DLR nimmt neue Forschungsanlage für Flugzeug- und Kraftwerksturbinen in Betrieb
- DLR stellt neue Großforschungsanlage vor.
- Damit sollen umweltfreundlichere Turbinen erforscht werden.
- Es wurden 3,7 Millionen Euro investiert.
- Schwerpunkt: Luftfahrt, Energie
Umweltfreundlichere Flugzeug- und Kraftwerksturbinen sind ein wichtiges Mittel für die geplante Energiewende. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Göttingen hat zur Erforschung dieser Turbinen eine neue Großforschungsanlage vorgestellt. Insgesamt wurden 3,7 Millionen Euro in den sogenannten Ringgitterprüfstand Göttingen investiert.
Beim Ringgitterprüfstand handelt es sich um eine weltweit einmalige Anlage, die sogenannte aeroelastische Phänomene an Turbinen untersuchen kann. Alles, was sich durch die Luft bewegt oder von Luft umströmt wird, wird in Schwingung versetzt – es ist aeroelastisch (nach den griechischen Wörtern für Luft und dehnbar). Somit müssen auch die Schaufeln von Turbinen aeroelastisch untersucht werden. Im Ringgitterprüfstand sind die Turbinenschaufeln in einem kreisförmigen Ring angeordnet wie in realen Turbinen, daher der Name.
Ziel: umweltfreundlichere Turbinen
Die Fragen, die in der Anlage untersucht werden sollen, sind aktueller denn je: Wie können künftige Flugzeug- und Kraftwerksturbinen umweltfreundlicher werden? Welche Auswirkungen haben dabei neue, leichtere Materialien? Und welche Auswirkungen haben nichtfossile Brennstoffe wie Wasserstoff?
„Das DLR stellt solche einzigartigen Anlagen der Industrie nicht nur ‚zur Verfügung‘, sondern wir gestalten so gemeinsam und aktiv Technologietransfer von der Forschung in die Industrie: Wir können anwendungs- und bedarfsorientiert forschen und unsere Partner können Vorreiter im Markt mit innovativen Produkte werden“, sagt Prof. Karsten Lemmer, Vorstand für Innovation, Transfer und wissenschaftliche Infrastrukturen im DLR.
Anlage zuvor in der Schweiz im Einsatz
Die Anlage an sich ist bereits eine nachhaltige Investition, da sie ursprünglich 1976 an der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne in der Schweiz in Betrieb genommen wurde und jetzt in Göttingen quasi ein ‚zweites Leben‘ erhält. Bereits damals war sie zur Erforschung aeroelastischer Phänomene von Flugzeugtriebwerken im Einsatz und wurde auch von Göttinger Forscherinnen und Forschern genutzt. Nachdem die Universität Lausanne einen Schwerpunktwechsel vollzog, sollte die Anlage verschrottet werden. Die Göttinger Forscher bewahrten sie 2012 vor diesem Schicksal, demontierten sie und transportierten sie auf fünf Sattelschleppern nach Göttingen.
Anschließend wurde die Anlage einem Modernisierungsprogramm unterzogen. Sie musste an den neuen Standort angepasst werden, es gab neue Rohrleitungen, einen neuen Kühler. Außerdem wurden Motor und Kompressor überholt und höhere Strömungsgeschwindigkeiten ermöglicht, die das Einsatzspektrum erhöhen.
Wasserstoff als neuer Brennstoff
„Auf dem Weg zum klimaneutralen Fliegen müssen Flugzeuge ihre Effizienz gegenüber heutigen Modellen nochmals verdoppeln. Denn je weniger Energie ein Flugzeug benötigt, umso weniger müssen wir an regenerativer Energie in Form von Strom, Wasserstoff oder nachhaltigem Kerosin für einen Flug bereitstellen. Dafür sind auch deutlich leichtere hocheffiziente Antriebe nötig, die keinerlei Abstriche bei Sicherheit und Zuverlässigkeit machen“, erklärt Dr. Markus Fischer, DLR-Bereichsvorstand Luftfahrt. „Der neu in Göttingen aufgebaute Ringgitterprüfstand wird uns zukünftig ermöglichen, das Zusammenspiel zwischen Luftkräften und Struktur sowie das resultierende Schwingungsverhalten neuartiger Triebwerksschaufeln exakt zu testen. Dabei wollen wir insbesondere auch mit den neuen Testmöglichkeiten untersuchen, wie zukünftige Triebwerke und Triebwerksschaufeln optimal für die Wasserstoffdirektverbrennung ausgelegt werden können.“ Die neue und gleichzeitig alte Forschungsanlage wird von der Industrie sehnsüchtig erwartet – bereits jetzt gibt es zahlreiche Aufträge aus dem Bereich der Luftfahrt- und Kraftwerkindustrie.