Die Internationale Raumstation ISS braucht für eine Erdumkreisung etwa 90 Minuten. Wenn es abends sternklar ist und ihre Bahn gerade über Deutschland führt, kannst du die ISS als hellen Lichtpunkt über den Himmel ziehen sehen – und für Frühaufsteher gilt das manchmal auch in den Morgenstunden. Natürlich kommt sie oft auch tagsüber vorbei, doch dann ist sie kaum am hellen Himmel zu erkennen. Mit einer Ausnahme: Wenn sie direkt vor der Sonnenscheibe herläuft.
16. Dezember 2010 – Richtig sehen und in Ruhe beobachten kann man die ISS natürlich nicht, wenn sie auf ihrer knapp 400 Kilometer hohen Bahn um die Erde vor der Sonne vorbeirast – immerhin 28.000 Stundenkilometer schnell. Aber fotografieren! Allerdings nur mit einer ganz speziellen Ausrüstung. Um die Raumstation bei einem Durchgang vor der Sonne im Bild festzuhalten, braucht man zu allererst ein Teleskop mit einem ganz speziellen Sonnenfilter, der die Helligkeit um das Hunderttausendfache verringert. Nur so kann man die gleißend helle Sonnenscheibe anschauen, ohne sofort zu erblinden. Richte daher nie ein normales Fernrohr, ein Fernglas oder eine Kamera direkt auf die Sonne!
Aber woher weiß man, wann die Raumstation vor der Sonne vorbeizieht? Auf dieser Webseite gibt man seinen Beobachtungsort ein und lässt sich dann für die nächsten Wochen anzeigen, wann die Raumstation der Sonne optisch nahe kommt oder sogar direkt vor ihr durchläuft. Für Fotoaufnahmen ist es am besten, wenn die Sonne dabei hoch am Himmel steht. Dann ist uns die Raumstation am nächsten und erscheint vor der Sonnenscheibe am größten.
Soweit zum einfachen Teil der Vorbereitung. Die Schwierigkeit besteht nun darin, dass die Raumstation kaum eine Sekunde für den kompletten Durchgang vor der Sonne braucht. Bei großer Sonnenhöhe – und damit geringer Entfernung der Raumstation – benötigt sie dafür sogar nur eine halbe Sekunde! Mit dem Finger am Kameraauslöser muss man also sehr schnell reagieren. Besser ist es, wenn man um den vorausberechneten Zeitpunkt herum mit der Serienbildschaltung der Kamera so viele Bilder wie möglich aufnimmt. Mit etwas Glück ist die Raumstation dann auf einem der Fotos getroffen.
Ein weiteres Problem ergibt sich aus der schnellen Bahnbewegung der Raumstation: In einer Sekunde bewegt sie sich um das 70-fache ihrer eigenen Länge weiter. Nur bei einer sehr kurzen Belichtung wird das Bild nicht durch die Bewegung verschmiert. Für das hier gezeigte Foto wurde die Belichtungszeit daher auf 1/4.000 Sekunde eingestellt. Auf dem Bild siehst du übrigens nur einen ganz kleinen Ausschnitt der Sonnenscheibe, wie du an der Krümmung des Sonnenrandes rechts im Bild erahnen kannst.