Es klingt fast wie in einem Märchen: Tief im Wald, weit von allen Städten und Dörfern entfernt, findet man – nein, natürlich kein Hexenhaus und auch keine sieben Zwerge. Im Hardthäuser Wald, etwa auf halber Strecke zwischen Würzburg und Stuttgart, befindet sich vielmehr eines der modernsten Forschungszentren Europas: Hier im DLR-Standort Lampoldshausen werden Raketentriebwerke getestet.
Riesige Prüfstände ragen da in den Himmel. Wenn ein Test durchgeführt wird, „brüllen“ darin die Motoren. Dann wird vorher die gesamte Umgebung evakuiert: Kein Mensch darf sich in der Nähe aufhalten, wenn vom Kontrollraum aus das Startkommando gegeben wird. Denn der enorme Lärm verursacht so starke Vibrationen, dass er sogar tödlich sein kann.
Genau das ist auch einer der Gründe für die einsame Lage fernab aller Siedlungen. Zusammen mit anderen Sicherheitsaspekten: Immerhin lagern hier zum Beispiel große Mengen an Wasserstoff – denn flüssiger Wasserstoff ist mit Sauerstoff einer der wesentlichen Treibstoffe für die Raketentriebwerke.
Viele Millionen PS – sicher unter Kontrolle!
Raketentriebwerke – das sind die stärksten Motoren der Welt. Viele Tonnen Treibstoff setzen nach der Zündung ihre gewaltige Energie frei – rund 30 Millionen PS kommen so bei einer Rakete vom Typ Ariane 5 zustande! Hier in Lampoldshausen werden die Triebwerke dieser europäischen Trägerraketen vom DLR und seinen Partnern getestet und weiterentwickelt.
Ein solches Triebwerk zu testen, ist keine leichte Aufgabe. Denn es ist ja eigentlich dafür konstruiert worden, eine Rakete mit Satelliten ins All zu schießen. Jetzt muss es wie bei einem echten Start arbeiten, aber natürlich sicher am Boden bleiben. Gigantische Kräfte entstehen dabei und müssen zugleich absolut sicher unter Kontrolle gehalten werden. Und das ist dann nur die Voraussetzung für die eigentliche Arbeit: Unzählige Messgeräte sind um die Triebwerke herum angeordnet, „fühlen“ Druck und Temperaturen und vieles mehr.
Was nur wenige Menschen wissen …
Die Leute, die hier arbeiten, verfügen über ein Wissen wie sonst nur noch ganz wenige andere Fachleute auf der Welt. Sie sind Ingenieurinnen und Ingenieure, Physikerinnen und Physiker sowie Technikerinnen und Techniker – teils schon Jahre lang hier tätig, teils als Doktoranden am Beginn ihrer Laufbahn. Fragt man sie, was sie an ihrem Job besonders interessiert, erhält man ganz verschiedene Antworten: Die Zusammenarbeit in einem weltweiten internationalen Team von Fachleuten, das Gefühl, zu einem großen gemeinsamen Projekt in der Raumfahrt beizutragen – und vor allem: direkt und hautnah an dieser faszinierenden Technik zu arbeiten und dabei auch komplizierte Probleme zu lösen …
Flaschen-Raketen in sicherem Abstand
Etwas abseits der Prüfstände – in sicherem Abstand – starten übrigens ganz andere Raketen: Es handelt sich um kleine Modellraketen, die von Schülerinnen und Schülern gebaut und in die Luft geschossen werden. Für den Antrieb dieser aus Kunststoff-Flaschen gebauten Mini-Raketen sorgen ganz harmloses Wasser und Luft – doch die Raketen bringen es trotzdem auf erstaunliche Höhen von vielen Metern. Hier im DLR_School_Lab, einem von mehreren Schülerlaboren des DLR, haben Schulklassen bzw. -kurse die Gelegenheit, selbst Experimente zur Raketentechnik durchzuführen.
Mit diesem Angebot wollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DLR den Jugendlichen ihre Begeisterung für dieses Thema vermitteln. Und ihnen zeigen: Physik kann spannender sein, als man denkt! Der Besuch ist Schulklassen natürlich nur dann erlaubt, wenn an den echten Prüfständen keine Tests durchgeführt werden. Wie man eine Flaschen-Rakete selbst bauen kann, wird hier beschrieben …