24. Februar 2017 | Erster SmallGEO-Satellit "made in Germany" ist im All

Europas neue geostationäre Satellitenplattform für den Telekommunikationsmarkt

  • Mit dem Telekommunikationssatelliten Hispasat 36W-1 ist am 28. Januar 2017 um 02.03 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (27. Januar, 22.03 Uhr Ortszeit) der erste Satellit einer neuen, wesentlich in Deutschland entwickelten und gebauten Satellitenplattform ins All gestartet.
  • Deutschland ist der größte Beitragszahler des SmallGEO-Programms der ESA und hat rund 150 Millionen Euro (42,5 Prozent des Gesamtbudgets) in die Entwicklung der Plattform und der Nutzlast investiert.
  • Hispasat 36W-1 wird die Iberische Halbinsel, die kanarischen Inseln und Südamerika mit Multimediadiensten versorgen.

Mit dem Telekommunikationssatelliten Hispasat 36W-1 ist am 28. Januar 2017 um 2.03 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (27. Januar, 22.03 Uhr Ortszeit) der erste Satellit einer neuen, wesentlich in Deutschland entwickelten und gebauten Satellitenplattform ins All gestartet: SmallGEO ist ein Programm für relativ leichte geostationäre Satelliten, die mit etwa drei - statt klassischerweise sechs oder acht - Tonnen in 36.000 Kilometer Höhe um die Erde kreisen.

Die Plattform ist modular aufgebaut und kann verschieden konfiguriert und eingesetzt werden - vor allem für den kommerziell interessanten Markt der Telekommunikationsdienstleistungen. Der erste SmallGEO-Satellit startete nun vom Weltraumbahnhof der Europäischen Weltraumorganisation ESA in Kourou (Französisch-Guyana) an Bord einer Sojus-Trägerrakete.

Deutsche Systemfähigkeit in der Telekommunikation

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat die Entwicklung dieser "kleinen" Satellitenplattform mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) wesentlich unterstützt: Deutschland ist der größte Beitragszahler des SmallGEO-Programms der ESA und hat rund 150 Millionen Euro (42,5 Prozent des Gesamtbudgets) in die Entwicklung der Plattform und der Nutzlast investiert. Hauptauftragnehmer für den Satelliten ist ein Industrieteam unter Federführung der OHB System AG in Bremen."SmallGEO zeigt damit seit dem Programm DFS-Kopernikus, dessen letzter Satellit Anfang der 1990er Jahre gestartet wurde, dass Deutschland wieder in der Lage ist, Kommunikationssatelliten zu entwickeln und zu bauen", betont Dr. Gerd Gruppe, Vorstand des DLR Raumfahrtmanagements, und ergänzt: "Die jetzt gestartete Mission markiert den Markteintritt und ist ein wichtiger Meilenstein. Mit SmallGEO erreichen wir eine neue Systemfähigkeit in Deutschland. Das stärkt unsere Industrie, auch im internationalen Wettbewerb. Zudem wird damit ein zentrales Ziel der deutschen Raumfahrtstrategie umgesetzt."

Kompetenz aus Deutschland bei der Nutzlast

Hispasat 36W-1 wird die Iberische Halbinsel, die kanarischen Inseln und Südamerika mit Multimediadiensten versorgen. Die deutsche Firma Tesat Spacecom aus Backnang hat für diese Mission erstmals eine komplette Kommunikationsnutzlast ausgelegt und gebaut. Einen Teil dieser Nutzlast bildet der "Ka-Band Demonstrator", eine Kommunikationseinheit mit einer besonders großen Bandbreite an Frequenzen. Zu dieser Nutzlasteinheit gehören eine neuartige Ansteuerungseinheit und drei Leistungsverstärker. Beide Technologien werden im Weltall erprobt und sollen die Satellitenkommunikation flexibler machen. Denn bisher waren die Telekommunikationssatelliten relativ starr: Einmal ins All geschossen, sendeten sie über ihre gesamte Lebensdauer von rund 15 Jahren hinweg immer im selben Frequenzbereich und mit einer fest eingestellten Leistung. "Das ist heute nicht mehr zeitgemäß und geht am Markt vorbei. Ein flexibler Leistungsverstärker kann - wenn nötig - die Intensität verstärken oder verringern. Das spart Strom, der dann für andere Anwendungen zur Verfügung steht", verdeutlicht Dr. Frank Bensch, SmallGEO-Programmleiter beim DLR Raumfahrtmanagement.

Die ersten Wochen

Die Steuerung und Kontrolle des Satelliten in den ersten zehn Tagen nach dem Launch - der sogenannten "Launch and Early Orbit Phase" - übernehmen die Ingenieure und Wissenschaftler des Deutschen Raumfahrtkontrollzentrums (GSOC) beim DLR in Oberpfaffenhofen und an der Bodenstation in Weilheim. "In der ersten Phase überprüfen wir intensiv die Funktion der Satellitenplattform und bringen den Satelliten auf seine geostationäre Umlaufbahn. Im Anschluss daran folgen die In-Orbit-Tests, die vor allem Nutzlasttests mit den Transpondern und Antennen umfassen, bevor der Satellit dann nach einigen Wochen an das Kontrollzentrum des spanischen Satellitenbetreibers Hispasat bei Madrid übergeben wird", erklärt Thomas Kuch, Abteilungsleiter für den Missionsbetrieb im DLR.

Blick in die Zukunft

DLR-Programmleiter Frank Bensch, ergänzt: "Hispasat 36W-1 ist der Beginn einer eigenen Produktlinie." So basieren auf "SmallGEO" die derzeit im Bau befindlichen europäischen Wettersatelliten Meteosat Third Generation. In der Folgemission EDRS-C - geplanter Start im Herbst 2017 - wird die SmallGEO-Plattform um eine rein-chemisch angetriebene Variante erweitert. EDRS-C wird Teil des europäischen Datenrelaissystems EDRS, einer Datenautobahn im All, die bereits 2016 mit ihrem ersten Satelliten EDRS-A den Betrieb aufgenommen hat. Die SmallGEO-Plattform bereitet auch die deutsche Satellitenmission DLR Raumfahrtmanagement - Heinrich Hertzmit Startdatum 2020 vor. Bei der Mission Electra, die 2022 folgen soll, wird eine Plattformvariante mit voll elektrischem Antrieb entwickelt. Dadurch kann die Nutzlast bei gleicher Satellitenmasse nahezu verdoppelt werden.

  • SmallGEO - Programm und Beteiligte

    SmallGEO ist Teil eines Entwicklungsprogramms für Telekommunikationssysteme der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Hauptauftragnehmer für den Satelliten ist die OHB System AG in Bremen. Ferner ist der spanische Satellitenbetreiber Hispasat im SmallGEO-Programm Partner der ESA und der erste Kunde des Satelliten. Der Hauptauftragnehmer für die Nutzlast ist die Tesat-Spacecom GmbH und Co. KG aus Backnang. Die Sternsensoren liefert die Jena-Optronik GmbH. Insgesamt sind zwölf ESA-Mitgliedsstaaten an dem Programm beteiligt. Spanien, Schweden, die Schweiz und Italien sind neben Deutschland die wichtigsten Beitragszahler. Deutschland ist mit 42,5 Prozent Programmführer. Neben der System- und der Nutzlastkompetenz kann Deutschland auf eine starke Zulieferer-Basis aufbauen. So kommen mit den Solarzellen von Azur und dem Solargenerator von Airbus Defense and Space große Teile der Stromversorgung aus Heilbronn beziehungsweise Ottobrunn. Die Xenon-Tanks wurden von MT Aeropace aus Augsburg und die Treibstofftanks von Airbus Safran Launchers aus Bremen geliefert. Weitere Zulieferer sind Airbus DS aus Friedrichshafen, Airbus Safran Launchers aus Lampoldshausen, Jena Optronik und Rockwell Collins aus Heidelberg. Die Satellitentests wurden bei IABG und Airbus DS, beide Ottobrunn, durchgeführt.

Verwandte Links

Kontakt

Elisabeth Mittelbach

Kommunikation & Presse
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Deutsche Raumfahrtagentur im DLR, Gruppenleiterin Kommunikation
Königswinterer Str. 522-524, 53227 Bonn
Tel: +49 228 447-385

Dr. Frank Bensch

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Deutsche Raumfahrtagentur im DLR
Satellitenkommunikation
Königswinterer Str. 522-524, 53227 Bonn

Thomas Kuch

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
DLR-Raumfahrtkontrollzentrum
Leiter Missionsbetrieb im Deutschen Raumfahrt-Kontrollzentrum
Münchner Straße 20, Oberpfaffenhofen-Wessling