR in Köln.
Das Projekt HYDEA 2023-2026
Die Versuche sind Teil des EU-Projekts HYDEA (Hydrogen Demonstrator for Aviation), gefördert vom EU-Programm Clean Aviation. Das Hauptziel von HYDEA ist die Entwicklung eines neuartigen Antriebssystems ohne CO2-Ausstoß basierend auf der Direktverbrennung von Wasserstoff bis 2026. Zum Ende des Projekts wird die Machbarkeit eines Wasserstoffantriebs in einem Flugzeugtriebwerk bis zum Bodentest ganzheitlich demonstriert. Die HYDEA-Ergebnisse werden wichtige Schritte des ZEROe-Technologieforschungsprojekts sein, das 2020 von Airbus gestartet wurde.