Wenn wir selbst im Flugzeug sitzen und auf den Start warten, freuen wir uns, wenn’s endlich losgeht und das Flugzeug abhebt. Wer in der Nähe eines Flughafens wohnt, sieht – oder vielmehr hört – das oft ganz anders. Denn die vielen Starts und Landungen und der so erzeugte Fluglärm stellen eine echte Belastung dar. Und das, obwohl moderne Flugzeuge inzwischen schon viel leiser sind als ältere Maschinen. Daher hat die europäische Flugzeug-Industrie beschlossen, den Fluglärm weiter zu verringern und die Flugzeuge noch leiser zu machen. Das DLR unterstützt dieses Vorhaben mit zahlreichen Projekten.
Wann wird ein Geräusch überhaupt zum Lärm? Ein Wecker, der nachts im Schlafzimmer leise tickt, erzeugt gerade einmal 20 Dezibel. Wenn man aber versucht, dabei einzuschlafen, kann dieses eigentlich recht leise Geräusch schnell stören. Ob also ein Geräusch als unangenehm oder sogar als Lärm empfunden wird, ist oft auch von der Situation abhängig, in der man es wahrnimmt: Wenn man selbst mal etwas lauter Musik hört, ist das eben etwas anderes, als wenn es aus dem Zimmer nebenan dröhnt – ihr kennt das ja sicher von zu Hause …
Tests im Schlaflabor
Die meisten Menschen, die in der Umgebung von Flughäfen wohnen, empfinden den Fluglärm als große Belastung. Daher gibt es an vielen Flughäfen auch ein Nachtflugverbot, damit die Menschen nicht in ihrem Schlaf gestört werden. Übrigens: In Schlaflaboren erforschen das DLR und andere Einrichtungen, wie sich der Fluglärm auf unseren Schlaf und unsere Gesundheit auswirkt. Dabei verbringen Testpersonen einige Nächte in den eigens dafür vorgesehenen Laborräumen, die mit Betten und medizinischen Überwachungsgeräten ausgestattet sind – und dann werden per Lautsprecher künstlich Flugzeug-Geräusche eingespielt. So untersucht man, wie der Lärm unserem Wohlbefinden zusetzt.
Eine „akustische Kamera”
Um die Flugzeuge in Zukunft nochmals deutlich leiser zu machen als heutige Maschinen, müssen die Ingenieurinnen und Ingenieure erst einmal wissen, welche Schallquellen es neben den Triebwerken an Flugzeugen überhaupt gibt. Dafür werden umfangreiche Lärmmessungen durchgeführt – mit interessanten Ergebnissen: Während beim Start natürlich das Triebwerk den meisten Lärm produziert, sind es bei der Landung eher die Tragflächen und das Fahrwerk. Denn während die Triebwerke beim Anflug auf den Flughafen fast im Leerlauf vor sich hin „flüstern“, tritt der Lärm, der durch die Luftströmung an Flügeln und Rädern erzeugt wird, besonders hervor.
Diesem sogenannten „airframe noise” ist man auf die Spur gekommen, indem man kurz vor der Landebahn viele Mikrofone ausgelegt hat. Sie stellen so etwas wie eine „akustische Kamera“ dar und erlauben es, die Geräuschquellen eines Flugzeugs regelrecht zu vermessen. Wenn dann ein Flugzeug über diese Anordnung vieler Mikrofone hinweg fliegt, erkennt man genau, welches Element des Fliegers wie viel Lärm erzeugt – und so kann man gezielt Gegenmaßnahmen ergreifen. Die Forschungsergebnisse fließen in die Konstruktion neuer, leiserer Flugzeuge ein.
Triebwerke müssen leiser werden
Die Untersuchungen haben auch gezeigt, dass ein Drittel des Triebwerklärms nach vorne abgestrahlt wird. Die Ingenieurinnen und Ingenieure fanden nun heraus, dass sich dieser Lärm hörbar verringert, wenn man eine Kleinigkeit am sogenannten Lufteinlass ändert: Dort wurden bisher verschiedene Bauteile verwendet, die kleine Nähte und Lücken aufwiesen, wo sie aneinander stießen. Und genau durch diese Lücken breitete sich der Schall aus. Nun hat man die Lücken an der Vorderseite der Triebwerke beseitigt. Die Lösung nennt sich „Zero-Splice” und ist eine lückenlose Verkleidung des Lufteinlaufs „aus einem Guss”. Beim Super-Airbus A380 kommt diese Technologie bereits zum Einsatz – und macht ihn noch leiser als andere Flugzeuge.
Doch die Forschung geht weiter: Gemeinsam mit Partnern aus Frankreich und Rumänien hat das DLR kürzlich einen neuen, sich nur langsam drehenden Fan entwickelt. Dabei ist es gelungen, ein Triebwerksgebläse zu konstruieren, das nicht nur deutlich leiser ist, sondern auch noch mehr Leistung liefert. Und auch mit vielen anderen Partnern – Hochschulen und Triebwerkherstellern – arbeitet das DLR weiter an leisen Triebwerken.
Bei einem sehr interessanten Projekt wird der Schall mit seinen eigenen Waffen geschlagen: nämlich durch „Anti-Schall“. Die Idee: Schallwellen pflanzen sich ja als Schwingungen durch die Luft fort. Erzeugt man nun Gegenschwingungen in der Luft, könnte sich das ausgleichen. Also hat man „Mini-Düsen“ zwischen den Triebwerkschaufeln angebracht, durch die Druckluft ausströmt. Nach vielen Tests, die aber noch lange nicht abgeschlossen sind, zeigte sich, dass man so tatsächlich den Lärm vermindern kann.
Den „Lärmteppich” verkleinern
Auch die Art und Weise, wie die Flugzeuge nach einem Start oder vor der Landung im Umfeld des Flughafens fliegen, hat großen Einfluss auf die Lärmbelästigung. Daher starten die modernen Flugzeuge auch in einem viel steileren Winkel als früher. Auf diese Weise sind sie möglichst schnell außer Hörweite der Anwohnerinnen und Anwohner. Der sogenannte „Lärmteppich” – also die Gegend in der Nähe eines Flughafens, die besonders vom Lärm betroffen ist – wird so einfach kleiner. Auch versucht man natürlich, die Flugzeuge möglichst über gering besiedeltes Gebiet fliegen zu lassen und die Flugrouten sinnvoll zu bündeln. Und für den Landeanflug wurde inzwischen ein neues Verfahren entwickelt, bei dem der Pilot bzw. die Pilotin das Flugzeug im Gleitflug gleichmäßig sinken lässt, ohne zwischendurch noch einmal aufs „Gaspedal“ zu treten. Auch das senkt den Lärm, der am Boden ankommt.