5. Oktober 2017 | Mission Mars Express

Facettenreiche Dünen auf dem Wüstenplaneten Mars

  • Die Untersuchung der Form und Struktur von Dünen ermöglicht es, viel über den Wind als gestaltende Kraft auf unserem Nachbarplaneten zu erfahren.
  • Das dunkle Material, aus dem einige der Dünen auf den Bildern bestehen, ähnelt stark vulkanischer Asche auf der Erde.
  • Schwerpunkt(e): Raumfahrt, Planetenforschung

Diese Bilder einer Marslandschaft zeigen zwei Einschlagskrater mit Dünenfeldern, die tief im südlichen Hochland des Mars gelegen sind. Aufgenommen hat sie die hochauflösende Stereokamera HRSC (High Resolution Stereo Camera) an Bord der ESA-Raumsonde Mars Express. Die HRSC wird vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betrieben, das die Kamera auch entwickelt hat.

Wo es Sanddünen gibt, gibt es Wind - denn nur durch ihn können sie entstehen. Das gilt für die Erde genauso wie für den Mars oder sogar den eisigen Saturnmond Titan. Sie sind daher typische Indikatoren für Windaktivität oder, wie es Geowissenschaftler ausdrücken, äolischer Prozesse. Durch die Untersuchung von Form und Struktur der Dünen können wir einiges über den Wind als gestaltende Kraft auf unserem Nachbarplaneten erfahren.

Das Dünenfeld in dem größeren der beiden Einschlagskrater auf den Bildern besteht aus vielen kleinen und einigen großen sichelförmigen Dünen (sogenannte Barchane). Dort, wo mehr Sand vorhanden war, sind die einzelnen Dünen seitlich aneinander gewachsen. Dadurch entstanden parallele, leicht wellenförmige Reihen, die quer zur Windrichtung liegen. Solche Dünentypen nennt man barchanoide Rücken. Auch in dem kleineren Krater kommen diese beiden Dünenformen vor: Sicheldünen oder Barchane sind die häufigste Art von Dünen, die man auf dem Mars findet. Ganz im Gegensatz zur Erde, hier sind Längsdünen (Lineardünen/Longitudinaldünen) am häufigsten anzutreffen.

Woher weht der Wind? - Die Dünen verraten es

Welcher Dünentyp sich entwickelt, hängt in erster Linie von der Anzahl der Windrichtungen und der zur Verfügung stehenden Menge an Sand ab. Wenig Sand und nur eine einzige Windrichtung ergeben beispielsweise die auf dem Mars so häufigen Sicheldünen. Am südlichen Rand des Dünenfeldes innerhalb des großen, fast 50 Kilometer messenden Kraters (links in den Bildern) erstreckt sich eine einzelne langgezogene Querdüne, die aus dem Hauptfeld herausragt. Die ungewöhnliche Struktur mit einer Länge von einigen Kilometern ähnelt einer Schweifdüne (Seif), die dadurch entstanden sein könnte, dass hier am Rand des Dünenfeldes, bedingt durch die lokale Topographie, Wind aus zwei unterschiedlichen Richtungen wehte. Im westlichen Teil des Kraters (oben in den Bildern) ist der Sand zu einer gleichmäßig verteilen Sanddecke abgelagert worden.

Aus der Orientierung der einzelnen Dünen und der Lage des Dünenfeldes in Bezug auf das Kraterzentrum kann man eine südöstliche Windrichtung zur Zeit der Dünenbildung ableiten; Norden ist in den Draufsichten rechts. Auch die Dünenfelder in den benachbarten Einschlagskratern Ross und Lamont und einiger weiterer kleiner Krater in der Umgebung zeigen eine Hauptwindrichtung aus Südosten an. Dennoch kann es durch lokale Topographie örtlich zu anderen Windrichtungen und somit zu Variationen in den Dünenformen kommen.

Dunkle Dünen - Hinweis auf vulkanische Aktivität

Vertiefungen, wie beispielsweise Einschlagskrater, wirken eigentlich wie "Sedimentfallen": Der Wind weht das sandige Material hinein, wo es sich am Boden ansammelt. Auf dem Mars findet man jedoch nur wenige Hinweise darauf, dass Sand tatsächlich in Krater hineingeweht wurde. Viel öfter sieht man große Windfahnen, die von den Dünenfeldern ausgehend die Krater hinausführen und ein Herauswehen des Materials anzeigen. In einigen Kraterwänden haben Wissenschaftler Anzeichen dafür gefunden, dass diese Dünensande dunklen Sedimentlagen entstammen, die sich direkt an der Kraterwand befinden. Ein Beispiel hierfür ist der Krater Rabe - dort sieht man auch, wie die schwärzlichen Sande die Kraterwand hinabrieseln und dann durch Winde direkt am Kraterboden zu Dünen aufgehäuft werden. Häufig sind diese dunklen, "anstehenden" Lagen an den Kraterwänden von anderem Material (Regolith) überdeckt und werden nur in einigen Fällen, wenn zum Beispiel Sonneneinstrahlung den gefrorenen Boden erwärmt, freigelegt. Höchstwahrscheinlich sind diese schwarzen Sande vulkanischen Ursprungs, da sie aus Mineralen bestehen, die nur durch Vulkanismus an die Marsoberfläche gebracht worden sein konnten. Ihre Zusammensetzung ähnelt auch sehr stark derer von vulkanischer Asche auf der Erde.

Der 48 Kilometer große Einschlagskrater mit dem Dünenfeld befindet sich unweit des Vulkans Aonia Tholus. Frühere vulkanische Aktivität auf dem Mars erzeugte große Mengen feinkörniger Asche, die in mächtigen Lagen abgelagert worden ist und später von anderem Gesteinsmaterial bedeckt wurde. Einschlagskrater schnitten diese dunklen Lagen wieder an, die nun als wahrscheinliche Quellen für die dunklen Dünen gelten. Fünf große Vulkanprovinzen, unter ihnen die riesige Tharsisregion, und unzählige kleine, vereinzelte Vulkane haben für eine annähernd globale Verteilung der Aschelagen gesorgt, weshalb man solche dunklen Dünen auch beinahe überall auf dem Mars finden kann.

  • Bildverarbeitung

    Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 16. Mai 2017 während Orbit 16.934 von Mars Express. Die Bildauflösung beträgt 13 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Bildmitte liegt bei etwa 248 Grad östlicher Länge und 59 Grad südlicher Breite. Die Farbaufsicht (Bild 1) wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt, die perspektivische Schrägansicht (Bild 2) wurde aus den Stereokanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild (Bild 5), das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Aufsicht (Bild 4) beruht auf einem digitalen Geländemodell (DTM) der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt. Der Referenzkörper für das HRSC-DTM ist eine Äquipotentialfläche des Mars (Areoid). Die systematische Prozessierung der Kameradaten erfolgte am DLR-Institut für Planetenforschung. Mitarbeiter der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin erstellten daraus die hier gezeigten Bildprodukte.

  • Das HRSC-Experiment auf Mars Express

    Die High Resolution Stereo Camera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 50 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und 11 Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.

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Kontakt

Elke Heinemann

Leitung Digitale Kommunikation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-1852

Dr. Daniela Tirsch

Principal Investigator HRSC
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin

Dr. Thomas Roatsch

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin