Grünes Licht für den ersten eigenen Satelliten der europäischen "Datenautobahn im All"
- Schwerpunkte: Digitalisierung, Raumfahrt, BigData
Das Europäische Datenrelais-Satellitensystem EDRS, auch bekannt als "Datenautobahn im All", setzt einen neuen Standard in der Echtzeit-Datenübertragung: Die innovativen Laserknoten können Datenvolumen von bis zu 1,8 Gigabit pro Sekunde mit minimalem Zeitverzug auf die Erde transportieren. Der erste Kommunikationsknoten des Programms, EDRS-A, ist am 29. Januar 2016 gestartet und bietet seine Relais-Dienste schon für die Datenweitergabe von vier Sentinel-Satelliten des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus an. Der Vorteil: Die Erdbeobachtungsatelliten können mit dem Relais-Satelliten deutlich mehr Daten deutlich schneller zur Erde und damit auch zu den Endnutzern liefern (siehe Infokasten). Der erste eigene Satellit für EDRS - EDRS-C - wurde in Deutschland entworfen, gebaut und getestet. Er wurde in den vergangenen elf Monaten final auf Herz und Nieren geprüft und tritt voraussichtlich im Juni 2019 seine Reise zum Europäischen Raumflugzentrum der ESA nach Kourou an, von wo er am 24. Juli 2019 an Bord einer Ariane-5-Trägerrakete in den geostationären Orbit aufbrechen soll.
EDRS ist eine Private-Public-Partnership der europäischen Raumfahrtagentur ESA und des industriellen Hauptauftragnehmers Airbus. Mit einer Beteiligung von rund 235 Mio. Euro (61 Prozent) trägt Deutschland den Hauptanteil im entsprechenden ESA-Programm. Das Raumfahrtmanagement im DLR steuert im Auftrag der Bundesregierung mit Mitteln des BMWi diese Beiträge.
EDRS-C - ein deutsches Produkt...
Der EDRS-C-Satellit gilt als ein Meilenstein in dem Programm: Er folgt einem ersten experimentellen Laser-Kommunikationsterminal, gestartet 2013 auf dem europäischen Telekommunikationssatelliten Alphasat, sowie dem operationellen Kommunikationsknoten EDRS-A. "Mit EDRS-C soll das Netzwerk seinen ersten eigenen Satelliten erhalten. EDRS-C ist vollgespickt mit deutscher Hochtechnologie und folgt der Strategie, in Deutschland einen Systemanbieter für Telekom-Satelliten zu etablieren. Das deutsche Engagement unterstützt somit die Systemkompetenz für Telekommunikationssatelliten und -Nutzlasten und sichert uns den technologischen Vorsprung im Bereich der optischen Kommunikation", betont Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstand für das Raumfahrtmanagement.
Zu EDRS-C haben praktisch alle großen deutschen Raumfahrtstandorte beigetragen. Es ist der zweite Telekommunikationssatellit der Bremer OHB System AG und er erweitert die SmallGEO-Produktlinie relativ leichter geostationäre Satelliten um eine rein chemisch angetriebene Variante. Das Herzstück des Satelliten bildet das Laser-Terminal: Die Backnanger Firma Tesat steuert dabei nicht nur die Technologie bei, sondern hat die Gesamtverantwortung für die EDRS-Kommunikationsnutzlast. Diese umfasst auch Wanderfeldröhren von Thales Ulm, dem europäischen Standort für Radiofrequenz-Verstärkerelemente.
Wichtige Subsysteme und Komponenten der Satellitenplattform kommen ebenfalls von Zulieferern aus Deutschland. So stammt das chemische Antriebssystem von der Ariane Group in Lampoldshausen. Strukturelemente des Satelliten und Drucktanks wurden von der Firma MT Aerospace in Augsburg beigesteuert. Mit dem Sternsensor von Jena Optronik und den Drallrädern von Collins Aerospace aus Heidelberg wurden zudem zentrale Elemente der Lagesensorik und -Regelung in Deutschland gefertigt.
Die umfangreichen Satellitentests vor dem Start wurden bei der IABG und Airbus in Ottobrunn durchgeführt. Airbus betreibt bereits EDRS-A und wird nach dem Start von EDRS-C auch für diesen Satelliten die Missionskontrolle übernehmen. Mit Unterstützung des DLR und der ESA ist Airbus damit in der Lage, einen weltweit einzigartigen Dienst anzubieten. Die Steuerung der Nutzlasten sowie die Kontrolle des EDRS-C-Satelliten hat das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum des DLR in Oberpfaffenhofen im Auftrag von Airbus übernommen. In den Aufbau des gesamten EDRS-Bodensegments und die Vorbereitungen des Betriebs investierte das DLR aus Forschungsmitteln 8,7 Millionen Euro. Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie stellte 7,5 Millionen Euro zur Verfügung.
... und ein europäisches Projekt
Trotz der großen deutschen Anteile ist EDRS ein europäisches Projekt, an dem sich 14 ESA-Mitgliedsstaaten beteiligen. Mit "Copernicus" hat EDRS einen wichtigen Ankerkunden in Europa. Zudem benötigt die optische Kommunikationsnutzlast auf EDRS-C nicht alle Ressourcen, der Satellit beherbergt auch eine Nutzlast des britischen Satellitenbetreibers Avanti. Nach einem Aufruf der ESA während der Designphase des Satelliten hatten sich mehrere Interessenten gemeldet. Avanti mit der kommerziellen Nutzlast "HYLAS 3" hat dabei den Zuschlag erhalten und trägt somit auch anteilige Plattform- und Startkosten.
- So funktioniert EDRS
Das Prinzip der europäischen "Datenautobahn im All" lässt sich gut anhand des Zusammenspiels der Sentinel-Satelliten des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus und EDRS verdeutlichen. Ohne EDRS können die in einem niedrigeren Orbit kreisenden Erdbeobachtungssatelliten ihre Daten nur dann direkt zur Erde senden, wenn sie gerade über eine Bodenstation fliegen. Das ist innerhalb ihrer Umlaufzeit von eineinhalb Stunden für nur etwa zehn Minuten der Fall. Im Gegensatz dazu bleiben die EDRS-Kommunikationsknoten deutlich länger für die Sentinel-Satelliten sichtbar, nämlich während der Hälfte ihrer Umlaufzeit, das heißt zirka 45 Minuten lang. Daten können mit EDRS also über einen deutlich längeren Zeitraum gesendet werden. Die Daten werden dabei auch direkt nach Europa gesendet, sodass man nicht auf Bodenstationen außerhalb Europas angewiesen ist. Die Sentinel-Satelliten nutzen diesen Dienst täglich, und bislang wurden mit 20.000 solcher Satellitenverbindungen bereits deutlich mehr als 1 Petabyte an Daten übertragen.