Beginnen wir mit dem sogenannten statischen Auftrieb. Sicher kennst du das Phänomen schon aus der Badewanne oder einem Urlaub am Meer: Alles was leichter als Wasser ist – z. B. ein Quietscheentchen oder ein riesiges Containerschiff – schwimmt an der Oberfläche, und alles was schwerer ist – z. B. ein Stück Seife oder eine 1-Cent-Münze – geht unter. Wie jetzt? Ein Containerschiff ist leichter als eine Münze? Würde man beides auf eine Waage legen, also nur die Masse betrachten, natürlich nicht! Denn das Volumen spielt auch noch eine Rolle. Es geht bei solchen Vergleichen immer um das Verhältnis von Masse zu Volumen: Ein Kubikmeter Wasser wiegt 1.000 Kilogramm und ein Kubikmeter Containerschiff aufgrund der vielen Luft im Inneren deutlich weniger. Jetzt stell dir aber mal vor, das Containerschiff würde durch eine Schrottpresse zu einem Würfel zusammengequetscht: Die Masse bliebe gleich, aber wegen des wesentlich kleineren Volumens würde der Würfel gnadenlos im Wasser untergehen.
Ein „Ozean aus Luft“
Doch hier soll es ja um das Geheimnis des Fliegens gehen. Wo ist da der Zusammenhang mit dem Schwimmen? Ganz einfach: Man könnte sagen, dass wir Menschen eigentlich auf dem Grund eines riesigen Ozeans leben – nur dass er eben nicht aus Wasser besteht, sondern aus Luft. Nun wiegt ein Kubikmeter Luft rund 1,2 Kilogramm, während wir Menschen deutlich schwerer sind und uns deswegen nur auf dem Boden des Meeres aus Luft bewegen können. Dagegen ist z. B. das Gas Helium mit 0,2 Kilogramm pro Kubikmeter leichter als Luft, weshalb mit Helium gefüllte Ballons nach oben aufsteigen – du solltest sie also immer gut festhalten. Sogenannte Wetter- oder Stratosphärenballons fliegen sogar bis zu 40 Kilometer hoch und damit rund viermal höher als Passagierflugzeuge (zu denen wir später noch kommen).
Mit heißer Luft in die Höhe
Heißluftballons kommen bei Weitem nicht so hoch, nutzen aber das gleiche Prinzip. Die Luft innerhalb der Ballonhülle wird durch ein Feuer erwärmt und dehnt sich dabei aus – ihr Volumen wird also größer. Damit wird die Luft innerhalb des Ballons leichter als die kältere Luft drumherum, und zwar um mehrere 100 kg. Wenn dieser Gewichtsunterschied größer wird als das Gewicht der Ballonhülle mit dem Korb und dem Gasbrenner und den Passagieren, dann hebt der Ballon ab.
Zeppeline: Luftschiffe mit Steuerung
Doch alle diese Ballons haben einen Nachteil: Die Flugrichtung lässt sich nicht steuern – sie fliegen einfach mit dem Wind mit. Deshalb ist es im Korb eines Heißluftballons immer nahezu windstill. Anders ist es bei Zeppelinen: Hier sorgt wieder Helium für den Auftrieb, aber über motorgetriebene Propeller lässt sich deren Flugrichtung steuern. Deshalb werden sie oft auch Luftschiffe genannt. Aber eigentlich sind sie eher mit U-Booten unter Wasser zu vergleichen, da sie ja in der Luft schweben und nicht auf der Luft schwimmen.
Warum Flugzeuge und Helikopter fliegen können
So weit, so gut – hoffentlich!? Doch wieso können Flugzeuge und Helikopter fliegen? Tanken sie vor dem Abflug Helium oder heiße Luft? Nein, natürlich nicht! Anstelle des bisher für die Ballons und Zeppeline beschriebenen statischen Auftriebs kommt bei diesen Fluggeräten der dynamische Auftrieb zum Tragen, der im Folgenden erklärt wird.
Vielleicht hast du mal bei einer Autofahrt das Fenster aufgemacht und vorsichtig deine Hand rausgestreckt? Wenn deine Hand mit den Fingern in Fahrtrichtung schräg nach oben zeigt, spürst neben einer Kraft nach hinten aufgrund des Luftwiderstandes auch eine Kraft nach oben. Der Grund: Die gegen die Hand strömende Luft wird nach unten abgelenkt. Dabei staut sie sich unter deiner Handfläche auf, wird dichter und es herrscht ein Überdruck. Auf der Rückseite deiner Hand wird die Luft dagegen dünner und es herrscht ein Unterdruck. In der Folge strömt die Luft auch hier nach unten, und zwar schneller. Der höhere Druck von unten auf die Innenseite und der niedrigere Druck von oben auf die Außenseite deiner Hand bewirken zusammen die Auftriebskraft nach oben. Aber natürlich nur, wenn sich das Fahrzeug relativ zur Luft bewegt, weshalb dieser Effekt dynamischer Auftrieb genannt wird.
Rennautos nutzen übrigens diesen Effekt in umgekehrter Richtung, weshalb er Abtrieb genannt wird: Ihre Front- und Heckflügel lenken bei der Fahrt die Luftteilchen nach oben ab, wodurch das Fahrzeug mit zunehmender Geschwindigkeit fester auf die Rennstrecke gedrückt wird. Das ermöglicht den Fahrzeugen, schneller um die Kurve zu fahren, ohne aus der Kurve zu „fliegen“.
Wenn 560 Tonnen abheben
Damit sind wir endlich bei den Flugzeugen angekommen! Hier müssen die Propeller oder Triebwerke im Zusammenspiel mit den Tragflächen so viel dynamischen Auftrieb erzeugen, dass die Flugzeuge die Erdanziehungskraft überwinden und abheben können. Beispielsweise wird ein Airbus vom Typ A380 mit einem Startgewicht von bis zu 560 Tonnen von vier Triebwerken mit zusammen 128.000 PS und einer Flügelfläche von 846 Quadratmetern in die Luft gehoben. Also stell dir vor, wie dieses große und schwere Flugzeug auf die Startbahn rollt und mit Hilfe der Triebwerke immer schneller wird. Dabei strömt die Luft oberhalb und unterhalb der beiden Flügel entlang.
Betrachten wir zunächst die Unterseite der Tragflächen: Wie bei deiner aus dem Autofenster ragenden Hand wird die Luftströmung unter dem Flügel durch den Anstellwinkel der Tragflächen etwas nach unten abgelenkt (siehe Animation) und der Luftdruck unterhalb der Tragflächen steigt. Aber das ist nicht mal „die halbe Miete“ und damit sind wir bei der oberen Seite der Flügel: Hier sinkt der Druck und die Luft wird ebenfalls nach unten abgelenkt (siehe Animation). Dieser Effekt wird durch die Wölbung der oberen Tragfläche sogar noch verstärkt, wie der Flugpionier Otto Lilienthal Ende des 19. Jahrhunderts feststellte. Mit dieser bahnbrechenden Erkenntnis baute er das erste Flugzeug, welches das Gewicht eines Menschen tragen konnte.
Kommen wir zurück zu unserem startenden A380: Mit zunehmender Geschwindigkeit wird der Druck unterhalb der Tragflächen immer größer und oberhalb immer kleiner. Und ab einer Geschwindigkeit von 308 km/h ist der dynamische Auftrieb groß genug, damit der A380 abheben kann.
Rotoren: die drehenden Flügel
Aber wie funktioniert es beim Hubschrauber? Der hat ja keine Tragflächen wie ein Flugzeug. Hier sorgen die rotierenden Rotorblätter für den dynamischen Auftrieb. Sie sind quasi drehende Flügel, weshalb Hubschrauber auch Drehflügler genannt werden. Aufgrund des Anstellwinkels und der schnellen Drehung wird die Luft aus der Umgebung nach unten abgelenkt, wodurch unterhalb der Rotorblätter ein Überdruck und oberhalb der Rotorblätter ein Unterdruck entsteht. Es ist also das gleiche Phänomen wie bei den Flugzeugflügeln. Es gibt allerdings auch einen Effekt, der bei Flugzeugen nicht auftritt: Wenn die Rotorblätter in die eine Richtung rotieren, würde sich der Rest des Hubschraubers genau entgegengesetzt drehen. Um dies zu vermeiden, haben Hubschrauber entweder die gleiche Anzahl gegenläufiger Rotoren, wie z. B. bei einem Quadrocopter, oder einen zusätzlichen Heckrotor, der wie ein Propeller der Drehung entgegenwirkt.
Lenkdrachen und Segelflieger
Doch für den dynamischen Auftrieb muss sich nicht unbedingt etwas durch die Luft bewegen – es genügt, wenn sich die Luft bewegt, also ein ordentlicher Wind weht. Sicher fällt dir sofort etwas ein, mit dem du bestimmt schon mal rumgespielt hast? Richtig: ein Lenkdrachen! Ein anderes Beispiel sind Segelflugzeuge. Sie nutzen thermische Aufwinde, die aufgrund der Erwärmung der Erdoberfläche durch die Sonneneinstrahlung entstehen. Segelschiffe gehören übrigens zu den ältesten Fortbewegungsmitteln, die den dynamischen Auftrieb nutzen. Bei ihnen trifft der Wind auf ein Segel, das wie ein senkrecht stehender „Flügel“ für die Bewegung nach vorne sorgt.
Ob dynamisch oder statisch: Ohne Auftrieb fliegt man mit etwas Pech höchstens auf die Nase. Wer wirklich hoch hinaus will, braucht den Auftrieb! Hiermit wurde das „Geheimnis des Fliegens“ gelüftet!
PS: OK, zugegeben, einiges war trotz aller Vereinfachung nur schwer nachzuvollziehen – toll, dass du durchgehalten und diesen Text bis zum Ende gelesen hast! Strenggenommen ist es beim dynamischen Auftrieb von Fluggeräten sogar noch etwas komplizierter. Dies ändert aber nichts an dem grundsätzlichen Phänomen des Auftriebs und bleibt deshalb hier unerwähnt.