Erde und Mond vom Mars aus gesehen
- DLR-Marskamera HRSC fotografiert Erde und Mond aus rund 300 Millionen Kilometer Entfernung.
- Wiederholung einer HRSC-Aufnahme von vor 20 Jahren, einen Monat nach dem Start der ESA-Mission Mars Express.
- Reminiszenz an Foto und Buch „Pale Blue Dot“ („Blauer Punkt im All“) des berühmten Astronomen Carl Sagan.
- Schwerpunkte: Raumfahrt, Mars Express, Raumfahrtgeschichte, Exploration des Sonnensystems
Das Titelbild dieses Beitrags ist sicherlich nicht die beeindruckendste Aufnahme von Erde und Mond aus dem All. Das „einfache Bild“ der hochauflösenden Stereokamera HRSC des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) an Bord der Mars-Express-Sonde der europäischen Raumfahrtorganisation ESA lässt dennoch das ergreifende Gefühl eines distanzierten Blicks auf den „Pale Blue Dot“ aufkommen, die Erde.
Die Erde als den blaublassen Punkt im Sonnensystem zu bezeichnen, wurde von dem Astronomen und Schriftsteller Carl Sagan geprägt, der sich von dem Bild inspirieren ließ, das die NASA-Sonde Voyager 1 im Jahr 1990 aufnahm, als sie jenseits der Bahn des Neptun aus etwa sechs Milliarden Kilometer zur Erde zurückblickte. In mehreren Aufnahmen erstellte sie ein Mosaik des Sonnensystems mit den acht Planeten Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Das Mosaik inspirierte Sagan 1994 zu seinem legendären Buch „Pale Blue Dot: A Vision of the Human Future in Space“ („Blauer Punkt im All. Unsere Zukunft im Kosmos“), in dem er die Erde als die einzige bisher bekannte Welt bezeichnete, die Leben beherbergt – und in den er die Verantwortung der Menschen betonte, rücksichtsvoller miteinander umzugehen und für den Erhalt des Heimatplaneten zu sorgen.
Seit der Aufnahme dieses ikonischen NASA-Bildes sind mehr als drei Jahrzehnte vergangen. In dieser Zeit haben sich zahlreiche Raumsonden auf ähnliche Weise der Erde zugewandt, während sie zu ihren weit entfernten Zielen im Sonnensystem flogen. Auch die Mars-Rover und -Orbiter haben bei der Erkundung des Roten Planeten einige „Schnappschüsse“ geliefert. Dennoch ist Sagans Botschaft aus den 1990er Jahren dringender denn je.
„Anlässlich des 20. Jahrestages des Starts von Mars Express wollten wir die Überlegungen von Carl Sagan in die heutige Zeit übertragen, in der sie angesichts der sich verschärfenden Klima- und Umweltkrise aktueller denn je sind“, sagt Jorge Hernández Bernal von der Universität des Baskenlandes und der Sorbonne, der zum Team von Mars Express gehört und die Idee zu diesem Bild hatte. „Auf diesen einfachen Schnappschüssen von Mars Express hat die Erde die Größe einer Ameise aus einer Entfernung von 100 Metern. Und wir sind alle mittendrin. Auch wenn wir solche Bilder schon einmal gesehen haben, machen sie demütig und animieren zum Innehalten und zu denken: Wir müssen uns um unseren blassblauen Punkt kümmern, es gibt keinen Planeten B.“
Die Bilder wurden mit dem SRC-Kanal (Super Resolution Channel), einem Teleobjektiv mit einem Schwarz-Weiß-Sensor der hochauflösenden Stereokamera (HRSC) von Mars Express, aufgenommen. Er wird hauptsächlich für die Beobachtung der beiden Marsmonde und der Sterne eingesetzt. Sie zeigen die Erde und ihren Mond am 15., 21. und 27. Mai 2023 sowie am 2. Juni 2023. Damit werden mehr als die Hälfte der monatlichen Bewegung des Monds um die Erde abgedeckt.
Das letzte Bild der Sequenz markiert den Jahrestag des Starts von Mars Express am 2. Juni 2003. Es wurde kurz vor einer Jubiläumsfeier aufgenommen, bei der erstmals in eine Live-Übertragung von Mars-Aufnahmen der Visual Monitoring Camera (VMC) an Bord der Raumsonde stattfand, die mit nur etwa 16 Minuten Verzögerung zur Erde übertragen wurden.
„Diese Bilder haben zwar keinen wissenschaftlichen Mehrwert, aber da die Bedingungen es uns erlaubten, zuerst mit der HRSC zur Erde zu blicken und kurz danach die VMC gen Mars zu richten, haben wir die Gelegenheit genutzt, ein Porträt unserer Heimat an diesem unglaublichen Missionsmeilenstein für Mars Express zu erstellen“, sagt Daniela Tirsch, Mitglied des Mars-Express-HRSC-Teams vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin.
Kurz nach dem Start der Mission vor 20 Jahren nahm man mit der HRSC ebenfalls ein Bild des Erde-Mond-Systems auf: In der Nacht des 3. Juli 2003 wurde die Sonde auf ihrem Weg zum Mars rückwärts ausgerichtet, um einen atemberaubenden Blick auf den Planeten Erde und seinen Trabanten, den Mond, aus einer Entfernung von acht Millionen Kilometer zu erhalten. Im Vergleich dazu wurden die Bilder von 2023 aus rund 300 Millionen Kilometer Entfernung aufgenommen.
„Vielleicht dauert es nur noch 20 Jahre, bis die Menschen selbst von der Marsoberfläche aufschauen können, um die Erde am Nachthimmel zu sehen“, fügt Colin Wilson hinzu, ESA-Projektwissenschaftler für Mars Express und den ExoMars Trace Gas Orbiter. „Die ESA blickt auf eine lange Geschichte der Marserkundung zurück, zunächst aus der Umlaufbahn mit Mars Express und dem Trace Gas Orbiter, und im nächsten Jahrzehnt auch von der Oberfläche aus: mit dem Rosalind Franklin Rover und der Mars Sample Return Missionen. Das nächste kühne Ziel ist natürlich die Erforschung durch Menschen vor Ort.“
Verwandte Links
Das HRSC-Experiment auf Mars Express
Die High Resolution Stereo Camera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Dr. Thomas Roatsch vom DLR-Institut für Planetenforschung besteht aus 50 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und zehn Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.
Diese Bilder in hoher Auflösung und weitere Bilder der HRSC finden Sie in der Mars Express-Bildergalerie auf flickr.