Autonomes Fahren auf dem Wasser
- Hochautomatisiertes und autonomes Fahren auf dem Wasser ist immer mehr gefragt.
- Das DLR-Institut für Systems Engineering für zukünftige Mobilität arbeitet an sicheren Software-Systemen für die automatisierte Schifffahrt und das Hafenmanagement.
- Auch im maritimen Bereich verfügt das DLR über Systemkompetenz.
- Ausgründung des DLR für automatische Anlegehilfe ist angedacht.
- Schwerpunkte: Verkehr, Mobilität der Zukunft, automatisiertes Fahren, maritime Assistenzsysteme, maritime Sicherheit, Kommunikation, Navigation, Dekarbonisierung der Schifffahrt
Der Bedarf an Assistenzsystemen für hochautomatisiertes und autonomes Fahren auf dem Wasser nimmt ständig zu. Die Technologie verspricht, die Schifffahrt der Zukunft sicherer, effizienter und komfortabler zu machen. IT-Systeme spielen dabei eine entscheidende Rolle: Sie steuern und vernetzen die Schiffe untereinander und mit der Infrastruktur. Diese sehr komplexen Systeme stehen im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten des Instituts für Systems Engineering für zukünftige Mobilität des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Institutsdirektor Prof. Axel Hahn gibt im Interview einen Einblick in Themen, Schwerpunkte und Ziele seines Instituts.
Warum forscht das DLR-Institut für Systems Engineering für zukünftige Mobilität auch an maritimen Themen?
Prof. Axel Hahn: Durch das global wachsende Verkehrsaufkommen auf See steigt die Bedeutung autonomer und automatisierter Systeme. Assistenzsysteme unterstützen Schiffs- und Hafenpersonal dabei, Schäden an Schiffen, ihrer Ladung sowie der Natur und vor allem Personenschäden entgegenzuwirken. Die maritime Forschung des DLR untersucht dafür den Einsatz hochautomatisierter Systeme für mehr Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Dazu gehören Technologien zur Navigation und Kommunikation. Auch die Digitalisierung trägt wesentlich dazu bei, dass eine Vernetzung zwischen Schiffen, Hafeninfrastruktur und Personal möglich ist. Unser Institut entwickelt Software, die sowohl die Betriebssicherheit als auch die Sicherheit der zu verarbeitenden Daten gewährleistet. Im maritimen Bereich kommt sie zum Beispiel in autonomen Systemen an Land, auf und unter dem Wasser sowie in der Luft zum Einsatz.
Können Sie Beispiele für Aktivitäten im Bereich maritimer Forschung nennen?
Prof. Axel Hahn: Das DLR-Institut für Systems Engineering für zukünftige Mobilität hat das Testfeld e-Maritime Integrated Reference Platform (eMIR) entwickelt: Eine Forschungs- und Technologieplattform für hochautomatisierte Assistenzsysteme und autonome Schifffahrt. Es trägt dazu bei, die Schifffahrt von morgen sicherer und effizienter zu machen. Hierfür wurde das Seegebiet von Brunsbüttel über Cuxhaven und Wilhelmshaven bis nach Helgoland instrumentiert. Ein weiteres Projektbeispiel ist der Anlege-Assistent SmartKai: In die Kaimauer sind Laser-, Radar- und Umweltsensoren integriert. Die damit ermittelten Daten werden auf einem Tablet auf der Brücke angezeigt. So unterstützt die hafenseitige Sensorik das Schiffsführungs- und Lotsenpersonal beim Anlegen.
Wie arbeiten Sie mit den unterschiedlichen DLR-Instituten zusammen?
Prof. Axel Hahn: Im Rahmen des maritimen Forschungsprogramms arbeiten wir eng mit vielen DLR-Instituten in strategischen Arbeitskreisen zusammen. Mit dem DLR-Institut für den Schutz maritimer Infrastrukturen besteht eine Kooperation, um maritime Lagebilder zu erstellen. Unsere Technologien können dabei helfen, entsprechende Software-Systeme für solche Lagebilder abzusichern und deren korrekte Funktionsweise sicherzustellen. Im DLR-Institut für Maritime Energiesysteme liegt der Fokus auf dekarbonisierten Antriebskonzepten. Anknüpfungspunkte sind hier Softwaresysteme, die einen möglichst effizienten Betrieb dieser Schiffe unterstützen. Zusammen mit dem DLR-Institut für Kommunikation und Navigation haben wir bereits ein maritimes System entwickelt, um Kollisionen von Schiffen zu vermeiden.
Im Projekt FuturePorts arbeiten wir ebenfalls mit zahlreichen DLR-Instituten zusammen. Gemeinsam entwickeln wir ein System für das Verkehrsmanagement. Es soll eine innovative, effiziente und ressourcenschonende Verkehrsführung im Zulauf und im Hafenbecken ermöglichen. Dazu kombiniert es land- und schiffseitige Daten und ist fit für hochautomatisierte Schiffe.
Gibt es Kooperationen mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen und der Industrie?
Prof. Axel Hahn: Auch in der maritimen Forschung ist das DLR weltweit vernetzt. Das reicht von den skandinavischen Ländern über Japan bis hin zu Australien. Zudem gibt es auch an der Nord- und Ostseeküste eine ausgeprägte Zusammenarbeit: Das Projekt SmartKai wurde in Zusammenarbeit mit Niedersachsen Ports, dem Sensorhersteller Sick sowie dem Start-up Humatects durchgeführt. Aktuell entwickelt das DLR mit Niedersachsen Ports ein autonomes Baggerschiff, das die Häfen von Schlick befreien soll, der mit der Flut regelmäßig in die Häfen gespült wird.
Wie sieht der Technologietransfer aus der Forschung in die Wirtschaft aus?
Prof. Axel Hahn: Zwei Drittel unserer Projekte basieren auf Kooperationen mit Industrieunternehmen und unterstützen die Entwicklung konkreter Projekte. Aus dem Projekt SmartKai werden wir ein Spin-off gründen. Diese Ausgründung soll das Assistenzsystem zum sicheren Anlegen von Schiffen auf den Markt bringen. Hier sind wir bereits mit interessierten Firmen aus aller Welt im Gespräch und haben die Technologie so positioniert, dass sie dann wirtschaftlich durchstarten kann.