Kepler - Satellitennavigation der 3. Generation
Mit Kepler hat das Institut für Kommunikation und Navigation einen Systemvorschlag für ein Satellitennavigationssystem der 3. Generation vorgelegt - mit nie dagewesener Genauigkeit und Zuverlässigkeit. Es soll Anwendungen von Morgen wie etwa das autonome Fahren und Fliegen möglich machen.
Kepler beruht auf der Vernetzung von MEO-Satelliten mittels optischer Intersatellitenlinks, die eine präzise Distanzmessung sowie die Zeitübertragung zwischen jeweils zwei Satelliten ermöglichen. Sie erlauben zudem eine schnelle Kommunikation im Netzwerk, so dass sich die Satelliten untereinander synchronisieren können. Darüber hinaus ermöglicht eine kleine Konstellation von Satelliten im Low Earth Orbit (LEO) Beobachtungen der abgestrahlten Signale ohne atmosphärische Beeinträchtigungen. Zusammen mit der präzisen optischen Entfernungsmessung zwischen ausgewählten Satelliten bietet dies Möglichkeiten zur Bahnbestimmung mit bisher unerreichter Genauigkeit.
Die Kepler-Infrastruktur besteht somit aus drei Hauptkomponenten:
- einer MEO-Satellitenkonstellation, die mittels optischer Intersatellitenlinks innerhalb der Bahnebenen vernetzt ist
- einer kleinen Konstellation von LEO-Satelliten zur Beobachtung der abgestrahlten Signale, zum Zeittransfer zwischen den MEO-Bahnebenen und als Träger einiger langzeitstabiler Uhren sowie
- mindestens einer Bodenstation zur Aufrechterhaltung der Kopplung des Systems an die Erdrotation.
MEO-Segment
Kepler nutzt die exakt gleiche MEO-Konstellation wie Galileo. Entsprechend werden 24 MEO-Navigations-Satelliten in drei Bahnebenen platziert (Halbachse: 29600 km). Dies soll einen reibungslosen Übergang von Galileo zu Kepler gewährleisten. Jeder MEO-Satellit ist mit einem kavitätsstabilisierten Laser (Wellenlänge 1550 nm) und mit jeweils einer direkten optischen Verbindung zum vorauslaufenden und nachfolgenden Satelliten in derselben Bahnebene ausgestattet. Ein drittes optisches Terminal auf jedem MEO-Satelliten bietet die Möglichkeit zur Verbindung mit den Satelliten der LEO-Konstellation.
Die optischen Terminals stellen bidirektionale Inter-Satelliten-Verbindungen bereit und unterstützen so
- die präzise globale Synchronisation aller Satelliten (Picosekunden-Level)
- die präzise Entfernungsmessungen zwischen Satelliten (Zielgenauigkeit: 40 µm)
- die schnelle Übertragung von Messungen und Daten zwischen allen Satelliten (50 Mbps)
Alle diese Prozesse finden im optischen Frequenzbereich statt. Die Synchronisation - sowohl in der Frequenz als auch in der Zeit - wird durch den Einsatz eines Frequenzkamms in das L-Band übertragen, wobei die im optischen Bereich erreichte Stabilität erhalten bleibt. Die L-Band-Signale werden dann von den MEO-Satelliten abgestrahlt. Die Signale sind rückwärtskompatibel zu Galileo und enthalten einige Weiterentwicklungen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit des Systems.
LEO-Segment
Das Kepler-LEO-Segment besteht aus sechs LEO-Satelliten, die sich auf zwei nahezu polaren Bahnebenen (Inklination: 89,7 Grad, Halbachse: 7600 km) befinden, wobei die Längen der aufsteigenden Knoten (RAANs) um 120 Grad voneinander getrennt sind. Jeder LEO-Satellit verfügt über drei optische Terminals, um simultan bidirektionale optische Verbindungen zu verschiedenen MEO-Ebenen herzustellen zu können.
Die LEO-Satelliten sind mit der gleichen optischen Frequenzreferenz (kavitätsstabilisierter Laser) ausgestattet wie die MEO-Satelliten. Dies ermöglicht eine globale Synchronisation. Zusätzlich werden eine oder mehrere langzeitstabile Uhren, z. B. jodstabilisierte Lasereinheiten, mit eingebunden, um eine hochstabile satellitenbasierte Zeitskala zu realisieren.
Die LEO-Konstellation bietet drei Hauptfunktionen:
- Sie unterstützt die systeminterne Synchronisation indem sie optische Verbindungen zu zwei MEO-Satelliten auf verschiedenen Bahnebenen herstellt und Synchronisationssignale zwischen den Bahnebenen weiterleitet.
- Sie ermöglicht die präzise Bestimmung der Umlaufbahnen und Orbitpositionen durch atmosphärenfreie Beobachtung der übertragenen Navigationssignale und des gesamten Satzes von Laserentfernungsmessungen zwischen den Satelliten.
- Sie trägt ein Ensemble von langzeitstabilen Uhren auf optischen und/oder Mikrowellen-Frequenzen und erhält damit die Definition der Kepler-Systemzeit aufrecht.
Bodensegment
Das Kepler-Bodensegment ist autonom in der Lage, die Synchronisation mit dem Raumsegment aufrechtzuerhalten, die Orbitbestimmung durchzuführen und die Robustheit innerhalb des Systems zu gewährleisten. Mindestens eine Bodenüberwachungsstation ist notwendig (und ausreichend), um die Synchronisation der Kepler-Konstellation mit der Erdrotation zu gewährleisten. Außerdem kann dank der optischen Inter-Satelliten-Verbindungen eine einzige Uplink-Station jederzeit mit jedem Satelliten im System kommunizieren.
Obwohl bereits eine Bodenstation ausreicht, um das System an die Erdrotation zu koppeln, werden in einer praktischen Realisierung Redundanzen erforderlich sein. Ungeachtet dessen, kommt Kepler im Vergleich zu existierenden GNSS mit einem minimalen Bodensegment aus.
Synchronisationssystem
Die im Keplersystem eingesetzten kavitätsstabilisierte Laser zeichnen sich durch eine Frequenzstabilität von weniger als 10^-15 [s/s] (Allan-Abweichung) für Mittelungszeiten von bis zu 10 Sekunden aus. Dem gegenüber können alle MEO-Satelliten innerhalb der Konstellation mit einer Latenzzeit von maximal 795,6 ms untereinander kommunizieren. Damit können alle Komponenten des Systems innerhalb eines Zeitintervalls synchronisiert werden, das deutlich unterhalb des Stabilitätsbereichs der kavitätsstabilisierten Laser liegt.
Jeder Satellit ist in der Lage die Kepler-Systemzeit lokal zu realisieren, indem er eine zusammengesetzte Zeitskala berechnet, die auf den Messungen der im System gemeinsam genutzten Uhrenoffsets basiert. Die Offsets der lokalen kavitätsstabilisierten Laser gegenüber dem impliziten Ensemble-Mittelwert werden während der Erzeugung der L-Band-Signale auf den MEO-Satelliten kompensiert.
In Verbindung mit der genauen Kenntnis der Topologie des Raumsegments lassen sich mit Kepler so die wesentlichen Einflussfaktoren auf Signal-in-Space-Fehler weitgehend eliminieren. Dies führt zu einer nie dagewesenen Präzision und einer sehr schnellen Konvergenz hochpräziser Positionsschätzungen, die in Simulationen bereits eindrucksvoll nachgewiesen werden konnte.
Projekte
Im Projekt Kepler Vision verfeinert das Institut für Kommunikation und Navigation das Kepler-Konzept und entwickelt es den Anforderungen der maßgeblichen Institutionen folgenden kontinuierlich weiter.
Im Projekt COMPASSO demonstriert das Institut gemeinsam mit dem Galileo-Kompetenzzentrum und dem Institut für Quantentechnologien, wesentliche Schlüsselkomponenten des Keplerkonzeptes im All.