Einleitung
Wenn Astronautinnen und Astronauten einen Spacewalk durchführen, müssen sie einen Raumanzug tragen. Er schützt nicht nur vor den extremen Temperaturen des Alls, wo es im Schatten sehr kalt und im Sonnenlicht sehr heiß ist. Sondern er versorgt die Insassen wie ein kleines Raumschiff auch mit Atemluft. Denn im Weltraum herrscht Luftleere – oder wie Fachleute es nennen ein „Vakuum“. Das große Foto oben auf dieser Seite zeigt übrigens einen Astronauten, der sich vor vielen Jahren mit einer Art „Düsenrucksack“ bis zu 100 Meter weit vom Raumschiff entfernt hat. Inzwischen sind diese Anzüge nicht mehr im Gebrauch – sie sind für die Außenbordarbeiten auf der Internationalen Raumstation ISS einfach zu sperrig. Stattdessen tragen Raumfahrerinnen und Raumfahrer inzwischen leichtere Anzüge – aber auch sie haben eine eigene Atemluft-Versorgung. Schau dir zunächst einmal ein paar Bilder in diesem Video an, das bei einem Spacewalk entstanden ist. Danach befassen wir uns dann genauer mit dem Thema Vakuum und auch mit dem Luftdruck. Und wie immer laden wir dich auch ein … Nein, leider nicht zu einem eigenen Spacewalk, aber immerhin zu ziemlich verblüffenden Experimenten zum Nachmachen!
Weißt du eigentlich, dass du gerade mehrere hundert Kilogramm auf deinen Schultern trägst? Die Rede ist von der ganzen Luft über dir. Jedes einzelne Luftteilchen wiegt natürlich nur ganz wenig. Aber stell dir mal die ganze Luft über dir wie eine Säule vor. Da kommt einiges zusammen, das auf uns drückt! Und auch um uns herum drückt die Luft von allen Seiten auf unseren Körper. Natürlich sind wir daran gewöhnt und daher spüren wir diesen sogenannten Luftdruck gar nicht.
So ähnlich ist das auch bei anderen Objekten. Nehmen wir mal als Beispiel einen Schokokuss. Wie er bei normalem Luftdruck aussieht, weißt du ja. Aber was passiert, wenn der Luftdruck plötzlich weg ist – wenn also ein Vakuum herrscht? Das zeigen wir dir im nächsten Video. Es ist ein Ausschnitt aus unserer DLR_Raumfahrt_Show, bei der wir Schülerinnen und Schülern viele solcher physikalischer Phänomene erklärt haben. Hier siehst du Cem und Tobi auf der Bühne. In einem Glasbehälter – genauer gesagt in einer sogenannten Vakuumglocke – haben sie einen Schokokuss platziert. Und jetzt holen sie mit einer Pumpe aus dem Behälter die Luft raus, bis dort Luftleere – also ein Vakuum – herrscht. Schau dir mal an, was da passiert. Übrigens: Bevor Cem und Tobi die Sache mit dem Schokokuss im Vakuum untersuchen, erlaubt sich Tobi noch einen kleinen Scherz…
Die berühmten „Magdeburger Halbkugeln“
Weißt du, was ein Bällebad ist? Das sind viele bunte Kugeln, in die man wie in ein Schwimmbecken eintauchen kann. Stell dir mal die Luftteilchen um dich herum wie diese Kugeln vor – und alle bewegen sich. Von allen Seiten drücken sie dadurch auf dich – von oben, von den Seiten und sogar von unten. Diesen Druck, den die Luftteilchen ausüben, nennt man Luftdruck. Wie stark er ist, hat ein berühmter Wissenschaftler namens Otto von Guericke schon mit einem wirklich spektakulären Experiment gezeigt, das er im Jahr 1657 in Magdeburg vorführte. Er nahm zwei Halbkugeln aus Kupfer. Zusammen waren sie ungefähr doppelt so groß wie ein Fußball – nur dass der eben in der Mitte durchgeschnitten wurde. Tja, Fußball spielen konnte man damit also nicht mehr. ;-) Aber Spaß beiseite und zurück zum Experiment: Die Halbkugeln waren innen hohl und wurden aneinander gepresst, sodass sie wieder eine Kugel bildeten – nur eben mit der „Nahtstelle“ in der Mitte. Dann wurde die Luft daraus herausgepumpt, also im Inneren ein Vakuum erzeugt. Innen war jetzt also praktisch keine Luft mehr, von außen drückte aber der normale Luftdruck die Kugeln zusammen. Und zwar so stark, dass selbst 16 Pferde – acht auf jeder Seite – die beiden Halbkugeln nicht auseinander reißen konnten. Zum besseren Verständnis: Da war kein Klebstoff im Spiel und es gab auch keine Schrauben, die die beiden Halbkugeln zusammengehalten hätten – es war wirklich nur der Druck, mit dem die Luft aus der Umgebung die Halbkugeln zusammenpresste. Erst als man am Ende des Versuchs wieder Luft in die Halbkugeln hineinließ, konnten sie schließlich getrennt werden. Das ist so ähnlich wie mit dem Glas Gurken oder Marmelade, das zum ersten Mal geöffnet wird: Da musst du mit ziemlich viel Kraft am Deckel drehen, bis es „Plopp“ macht und die Luft aus der Umgebung ins Glas eindringt – und danach geht‘s dann immer ganz einfach.
Sina erklärt den Luftdruck
Auch im folgenden Video von unserer Physikerin Sina wird das Experiment mit den Magdeburger Halbkugeln erwähnt. Und Sina erklärt noch viele andere interessante Dinge zum Thema Luftdruck.
Unter anderem macht sie ein Experiment mit zwei Gummisaugern vor, das du zu Hause nachmachen kannst – falls ihr zwei von diesen Dingern, die auch „Pömpel“ genannt werden, habt. Wenn nicht, macht das auch nichts! Weiter unten im Text findest du Anleitungen für andere spannende Experimente rund um das Thema Vakuum und Luftdruck – manche davon „echt“ und manche „virtuell“.
Sina hat an einer Stelle im Video einen Luftballon aufgepustet. Dadurch erhöht sie den Druck im Inneren des Ballons. Jetzt werden die Luftteilchen also immer dichter und dichter zusammengepresst. An einer anderen Stelle spricht Sina davon, dass sich die Teilchen bewegen – und zwar umso schneller, je wärmer die Temperatur ist. Beides – die Sache mit dem Druck und mit der Temperatur – kannst du in der folgenden interaktiven Animation selbst mal ausprobieren: Lass Luftteilchen in den Behälter strömen, verändere den Druck und die Temperatur und beobachte, was passiert. Das virtuelle Experiment könnt ihr vielleicht auch im Unterricht durchführen und mit eurem Lehrer oder eurer Lehrerin gemeinsam besprechen und auswerten.
Das Experiment mit dem Wasserglas
Außer diesem virtuellen Experiment hatten wir dir ja auch noch weitere „echte“ Experimente versprochen. Das mit den „Pömpeln“ ist ein solcher Versuch, der dir zeigt, wie stark der Luftdruck ist.
Hier noch ein anderer Mitmach-Versuch: Du füllst ein Glas randvoll mit Wasser und legst einen Bierdeckel oder ein etwa gleich großes Stück Pappe darauf. Halte den Deckel gut fest und dreh nun das Glas um – aber ohne es abzustellen. Dann kommt der spannende Moment: Du lässt den Deckel los. Wenn du jetzt nass geworden bist, tut uns das echt leid. ;-) Aber eigentlich sollte das nicht passiert sein. Denn bei dem Versuch drückt der Luftdruck von unten so fest gegen den Deckel, dass er nicht herunterfällt.
Das Wasser im Glas drückt zwar nach unten auf den Deckel. Aber der Luftdruck, der außerhalb des Glases herrscht, ist einfach stärker. Außerdem saugt der Bierdeckel etwas Wasser auf, das jetzt im Glas fehlt – und dadurch entsteht im Glas ein kleiner Unterdruck. Kurz und gut: Außen herrscht mehr Druck als innen.
Der Weltraum in einer Kammer
Jetzt aber zur echten Forschung. Wo spielen da Vakuum und Luftdruck eine Rolle? Fangen wir mal mit dem Vakuum an. Dass Astronautinnen und Astronauten bei ihren Spacewalks vor dem Vakuum des Weltalls geschützt werden müssen und deshalb Raumanzüge tragen, hatten wir ja schon erwähnt. Aber auch Satelliten, die die Erde umkreisen, und Raumsonden, die zu anderen Himmelskörpern unterwegs sind, befinden sich auf ihren jahrelangen Missionen im luftleeren Raum des Alls. Um sicherzustellen, dass ihre Bordsysteme – die Antriebe und auch die Instrumente wie Kameras und Sensoren – da gut funktionieren, muss das alles lange vor dem Start getestet werden. Dafür gibt es Weltraum-Simulationskammern, in denen die Bedingungen des Alls nachgeahmt werden können – einschließlich des Vakuums.
Forschungskrimi im Vakuum
Aber man testet nicht nur diese sogenannte Flughardware, sondern man simuliert auch die Bedingungen, die auf einem anderen Himmelskörper herrschen. Nehmen wir mal als Beispiel einen Kometen. Das sind Brocken aus Eis und Staub, die oftmals so klein sind, dass sie keine Atmosphäre an sich binden: Mit ihrer geringen Anziehungskraft können sie einfach keine Lufthülle „festhalten“. Das bedeutet: Die Kometen befinden sich in einer luftleeren Umgebung, eben im Vakuum des Alls. Vor mehreren Jahren ist eine Raumsonde der Europäischen Weltraumorganisation ESA zu einem solchen „Brocken“ geflogen. Dort in der Umlaufbahn um den Kometen angekommen hat sie ein Landegerät abgesetzt, das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt worden war. Die Sonde hieß übrigens Rosetta und das Landegerät Philae. Nun wollte man im Vorfeld des Starts natürlich wissen, wie die Oberfläche des Kometen beschaffen ist. Würden die Landebeine von Philae in einer feinen Pulverschicht einsinken? Oder ist die Oberfläche hart wie Eis? Um das abschätzen zu können, hat man in einer Weltraum-Simulationskammer die Oberfläche eines Kometen nachgebildet – dafür gab es schon einige Daten von früheren Raumsonden, die an Kometen vorbeigeflogen sind. In die Simulationskammer wurde also eine Mischung aus Eis und Staub eingebracht, dann wurde die Kammer verschlossen, die Luft abgesaugt und alles auf Weltraum-Temperatur von minus 180 Grad Celsius abgekühlt. Und da man wusste, dass sich der Komet auf seiner Bahn allmählich der Sonne nähern würde, hat man dann auch noch einen Scheinwerfer als „künstliche Sonne“ eingeschaltet. So konnte im kleinen Maßstab beobachtet werden, wie sich die Oberfläche des künstlichen Kometen allmählich verhärtet: Die „Sonneneinstrahlung“ führte dazu, dass sie nach und nach immer fester wurde. Auf Basis dieser Untersuchungen wurde Philae mit spitzen Harpunen ausgestattet, die sich im Eis festkrallen sollten. Außerdem bekam das Landegerät noch eine Düse und eine Art Stoßdämpfer verpasst, damit es sich nach dem Aufsetzen auf den Boden drücken konnte und nicht einfach davon abprallte und wegschwebte. Und was passierte dann, als die Landesonde Jahre später bei der echten Mission wirklich auf dem Kometen aufsetzte? Das Landegerät prallte ab und schwebte davon! Tja, selbst bei bester Vorbereitung klappt eben nicht immer alles. Eine Sache hat aber doch geklappt: Der Stoßdämpfer sorgte dafür, dass der Philae-Lander nicht auf Nimmerwiedersehen ins All verschwand, sondern nach zwei weiteren „Hopsern“ doch noch auf der Oberfläche zum Stehen kam. Na ja, fast. Genauer gesagt kam Philae zum Liegen. Und zwar in einer Felsspalte. Das konnte man nun wirklich nicht voraussagen. Trotzdem lieferten die Batterien für mehrere Stunden genug Energie, sodass fast alle Bordinstrumente ihre Daten aufnehmen und zur Erde funken konnten. Insgesamt war die Mission, die sich zu einem echten Forschungskrimi entwickelte, dadurch doch noch ein voller Erfolg – eben auch wegen der vorherigen Tests im Vakuum.
Übrigens: Eine kleine Weltraum-Simulationskammer befindet sich auch in unserem DLR_School_Lab in Köln – einem von vielen Schülerlaboren, die es an DLR-Standorten und befreundeten Hochschulen gibt. Da können Schülerinnen und Schüler ihre eigenen Kometen-Experimente machen – ganz ähnlich wie unsere Fachleute das für die Rosetta-Mission getan haben. Und Experimente mit einer Vakuumglocke und den Magdeburger Halbkugeln, die wir oben erwähnt haben, könnt ihr da auch durchführen.
Luftdruck auf Erde und Mars
Auch bei einer Raumfahrt-Mission zum Mars muss man an den Luftdruck denken. Die Atmosphäre ist dort ganz anders als bei uns auf der Erde. Sie ist auf dem Boden etwa so dünn wie auf der Erde in 30 Kilometern Höhe. Und das muss man beachten, wenn man eine Sonde dorthin schicken will. Denn wenn sie weich auf dem Boden aufsetzen soll, muss ihre Geschwindigkeit ja im Landeanflug abgebremst werden.
Auf der Erde geschieht das auf zwei Arten: Erstens rast eine Raumkapsel, mit der z. B. Astronauten von der Raumstation zurückkehren, durch die Luftschichten der Erdatmosphäre, die nach unten immer dichter sind – und durch die Reibung an den vielen Luftteilchen wird die Kapsel abgebremst. Genauer gesagt: Die Kapsel ist so schnell unterwegs, dass die Luft unter ihr nicht ausweichen kann und die Kapsel dadurch verlangsamt. Zweitens öffnen sich dann in etwa 10 Kilometern Höhe Fallschirme, an denen die Landekapsel …
Auf dem Mars bremst die dünne Atmosphäre eine Landesonde zwar auch etwas ab. Aber das reicht nicht – eben weil die Atmosphäre dafür viel zu dünn ist. Und Fallschirme helfen da auch wenig. Denn es gibt ja zu wenig Gasteilchen, die damit den Fall verlangsamen, also die Sinkgeschwindigkeit stark genug verzögern. Das klappt bestenfalls bei ganz leichten Landegeräten, die man noch zusätzlich durch Airbags abfedert. Bei so großen Sonden wie dem Mars-Rover Curiosity, der etwa die Ausmaße und das Gewicht eines Autos hat, geht das aber nicht. Also müssen andere Verfahren her – wie etwa der Himmelskran. Was das ist? Schau dir dieses Video an, das die Landung des Mars-Rovers Curiosity zeigt. Du wirst staunen, wie einfallsreich die Ingenieure und Ingenieurinnen da waren! Und funktioniert hat das alles nur, weil vorher die Druckverhältnisse in der Mars-Atmosphäre exakt berechnet wurden.
Quiz
So, das sollte erst einmal zum Einstieg in das Thema Vakuum und Luftdruck genügen. Hier noch zum Abschluss ein kleines Quiz – mal sehen, ob wir dir alles gut erklärt haben und du die folgenden Fragen beantworten kannst. Die Auflösungen findest du hier. Aber nicht gleich nachgucken – sonst macht’s keinen Spaß!
Menschen auf dem Mars
Ach ja, eine Sache haben wir noch für dich: Denn so völlig ausgeschlossen ist es nicht, dass du mal eines Tages einen Spacewalk machst. Virtuell geht das in mehreren unserer DLR_School_Labs: Da gibt es eine Virtual-Reality-Simulation, bei der du mit der VR-Brille wie ein Astronaut oder eine Astronautin um die ISS herumschwebst. Du trägst dabei – immer natürlich in der virtuellen Welt – einen Düsenrucksack wie der Astronaut oben auf dem Foto. Und wer weiß? Vielleicht gehörst du zu den Menschen, die sogar in der echten Realität eines Tages Astronaut oder Astronautin werden. Wenn es klappt: prima! Wenn nicht: Es gibt auch viele andere spannende Jobs in der Raumfahrt und in Forschung und Technik insgesamt. Auch die Fachleute, die Raumsonden für einen Flug zu einem Kometen oder zum Mars entwickeln, haben ein wirklich aufregendes Berufsleben. Voraussetzung ist natürlich, dass man sich gut in Physik oder anderen naturwissenschaftlichen Fächern auskennt. In diesem Sinne: Viel Spaß und Erfolg im Physikunterricht und vielleicht später mal im Studium! Ganz zum Abschluss noch eine kleine Bitte: Solltest du es tatsächlich schaffen und zu den ersten Menschen gehören, die auf dem Mars landen – bring uns doch bitte beim Rückflug etwas von dem roten Sand mit! Wir würden ihn zu gerne in unseren Labors untersuchen. ;-)
Leitfaden für Lehrkräfte