Artikel aus dem DLRmagazin 172: Der DLR Projektträger bringt Ideen auf die Straße

Wie Wissenschaft wirkt

Wie wird aus einer Idee eine wissenschaftliche Erkenntnis und daraus eine Dienstleistung oder ein Produkt?
Der DLR Projekträger unterstützt beim Wissenstransfer
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istockphoto/Dilok Klaisataporn

Fortschritt beginnt in den Köpfen. Wie aber wird aus einer Idee eine wissenschaftliche Erkenntnis und daraus eine Dienstleistung oder ein Produkt? Auf dem Weg zu diesem Transfer spielt der DLR Projektträger eine wichtige Rolle. Zwei Beispiele zeigen, wie seine Arbeit wirkt.

Das Netzwerk Universitätsmedizin

Ralf Heyder, Koordinierungsstelle Netzwerk Universitätsmedizin, Charité Berlin: „Im März 2020 wurde in den Beratungsgesprächen der Bundesregierung schnell klar: Der Corona-Pandemie können wir nur begegnen, wenn wir Forschungserkenntnisse und klinisches Wissen effektiv bündeln und zügig für die Patientenversorgung zur Verfügung stellen. Dafür war es nötig, alle 36 Universitätskliniken Deutschlands in einem Netzwerk zusammenzubringen. Die erste Herausforderung für uns als Koordinierungsstelle lag darin, alle Stakeholder an einen Tisch zu bringen. Dann galt es, eine standortübergreifende Dateninfrastruktur zur Verfügung zu stellen, in der Patientendaten datenschutzkonform standardisiert erhoben, gespeichert und geteilt werden können. In dieser Phase hat uns der DLR Projektträger mit seiner langjährigen Erfahrung unter anderem aus der Betreuung der Medizininformatikinitiative des BMBF unterstützt. Auch die förderrechtlichen und -administrativen Anforderungen hätten ohne die Beratung durch den DLR Projektträger nicht so schnell umgesetzt werden können. Das Besondere in der Förderung: Wir mussten ohne die sonst übliche vorangehende Planungsphase einen direkten Kaltstart in die Realisation hinlegen. Von der gemeinsamen Datenbasis und den entwickelten Behandlungskonzepten profitieren heute auch Long- und Post-Covid-Patientinnen und -Patienten. Sollte es noch einmal zu einer ähnlichen Situation kommen, sind wir strukturell bestens aufgestellt.“

Über das Netzwerk

Das vom BMBF geförderte Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) wurde im April 2020 als Teil des Krisenmanagements zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gegründet. Seine Zwecke: die Covid-Forschung der Universitätsmedizin koordinieren, Forschungsdaten gemeinsam sammeln und auswerten, die Pandemievorsorge in Deutschland verbessern sowie Maßnahmenpläne, Diagnostik- und Behandlungsstrategien möglichst aller deutschen Universitätskliniken zusammenführen und auswerten.

Die sowento GmbH

Steffen Raach, CEO der sowento GmbH: „Schwimmende Offshore-Windenergieanlagen zu optimieren – darum drehte sich das Eurostars-Projekt CROWN, das wir mit einem deutsch-spanischen Forschungsteam umgesetzt haben. Innerhalb des Projekts haben wir als sowento GmbH daran geforscht, die Plattformen stabiler zu gestalten. Dafür haben wir eine Softwareapplikation entwickelt, den sogenannten Real-time Observer. Er misst und modelliert beispielsweise die Belastung der Ankerleinen, mit denen die Plattformen im Meeresgrund befestigt sind. So lassen sich Wartungen besser planen und durchführen und schwimmende Offshore-Windenergieanlagen insgesamt sicherer betreiben. Derzeit arbeiten wir daran, den Real-time Observer als Hardware auf den Markt zu bringen. Das wurde uns durch die Forschungsförderung ermöglicht. Abgewickelt wurde die Projektförderung vom DLR Projektträger. Das Projekt war teilgefördert, wir mussten also auch eigenes Geld beisteuern. Für ein so junges Unternehmen – sowento wurde 2016 an der Universität Stuttgart gegründet, seit 2018 sind wir eine GmbH – ist das oft der Knackpunkt, denn man muss plausibel belegen, wie man diesen Eigenanteil erbringen will. Das hätte schnell sehr bürokratisch werden können, doch der DLR Projektträger hat uns hier viel Offenheit und Vertrauen entgegengebracht. Beide Seiten haben sehr transparent agiert, was die Zusammenarbeit so erfolgreich und auch angenehm machte.“

Über das Förderprogramm Eurostars

Eurostars ist ein grenzüberschreitendes Förderprogramm, das sich an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) richtet. Gefördert werden KMU, die in bi- und multilateraler Zusammenarbeit innovative Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen erforschen und entwickeln. Eurostars wurde 2007 gemeinsam von der Forschungsinitiative EUREKA und der Europäischen Kommission eingeführt. In Deutschland fördert das Bundesforschungsministerium die deutschen Partner der ausgewählten Projekte.

Mehr Freiheit – mehr Transfer

Interview mit Martin Wegner, Bereichsleiter Gesellschaft, Innovation, Technologie im DLR Projektträger.

Martin Wegner
Bereichsleiter Gesellschaft, Innovation, Technologie im DLR Projektträger

In der Forschung spricht man oft über den Transfer der Ergebnisse. Was bedeutet in diesem Zusammenhang Transfer?

: Wir unterscheiden zwischen dem klassischen Technologietransfer und dem Wissenstransfer. Unter Technologietransfer verstehen wir einen Prozess, in dem vielversprechende Ideen und wissenschaftliche Ergebnisse erkannt, weiterentwickelt und in wirtschaftliche Anwendungen gebracht werden. So können aus ihnen neue und konkrete Produkte und Dienstleistungen werden. Wenn es darum geht, Forschungsergebnisse gesellschaftlich wirksam zu machen sowie Entwicklungen, Entscheidungsfindungen oder Wissenszuwachs in Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft anzustoßen, ist Wissenstransfer ein wichtiger Hebel. Am Ende haben beide ein gemeinsames Ziel: Transfer führt zu volkswirtschaftlichem und gesellschaftlichem Nutzen.

Warum reicht es nicht, zu forschen?

: Wir stehen vor tiefgreifenden gesellschaftlichen Herausforderungen: In der Geo- und Sicherheitspolitik, aber auch im Umgang mit Klima- und Umweltveränderungen brauchen wir immer neue technische und soziale Entwicklungen. Das schaffen wir nur, wenn wir Potenziale besser nutzen, Forschungs- und Innovationräume öffnen und den Mut zum Aufgreifen von Ideen, Erkenntnissen und Konzepten unterstützen. Es kommt dabei auf das optimale Zusammenspiel aller Handelnden aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft an. Ein Beispiel dafür, wie wirksam es sein kann, wenn die Kräfte gebündelt werden, die in Forschung und Entwicklung fließen, ist die Entwicklung des mRNA-Impfstoffs gegen das Coronavirus. Der konnte nur so schnell auf den Markt kommen und im Kampf gegen die Pandemie unterstützen, weil seine Entwicklung schon über viele Jahre gefördert wurde. Auch da spielten wir als DLR Projektträger übrigens eine entscheidende Rolle, wie auch beim späteren Blitztransfer dieses Wissens in einen Covid-19-Impfstoff.

Nimmt man das gesamte Innovationssystem in den Blick – wie kann Transfer besser gelingen? Was sollte sich aus Sicht der Projektträger ändern?

: Ein entscheidender Schritt ist es, die vielen ineinandergreifenden öffentlichen Programme und Initiativen zu managen, die das Forschungs- und Innovationssystem stärken. Projektträger spielen dabei eine zentrale Rolle. Wir müssen mehr Risiko wagen und gleichzeitig den verantwortungsvollen Einsatz von Steuergeldern sicherstellen. Dafür brauchen wir Förderprogramme, die zielorientiert geplant und umgesetzt werden und sich nachvollziehbar an ihrer Umsetzung und den erzielten Wirkungen messen lassen. Außerdem brauchen wir neue, flexiblere Förderformate, die mitunter auch bestehende Systeme, Prozesse oder Technologien infrage stellen. Dazu müssen wir die Chancen der Digitalisierung nutzen und Förderung vereinfachen und beschleunigen. Ganz konkret sollte zum Beispiel das Jährlichkeitsprinzip in der Bundeshaushaltsordnung aufgelöst oder die Bonitätsprüfung kleinerer, innovativer Unternehmen und Startups vereinfacht werden. Mehr Freiheit, mehr Flexibilität für mehr Transfer und Wirkung von Forschung!

Mehr zum Bereich Gesellschaft, Innovation, Technologie finden Sie hier.

Ein Beitrag von Stefanie Huland aus dem DLRmagazin 172

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