14. März 2025 | Mecklenburg-Vorpommern fördert Forschungsprojekt zu GPS-Alternative

DLR Neustrelitz erfolgreich mit AIR-MoPSy

Mecklenburg-Vorpommern fördert Forschungsprojekt zu GPS-Alternative
Bettina Martin, Ministerin für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, überreicht den Bescheid zur Förderung der AIR-MoPSy Projektidee an das Konsortium der fünf Forschungsinstitute aus Mecklenburg-Vorpommern. Personen Von links: Prof. Christian von Savigny (Universität Greifswald), Dr.-Ing Lars Grundhöfer (DLR-Institut für Kommunikation und Navigation), Ministerin Bettina Martin (Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Mecklenburg-Vorpommern), Prof. Claudia Stolle (Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik), Dr. Viven Wendt (DLR-Institut für Solar-Terrestrische Physik), Dr. Volker Mohrholz (Leibniz-Institut für Ostseeforschung).
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WKM MV / S. Scholz

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  • Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern erließ im Frühjahr 2024 einen Wettbewerbsaufruf zur Förderung von Anwendungsorientierter Exzellenzforschung aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE).
  • Zwei Institute vom DLR Standort Neustrelitz gehören zum Konsortium des Forschungsprojekts AIR-MoPSy, dessen Bewerbung erfolgreich 5 Mio. € einwarb.
  • AIR-MoPSy soll die Genauigkeit des „R-Mode“ Systems erhöhen, welches als maritimes Navigationssystem eine Alternative zur satellitengestützten Navigation (z.B. GPS) bietet, falls diese durch natürliche oder menschengemachte Störungen ausfällt.

Globale Navigationssatellitensysteme, deren bekanntester Vertreter das amerikanische GPS ist, sind mittlerweile unerlässliche Hilfsmittel für die Luft- und Schifffahrt ebenso wie für den alltäglichen Straßenverkehr. Allerdings können zum Beispiel Sonnenstürme die Zuverlässigkeit der Satellitennavigation stark beeinflussen. Zusätzlich ist es möglich, das Satellitensignal mit Störsendern zu blockieren („GPS-Jamming“). Dies kann ernste Konsequenzen für den Luft- und Schiffsverkehr haben, wie sich etwa Anfang 2024 zeigte, und im Extremfall zu schweren Unfällen führen.

Das DLR hat sich das Ziel gesetzt, neue Technologien zu entwickeln, die eine sichere und störungsresistente Navigation auf den Wasserstraßen und Meeren ermöglicht. Im Ostseeraum verfolgen wir den Ansatz eines alternativen, landbasierten Funknavigationssystem Ranging-Mode (R-Mode), dass seit 2016 im DLR-Institut für Kommunikation und Navigation entwickelt wird. Beim Mittelwellen R-Mode Ansatz wird hierbei ein Netz von bestehenden Sendern der maritimen Administrationen im Ostseeraum modifiziert und für die Positionsbestimmung nutzbar gemacht. Allerdings können atmosphärische Vorgänge in der oberen Atmosphäre zwischen 65 km und 150 km Höhe die Genauigkeit des R-Mode Verfahrens tageszeitabhängig verringern, wie DLR Messungen gezeigt haben. Grund hierfür ist das auch im Amateurfunk bekannte Phänomen der Überreichweite von Lang- und Mittelwellensignalen in der Nacht.

Einfluss der Ionosphäre auf das R-Mode System

Für dieses Phänomen liefert die Physik der Ionosphäre und oberen Atmosphäre die Erklärung. Oberhalb von 65 km Höhe ist ein Teil der Erdatmosphäre durch die intensive Sonneneinstrahlung ionisiert. Dieser Teil wird allgemein als Ionosphäre bezeichnet. Entdeckt wurde die Ionosphäre während der ersten Trans-Atlantik Radioübertragungen. Man stellte fest, dass es in etwa 100 km Höhe eine elektrische leitfähige Schicht („E-Schicht“) der Erdatmosphäre geben muss, die das Signal reflektiert. Diese Ausbreitung wird seither als Raumwelle bezeichnet. Später wurde unterhalb der E-Schicht in einer Höhe zwischen 65 km und 90 km eine weitere Ionosphärenschicht entdeckt, die als D-Schicht bezeichnet wird. Diese ist im Vergleich zur E-Schicht nur schwach ausgeprägt und wird von verschiedensten atmosphärischen Prozessen stark beeinflusst. In der D-Schicht werden langwellige Radiosignale, wie sie beim R-Mode Verfahren verwendet werden, je nach Zustand der D-Schicht mehr oder weniger stark gedämpft oder sogar reflektiert. Nachts verschwindet die D-Schicht fast komplett, sodass die Raumwelle kaum gedämpft und somit der Empfang der R-Mode Bodenwelle stark beeinträchtigt wird. Dies führt zu einer reduzierten Leistungsfähigkeit des Navigationssystems in Abhängigkeit vom Verhältnis der empfangenen Leistung über beide Ausbreitungswege des Radiosignals.

AIR-MoPSy – Forschungskooperation in Mecklenburg-Vorpommern

Nachdem das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern zu Beginn des Jahres 2024 einen Aufruf startete, Förderanträge für anwendungsorientierte Exzellenzforschung zu stellen, schloss sich ein Konsortium aus fünf regionalen Forschungseinrichtungen zusammen. Unter Koordination der Universität Greifwald erarbeiteten die beiden Neustrelitzer DLR Institute für Solar-Terrestrische Physik und für Kommunikation und Navigation zusammen mit den beiden Leibniz-Instituten für Atmosphärenphysik (Kühlungsborn) und Ostseeforschung (Warnemünde) das Konzept für das Projekt „Atmospheric Impact on the R-Mode Positioning System“ (AIR-MoPSy). Hierin hat sich das Projektkonsortium die Ziele gesetzt, die komplexen physikalischen Wechselwirkungsprozesse der unteren Ionosphäre besser zu verstehen, das regional und tageszeitabhängige Auftreten der Raumwelle zu erfassen und zu beschreiben, sowie den Einfluss auf das R-Mode System zu quantifizieren und Methoden zur Unterdrückung der nächtlichen Leistungsreduktion im R-Mode System zu erarbeiten.

Hierbei liegen die Aufgaben des Instituts für Solar-Terrestrische Physik auf der Beschreibung und Modellierung der atmosphärischen und ionosphärischen Einflüsse auf das R-Mode Signal. Messungen, die Rückschlüsse auf den Zustand der unteren Ionosphäre zulassen, werden mit R-Mode Signalen und dem jeweiligen Zustand er Atmosphäre verglichen, um so Aussagen über die R-Mode Genauigkeit bei verschiedenen Ionosphären- und Atmosphärenzuständen tätigen zu können. Außerdem soll erstmalig ein Modell der unteren Ionosphäre entwickelt werden, welches nicht nur wie bisher den geomagnetischen sondern auch den atmosphärischen Einfluss mit berücksichtigt.

Das Institut für Kommunikation und Navigation bringt die Mittelwellen-R-Mode Expertise und Messequipment ins Projekt ein. Ein bestehendes Netzwerk von R-Mode Messstationen soll erweitert und mit Unterstützung vom Leibniz-Instituten für Ostseeforschung erstmals die R-Mode-Raumwelle messtechnisch erfasst werden. Die gewonnenen Erkenntnisse insbesondere aus den Modellen der Radiowellenausbreitung in der unteren Ionoshphäre soll in den DLR R-Mode Empfänger einfließen, um in Zukunft die R-Mode Leistungsfähigkeit ganztägig zu verbessern und damit neue Anwendungsfelder zu unterstützen.

Die intensive Arbeit in der Vorbereitung hat sich gelohnt. Am 10.03.2025 hat das Konsortium der fünf Forschungsinstitute aus Mecklenburg-Vorpommern den Bescheid zur Förderung der AIR-MoPSy Projektidee im feierlichen Rahmen von Frau Bettina Martin, Ministerin für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, überreicht bekommen.