Forschung per Fingerabdruck gegen schädliche Bakterien
- In Schulen, auf der ISS und in einer Klinik werden neuartige antimikrobielle Oberflächen getestet.
- Experiment für Schülerinnen und Schüler startet: 15 Wochen lang berühren die jungen Forschenden regelmäßig unterschiedliche Metalle und Strukturen.
- Interdisziplinäres Projekt soll die Verbreitung von Mikroorganismen eindämmen.
- Schwerpunkte: Raumfahrt, Medizin, Materialforschung, Cosmic Kiss
Mikroorganismen sind ständige Begleiter von Menschen. Und Menschen verteilen sie überall – nicht nur auf der Erde, sondern auch auf der Internationalen Raumstation ISS. Manche Mikroorganismen sind harmlos. Andere dieser mikroskopisch kleinen Lebewesen lösen schwere Krankheiten aus oder verursachen sogar Materialschäden auf der ISS. Wie das verhindert werden kann, untersucht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit dem Experiment Touching Surfaces. Es wird auf der ISS, an der Uniklinik Köln und jetzt auch von Schülerinnen und Schülern durchgeführt.
Dazu bekommen zehn ausgewählte Schulen besondere Probenträger, die sogenannten Touch Arrays. Auf ihnen sind Kupfer-, Messing- und Stahlflächen in einem Aluminiumrahmen verschraubt, jeweils mit drei verschiedenen Oberflächenstrukturen. Über 15 Wochen berühren die Schülerinnen und Schüler der Projektteams einmal wöchentlich alle Metallflächen der Touch Arrays. Die Zehn- bis 16-Jährigen hinterlassen dabei ihre Fingerabdrücke – und ihre ganz alltäglichen Mikroorganismen, die sonst zum Beispiel auf Türklinken oder Lichtschaltern haften. „Nachdem die jungen Forschenden die Touch Arrays angefasst haben, waschen und desinfizieren sie ihre Hände“, sagt Prof. Ralf Möller vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln. „Der Ablauf ist genau festgelegt und die Ergebnisse sind wissenschaftlich vergleichbar, genau wie bei unserem Parallelexperiment auf der ISS.“
Im Versuchspaket für die Schulen befinden sich außer den Touch Arrays noch Stäbchen für Abstriche, Petrischalen und Probenentnahmegefäße für DNA-Tests von mikrobieller Kontamination. Die Proben werden in Zusammenarbeit mit den DLR_School_Labs ausgewertet. „Mit dem Experiment erhalten die Teilnehmenden Einblicke in die interdisziplinäre Forschung: Biologie, Medizin, Physik, Chemie und Materialwissenschaften kommen bei Touching Surfaces zusammen“, sagt Ralf Möller.
Kupfer, Messing und Stahl haben unterschiedliche Effekte auf Mikroorganismen
Nicht nur die Metalle, auch die unterschiedlichen Oberflächenstrukturen auf den Touch Arrays wirken sich auf die Bakterien aus. Jeweils eine Fläche ist glattpoliert, in zwei wurden mit einem Laser winzige Muster geschossen. „Die strukturierten Oberflächen haben gerade im Zusammenhang mit Kupfer zusätzliche Effekte auf die Inaktivierung von Mikroorganismen“, erklärt Ralf Möller. Kupfer besitzt generell antimikrobielle Eigenschaften und kann Bakterien unschädlich machen. Messing ist eine Mischung aus Kupfer und Zink. Stahl dient als Vergleichsmetall.
Welche Bakterien haften an welchen Flächen?
Im Projekt Touching Surfaces wird gemeinsam mit der Universität des Saarlandes unter anderem untersucht, welche Mikroorganismen an welchen Oberflächen haften. Außerdem geht es um die Frage, ob es Unterschiede zwischen den Proben aus den Schulen, der Uniklinik und der ISS gibt und welche Schlüsse daraus gezogen werden.
Touching Surfaces soll die Wirksamkeit von antimikrobiellen Oberflächen für den Einsatz im Weltall und auf der Erde erhöhen. Diese Oberflächen sind auch für die Bekämpfung von Infektionskrankheiten wichtig. Sie können zum Beispiel in Krankenhäusern zur Abtötung antibiotikaresistenter Bakterien wie MRSA (Methicillin-resistente Staphylokokken) oder VRE (Vancomycin-resistente Enterokokken) beitragen und dafür sorgen, dass sich Erreger nicht mehr über Kontaktflächen verbreiten.
Das Projekt ist Teil der Weltraummission Cosmic Kiss von ESA-Astronaut Matthias Maurer, der Anfang November zur ISS gestartet ist. Matthias Maurer und andere Astronauten berühren die Touch Arrays ebenfalls wöchentlich und übertragen so die Mikroorganismen von ihren Händen auf die Oberflächen. Die fünf Touch Arrays von der ISS werden später zur Erde zurückgeschickt und im DLR analysiert.