1. Juni 2018 | 15 Jahre Mission Mars Express

Zahlreiche Erkenntnisse über die Entwicklung des Klimas und geologische Geschichte des Mars dank hochaufgelöster Bilder

Am 2. Juni 2018 jährt sich der Start der europäischen Raumsonde Mars Express zum 15. Mal. Heute noch im Orbit um den Mars, markiert Mars Express eine der erfolgreichsten Raumfahrtmissionen, die jemals zu unserem Nachbarplaneten geschickt wurden. Eines der Instrumente, das nach wie vor arbeitet, ist die deutsche "High Resolution Stereo Camera" (HRSC). Im Oktober 2017 nahm die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebene, hochauflösende Stereokamera eine spektakuläre globale Ansicht des Mars auf, die die Schönheit unseres einst vulkanisch sehr aktiven Nachbarplaneten zeigt. Mitarbeiter der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin erstellten die hier gezeigten Bildprodukte. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgte am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof.

Das Besondere an dem hier gezeigten Farbbild des Mars ist, dass es den Planeten in einer globalen Ansicht abbildet. Der Blick geht von der nördlichen Tiefebene über das Hochland Tharsis nach Süden. Das Bild ist eines von über 1000 Ansichten und Videos, die seit dem Start der Mars Express-Mission gemeinsam von ESA, DLR und FU Berlin veröffentlicht wurden. Während der letzten 15 Jahre hat das HRSC-Instrument viel geleistet, um unseren Nachbarplaneten Mars in all seinen Facetten zu zeigen. Sogar jetzt noch, nach nahezu 18.000 Marsumrundungen, schickt die Kamera zuverlässig Daten zur Erde, die unser Wissen zum Roten Planeten bereichern.

Dramatischer Klimawandel vor etwa 3,8 Milliarden Jahren

Schon seit der NASA-Mission Mariner 9 im Jahr 1971 ist den Wissenschaftlern klar, dass Wasser über den Mars geflossen sein muss. Täler, die heute allesamt staubtrocken sind, legen davon Zeugnis ab. Deshalb war es eines der wichtigsten wissenschaftlichen Ziele von Mars Express und dabei auch des HRSC-Experiments, die Klimageschichte des Mars zu entschlüsseln: Wohin ist das ganze Wasser verschwunden? Was ist die Ursache für einen dramatischen Klimawandel vor dreieinhalb bis vier Milliarden Jahren? Auffallend ist nämlich, dass sich sowohl die Art der Täler wie auch die Mineralogie von Gesteinen, die mit Wasser in Berührung gekommen sind, stark verändert haben. Waren es bis vor etwa 3,8 Milliarden Jahren verästelte Talsysteme, die auf Oberflächenabfluss ähnlich wie auf der Erde hinweisen und auf einen Wasserkreislauf mit Niederschlägen schließen lassen, waren es später lange große, oft nahezu geradlinig verlaufende und kanalartige Täler, die auf Wasserquellen aus dem Untergrund hindeuten und auf eine eher episodische, dafür sehr heftige Aktivität schließen lassen.

Blick von der nördlichen Tiefebene (unten) über das Hochland Tharsis nach Süden.
Credit:

ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO .

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Zudem fand das französische Spektrometer OMEGA auf Mars Express heraus, dass sich mit diesem Wechsel auch eine Veränderung der Mineralogie einstellte. Ältere Ablagerungen enthalten wasserhaltige Tonminerale, die typisch sind für vulkanisches Gestein, das in der Anwesenheit von Wasser verwittert. Jüngere Sedimente hingegen enthalten wasserhaltige Salze wie Gips, einem Kalziumsulfat, oder Kieserit, einem Magnesiumsulfat. Das wässrige Milieu wurde also wesentlich saurer und damit auch lebensfeindlicher (was bei Überlegungen, ob und wann der Mars Leben beherbergen konnte, eine Rolle spielt). Die Ursache für diesen Wandel ist noch nicht bekannt. Es gibt Überlegungen, dass der Mars um diese "Klimawende" auch sein einst vorhandenes, schwaches aktives Magnetfeld verloren hat, was auf die Ausgesetztheit der Atmosphäre gegenüber Sonnenwind, UV- und kosmischer Strahlung zurückzuführen ist, die diese stark ausgedünnt haben.

Die Vulkanregion Tharsis - bis zu fünf Kilometer hohe "Beule" in der Marskruste

Die Region Tharsis, die auf dieser globalen Ansicht zu sehen ist, gehört zu den geologisch interessantesten und am meisten erforschten Gebieten auf dem Mars. Die HRSC-Ansicht führt von Nordwesten nach Südosten über das Tharsis-Gebiet: von der Nordpoleiskappe in der unteren linken Ecke des Bildes über die gigantischen Vulkane Alba Mons, einen Teil von Olympus Mons, die Tharsis-Vulkane Ascraeus und Pavonis Mons, die sich als dunkle Flecken über die Wolkendecke erheben, und schließlich über das netzartige Noctis Labyrinthus und das Talsystem Valles Marineris mit seinen charakteristischen dunkel gefärbten Ablagerungen an der oberen linken Bildseite. Der hellblaue atmosphärische Dunst markiert den sogenannten "limb" oder Planetenrand (die sichtbare Grenze zwischen Planet und Weltraum), der sich in der Nähe des Äquators befindet.

Tharsis ist eine ehemals vulkanisch und tektonisch aktive Region in der Nähe des Marsäquators. Sie erstreckt sich über einen großen Teil der westlichen Hemisphäre und enthält die weitaus meisten der Marsvulkane. Die Region bildet eine fast fünf Kilometer hohe "Beule" im Marshochland und erhebt sich zehn Kilometer über die "Mars-Bezugshöhe": Da es auf dem Mars keinen Meeresspiegel gibt, entspricht die Bezugshöhe einer sogenannten Äquipotentialfläche, die durch ein bestimmtes Druckniveau in der Atmosphäre definiert ist. Vulkanismus in Tharsis steht im Zusammenhang mit mehreren Vulkanzentren, von denen das älteste in der Thaumasia-Region im südlichen Hochland liegt (sichtbar in der oberen rechten Ecke des Bildes). Weitere, später aktive Vulkanzentren befinden sich in Syria Planum, bei Pavonis und bei Alba Mons. Eine Vielzahl von sternförmig und rings umlaufend angeordneten sogenannten vulkanischen Gangschwärmen in der Tharsis-Region können zu diesen verschiedenen Vulkanzentren zurückverfolgt werden.

Die Entwicklung unterschiedlicher Vulkanzentren in Tharsis erforderte eine langlebige Magmazufuhr, möglicherweise durch einen oder mehrere Manteldiapire (mantle plumes), die ihre Lage mit der Zeit verändert haben. Manteldiapire sind pilzförmige Körper aus Gestein erhöhter Temperatur innerhalb des zähplastischen Marsmantels, die eine geringere Dichte im Vergleich zur Umgebung besitzen und deshalb bis zur oberen elastischen Schicht des Planeten, der Lithosphäre, aufsteigen. Solche heißen, aufsteigenden Manteldiapire können Intrusionen, Magmakammern und große Vulkanprovinzen erzeugen.
An der oberen linken Bildseite ist das Talsystem der Valles Marineris auszumachen, dessen Ursprung und Entwicklung stark mit der Vulkanprovinz Tharsis verknüpft ist. Spannungen, die im Zusammenhang mit der Tharsis-Aufwölbung stehen, führten zu Dehnungsbrüchen in der Kruste.

Ausdehnung des HRSC-Bildstreifens des Orbits 17.444
Credit:

NASA/MGS/MOLA Science Team, FU Berlin.

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Ausdehnung des HRSC-Bildstreifens des Orbits 17.444
Credit:

NASA/Viking, FU Berlin.

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  • Bildverarbeitung

    Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 12. Oktober 2017 während Orbit 17444 von Mars Express. Die Auflösung im Bildzentrum beträgt ungefähr einen Kilometer pro Bildpunkt (Pixel). Die Bildmitte liegt bei etwa 245 Grad östlicher Länge und 25 Grad nördlicher Breite. Die Farbaufsicht wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt. Die Umgebungskarten basieren auf Daten der Viking-Mission und des Mars Orbiter Laser Altimeter (MOLA)-Experiments an Bord der Mars Global Surveyor (MGS)-Mission der NASA.

  • Das HRSC-Experiment auf Mars Express

    Die High Resolution Stereo Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 52 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und 11 Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.

Verwandte Links

Kontakt

Prof. Dr. Ralf Jaumann

Freie Universität Berlin
Institut für Geologische Wissenschaften
Planetologie und Fernerkundung
Malteserstr. 74-100, 12249 Berlin

Elke Heinemann

Leitung Digitale Kommunikation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-1852

Ulrich Köhler

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin

Ernst Hauber

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Planetologie
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin