V2X DuRail - Vehicle-to-Everything

Funk für digitale, urbane Zugkommunikation

Die Mobilität der Zukunft ist digitalisiert und vernetzt – das gilt nicht zuletzt für den Schienenverkehr. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) erarbeitet dazu neue Lösungsansätze und Technologien. Mit dem Ziel Sicherheit, Komfort und Effizienz im Schienenverkehr zu steigern hat ein DLR-Projektteam Funksysteme untersucht, die eine sichere Kommunikation zwischen Zügen, Teilzügen und Wägen und mit dem kreuzenden Straßenverkehr ermöglichen. Die rund einjährige Forschungsstudie wurde im Mai 2021 erfolgreich abgeschlossen.

„Unsere Untersuchungen tragen dazu bei, Störungen zwischen den verschiedenen drahtlosen Funksystemen im Straßen- und Schienenverkehr besser zu verstehen und zu vermeiden. Das erhöht die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer“, erklärt Projektleiterin Dr. Dina Bousdar vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation. „Mithilfe unserer Ergebnisse kann ein kostengünstiges und zuverlässiges Zugbeeinflussungssystem realisiert werden, das den V2X-Funk nutzt, also eine Funkverbindung von einem Zug zu anderen Zügen und bei Bedarf auch zu Straßenfahrzeugen an Bahnübergängen.“

Vernetzte intelligente Funksysteme sollen unter anderem Bahnübergänge sicherer machen, indem Autofahrer und Zugführer aufeinander hinweisen. Im Schienenverkehr werden vor allem Zugsteuerungs- und Zugbeeinflussungssysteme mit drahtloser Kommunikation ausgebaut. Parallel dazu werden Autos zunehmend mit funkbasierten Kommunikationssystemen. Beide Systeme zusammen können genutzt werden, um die Infrastruktur besser auszulasten und Kollisionen mit anderen Zügen oder Autos zu vermeiden.

Die Funksysteme im Straßen- und Schienenverkehr können sich jedoch gegenseitig beeinflussen. Insbesondere in Stadtgebieten mit hoher Fahrzeugdichte kann dies zu Störungen führen. Hinzu kommen schwierige Umgebungen für die Signalausbreitung, wie etwa Häuserschluchten oder Brücken. Für sicherheitskritische Anwendungen ist eine zuverlässige Kommunikation essenziell.

Standard für verschiedene Funksysteme

Für städtische Regional- und U-Bahnen werden verschiedene CBTC-Systeme (Communications Based Train Control) genutzt. Für CBTC gibt es bislang keine verbindlichen Standards. Viele kommerzielle Implementierungen nutzen WLAN (Wireless Local Area Network). Die hierfür genutzten Frequenzbänder werden jedoch auch stark für Internetzugang und Unterhaltungselektronik genutzt. Andere Systeme nutzen Frequenzbänder, für die Frequenzzuteilungen benötigt werden. Diese Frequenzbänder sind limitiert und ihre Nutzung ist teuer.

Deshalb streben die Frequenzregulierungsbehörden eine Mehrfachnutzung an: U-Bahnen verlaufen nicht nur unterirdisch, sondern auch oberirdisch und meist parallel zu Straßen. Straßenbahnen nutzen ebenfalls den Verkehrsraum von Straßen. Ein gemeinsamer Standard wie ITS für den Straßenverkehr und CBTC für Straßen- und U-Bahnen wird damit möglich.

Hier setzt das Projekt V2X-DuRail an: Der aus dem Straßenverkehr bekannte V2X-Funk wird als harmonisierte technische Lösung untersucht. Im Fokus steht die zuverlässige Koexistenz der drahtlosen Kommunikation von ITS im Straßen- und Schienenverkehr basierend auf V2X-Funk im 5,9 GHz Band. Unter dem Begriff „V2X-Funk“ versteht man Fahrzeug-zu-Fahrzeug Kommunikationssysteme, die eine direkte Funkkommunikation zwischen den Fahrzeugen und der Straßeninfrastruktur ermöglichen, ohne dass hierfür die Kommunikation über eine Basisstation geführt werden muss, wie das beim „klassischen Mobilfunk“ der Fall ist. Dadurch erreicht der V2X-Funk bereits heute extrem niedrige Ende-zu-Ende Verzögerungszeiten und eignet sich somit für sicherheitskritische Verkehrsanwendungen. Aktuell gibt es für V2X-Funk zwei im Markt konkurrierende Lösungen: Zum einen das auf WLAN basierende ITS-G5 und das auf 4G basierende LTE C-V2X. Jede dieser Technologien wird momentan in den korrespondierenden Normungsgremien weiterentwickelt und in den nächsten Monaten entsprechend spezifiziert. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Interferenzmessungen auch diese zukünftigen V2X-Funksysteme berücksichtigen.

Messungen im Stadtgebiet Berlin

Als Höhepunkt des Forschungsprojekts führte das V2X-DuRail-Team  vom 4. bis 7. März 2021 in Berlin Messungen mit einem technologieunabhängigen Funkmesssystem (Channel Sounder) durch. 16 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler waren dazu mit verschiedenen Ortungsempfängern, Sensoren sowie spezieller V2X-Funktechnik im Einsatz. Im Stadtgebiet von Berlin gingen sie bei insgesamt 50 Testszenarien der Frage nach, welche Faktoren sich wie stark auf die Funkübertragung auswirken.

Für diese Messungen nutzten die Experten des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation das „advanced TrainLab“, ein Versuchszug der Deutschen Bahn. Darüber hinaus waren zwei Messautos unterwegs. Alle Fahrzeuge waren mit verschiedenen Kommunikations- und Lokalisierungssystemen ausgestattet. In der Nähe eines S-Bahnhofs wurde außerdem eine Basisstation errichtet, um Communication-Based Train Control (CBTC) Systeme zu emulieren. Mit den Fahrzeugen führte das Team verschiedene Manöver in unterschiedlichen Umgebungen durch. Es wurde gemessen, welche Funksignale der Autos im Zug empfangen werden und in welcher Qualität. So testete das Projektteam gezielt Situationen, in denen Interferenzen auftreten und sich die drahtlosen Kommunikationssysteme von Straße und Schiene gegenseitig stören können.

„Uns ist es gelungen, hundert Prozent der 50 geplanten Testszenarien, im Laufe der V2X-DuRail-Messkampagne durchzuführen. Die Testszenarien beinhalten verschiedene Einstellungen der interferierten CBTC Zug zu Basisstation Verbindung (IEEE 802.11a, ITS-G5, LTE C-V2X) und der Interferenzquelle in den Straßenfahrzeugen (ITS-G5)“, fasst Dr. Dina Bousdar zusammen.

Fortsetzung der Forschungsaktivitäten

Die Ergebnisse werden in Standardisierungsgremien der European Telecommunications Standards Institute (ETSI) eingebracht. Im Rahmen der „ETSI Special Task Force (STF) 603“ sollen weitere V2X Feldtests mit der Pariser U-Bahn im Sommer 2021 organisiert werden. Ziel der Messungen ist, ähnlich wie beim nun abgeschlossenen Projekt „V2X-DuRail“, die Interferenz der Fahrzeugkommunikation auf die CBTC Zugkommunikation zu messen und modellieren, um in einem zweiten Schritt Schutzzonen in unmittelbarer Nähe der Gleise und Milderungsverfahren für die Fahrzeugkommunikation zu definieren. Das DLR trägt entscheidend zu der Ausübung der Feldtest in Paris bei und beteiligt sich mit Forschungsfahrzeugen und Mitarbeitern. Dabei kommt ein identischer Messaufbau wie bei V2X-DuRail zum Einsatz. Die Vorbereitung der V2X-DuRail Messkampagne, der Messaufbau, die Lessons-Learned zum Verlauf der Feldtests sowie die erste Auswertung der Messdaten fließen direkt in die ETSI STF 603 ein. Die DLR-Wissenschaftler Dr. Stephan Sand und Dr. Fabian de Ponte Müller, die in beiden Vorhaben aktiv beteiligt sind, sorgen für einen kontinuierlichen Informationsfluss zwischen beiden Projektteams. Während des ersten Halbjahres 2021 hat so bereits ein enger Austausch zwischen V2X-DuRail und der ETSI STF 603 stattgefunden und wird weiter fortgeführt.

Datensätze V2X-DuRail - Funk für digitale, urbane Zugkommunikation

Wenn Sie Zugang zu den Datensätzen wünschen, dann zögern Sie bitte nicht, Kontakt mit der Gruppe Landverkehr am Institut für Kommunikation und Navigation, des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) aufzunehmen. Bitte benutzen Sie dazu folgende E-Mail-Adresse: KN-COS-v2x-durail@dlr.de

Das Projekt „V2X-DuRail“ (Vehicle-to-Everything-Funk für digitale, urbane Zugkommunikation) wurde im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND mit 97.923 Euro durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert.

Über den mFUND des BMVI

Im Rahmen des Förderprogramms mFUND unterstützt das BMVI seit 2016 Forschungs- und Entwicklungsprojekte rund um datenbasierte digitale Innovationen für die Mobilität 4.0. Die Projektförderung wird ergänzt durch eine aktive fachliche Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Forschung und die Bereitstellung von offenen Daten auf dem Portal mCLOUD. Weitere Informationen finden Sie unter www.mfund.de.

Credit:

mFund













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