7. September 2016

HALO in der Karibik: Tropische Wolkenforschung

Welche Wirkung haben tropische Wolken auf unser Klima? Wärmen oder kühlen sie die Atmosphäre? Welche Faktoren beeinflussen sie? Selbst aktuellste Modelle erfassen die Klimagröße "Wolke" bislang nicht vollständig. Um diese Fragen zu erforschen, ging es für Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zusammen mit Partnern anderer Forschungseinrichtungen in die Karibik. Am 8. August startete das vom DLR betriebene Forschungsflugzeug HALO (High Altitude and Long Research Aircraft) mit einem direkten Forschungs- und Transferflug vom bayerischen Oberpfaffenhofen ins 7.500 Kilometer entfernte tropische Barbados die Kampagne NARVAL II (Next generation Aircraft Remote-sensing for Validation). Die wissenschaftliche Leitung der Messflüge liegt beim Max-Planck-Institut für Meteorologie.

Bessere Prognosen für ein besseres Klima

Ziel der Kampagne ist es, die Zusammenhänge von Wolken, Luftzirkulation und Klima über dem tropischen Ozean besser zu verstehen. Denn mit detaillierteren Informationen über die Beschaffenheit der Bewölkung und all ihren Bestandteilen können Klimamodelle validiert und verfeinert werden. Ein komplexes Feld, denn die Wolken in dieser Passatregion bedecken einen großen Teil der Erde und bestimmen dadurch maßgeblich, wie stark die Atmosphäre die Klimaerwärmung durch geänderte Wolkenbildung abmildern kann.

Feldstudien zur Wolkenbildung

Mit Feldstudien südöstlich von Barbados werden nun vorab erstellte Hypothesen getestet, die sich mit den Konvektionsprozessen von Wolken beschäftigen. Unter Konvektion versteht man in der Meteorologie das Aufsteigen von warmer Luft – ein Prozess der zu Kumulus-Wolken am Himmel führt. Diese Wolkenart besitzt eine scharfe Außengrenze und nimmt häufig die Form von aufgetürmten Haufen an.

Die Atmosphärenforscher überprüfen nun, welche Mechanismen am Boden und in der Atmosphäre auf die Zirkulation von Luft wirken. Gleichzeitig prüfen sie, zu welcher Bewölkung diese Prozesse führen. Dazu erforschen sie unter anderem die Größe der Eispartikel und Wassertröpfchen in den Wolken. Besonders interessant ist dabei die sogenannte Eis-Phase im Lebenszyklus von Cumulus-Wolken, der ein großer Effekt auf das Klima zugesprochen wird, denn gerade hochreichende Eiswolken haben einen anderen Klimaeffekt als flächendeckendere in niedrigere Bewölkung.

Im Fokus steht dabei, welchen Effekt eine sich abkühlende Atmosphäre auf Luftschichten hat, die sich in den Tropen zu riesigen Wolkenschirmen, sogenannten Wolkenclustern, auftürmen. Dazu wurden aus HALO zahlreiche Dropsonden abgeworfen. "Wegen des erheblichen Einsatzes von Dropsonden war bei unseren Flügen die genaue Absprache mit den Kontrollstellen am Boden unverzichtbar",
sagt der DLR-Forschungspilot Steffen Gemsa. "In der Luft hat es unsere Arbeit erleichtert, dass wir in eher niedrigen Flughöhen, unterhalb des regulären Reiseflugverkehrs und in Bereichen mit wenig Verkehrsaufkommen, unterwegs waren."

Forschung am Fallschirm

Dropsonden sind Messgeräte, die vom Flugzeug aus an einem Fallschirm zu Boden gleiten und auf ihrem Weg nach unten Daten sammeln über Druck, Temperatur und Feuchte der durchquerten Luft. So kann ein großes Gebiet zusammenhängend erfasst werden. Insbesondere die vertikale Bewegung der Konvektion und ihr Wärme- und Feuchtehaushalt kann so auf einer Skala von einigen Hundert Kilometern und über mehrere Stunden erfasst werden.

Ergänzt werden die Messflüge mit HALO durch stationäre Messungen am Wolkenobservatorium des Max-Planck-Instituts für Meteorologie auf Barbados und durch Satellitendaten. Die Fernerkundungsinstrumente auf HALO validieren bei den Forschungsflügen zusätzlich noch Daten der Satelliten Cloudsat, Calipso, Meghatropique und GPM.

Ergänzende Expertise

Die Flugroute wird jeden Tag aufs Neue festgelegt. Die Wissenschaftler des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre und die Piloten und Experten der DLR-Einrichtung Flugexperimente analysieren Satellitenbilder und aktuelle Wetterdaten – immer auf der Suche nach Gebieten mit sich gerade entwickelnden Wolkenclustern. In insgesamt 80 Flugstunden untersuchen sie ihre eigenen Fragestellungen und unterstützen die mitgereisten wissenschaftlichen Partner bei ihren Forschungen. "Unser wissenschaftlicher Fokus liegt dabei auf der Fragestellung, wie sich die Wolkeneigenschaften während sogenannter Trocken- und Feuchteperioden unterscheiden und wie die Anwesenheit von Aerosolen die Wolkenbildung und deren Eigenschaften beeinflusst", sagt Dr. Silke Groß vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen. "Dazu messen wir gleichzeitig die vertikale Verteilung des Wasserdampfgehalts und die Aerosol- und Wolkeneigenschaften entlang des Flugweges."

Zwei Manöver über den Wolken

HALO – das modernste der insgesamt 13 Forschungsflugzeuge des DLR – fliegt zwei verschiedene Flugmanöver: Um die entstehenden Wolkencluster zu untersuchen, fliegen die Piloten in Kreisen um den Wolkenturm herum, um ihn möglichst ganzheitlich während seines Entstehungsprozesses zu erfassen. Diese Flüge finden in der Troposphäre, der untersten Schicht der Erdatmosphäre, statt; in einer Höhe von etwa zehn Kilometern. "Ein Ziel unserer Messungen ist es, erstmals die vertikale Aufstiegsgeschwindigkeit der Wolkentürme zu messen", erklärt der wissenschaftliche Leiter der Mission Prof. Bjorn Stevens vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. "Erste Analysen der Daten machen uns zuversichtlich, dass die Messungen geglückt sind und wir so ein weiteres wichtiges Puzzlestück für das Verständnis der Wolkenentstehung in den Händen halten."

Im zweiten Manöver messen die Forscher die Entwicklung der hochreichenden Konvektions-Luftmassen in einem größeren Bereich. Dazu fliegt HALO gleichmäßige, nebeneinanderliegende Bahnen in deutlicher höheren Schichten der Atmosphäre. Besonders interessierte die Forscher, ab welcher Höhe die Wassertröpfchen aufsteigender Wolken zu gefrieren beginnen. Mittels Radar und weiterer Methoden nahmen sie die Eispartikel ins Visier. Erste Analysen deuten darauf hin, dass die Eisbildung weit tiefer in der Troposphäre beginnt als bisher vermutet. Insgesamt tragen die Ergebnisse zu präziseren Klimamodellen und einem besseren Verständnis der tropischen Wolkenzirkulation bei.

Das Projekt

NARVAL II ist ein gemeinsames Projekt des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg, des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre und der Universitäten München, Köln, Hamburg und Leipzig. Die Untersuchungen in NARVAL II sind auch eine Vorbereitung auf die experimentelle Strategie mit mehreren internationalen Flugzeugen für noch größere Feldexperimente im französisch-deutschen Projekt EUREC4A, das für 2019 geplant ist.

Über HALO

Das Forschungsflugzeug HALO ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates Bayern, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ), des Forschungszentrums Jülich (FZJ) und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

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Kontakt

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Leitung Media Relations, Presseredaktion
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-3959

Dr. Silke Groß

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Physik der Atmosphäre
Münchener Straße 20, 82234 Weßling

Steffen Gemsa

Prof. Dr. Björn Stevens

Max-Planck-Institut für Meteorologie