Rosetta

Faszination Kometen

Komet Hale-Bopp
Diese Aufnahme vom 4. April 1997 des Kometen Hale-Bopp stammt vom Johannes-Kepler-Observatorium in Linz (Österreich). Die Staubteilchen in der Koma werden durch den Lichtdruck der solaren Photonen wegtransportiert und formen den Staubschweif.
Credit:

E. Kolmhofer, H. Raab; Johannes-Kepler-Observatory, Linz, Austria.

Sie sind ein seltenes Himmelsschauspiel: Kometen. Im Zeitraum eines Menschenlebens tauchen sie nur wenige Male am Firmament auf. Doch wer einen solchen Schweifstern gesehen hat, wird dieses astronomische Ereignis kaum je vergessen.

Mythos Kometen

Schweifsterne werden sie genannt oder auch Haarsterne, abgeleitet vom altgriechischen Wort κόμη (kómē) für den Haarschopf. Kometen sind seltene, aber beeindruckende, bisweilen faszinierende Erscheinungen am Sternenhimmel. Im Gegensatz zum uns vertrauten Mond und den vor dem Band der Milchstraße wandernden Planeten sind Kometen durch einen diffusen Lichtpunkt charakterisiert, von dem der namensgebende Schweif ausgeht.

So lag es nahe, den Kometen eine tiefere Bedeutung beizumessen. In der Geschichte der Menschheit wurden sie meist mit nahendem Unheil in Verbindung gebracht. Ihr nicht vorhersehbares Auftauchen verkörperte eine Störung der göttlichen Weltordnung. Kein Wunder also, dass unsere Vorfahren in Kometen etwas Mystisches sahen – Vorboten von Krieg und Katastrophen, von Seuchen, Hungersnöten und Umsturz. Sie symbolisierten das Böse, zumindest das Unberechenbare. Das galt in fast allen Kulturkreisen.

So auch im ältesten eindeutigen Dokument zu einem Kometen in einer der westlichen Hochkulturen. Es stammt aus dem zwölften Jahrhundert vor Christus, als in Babylonien Nebukadnezar I. herrschte: „Wenn ein Komet den Weg zur Sonne erreicht, wird Gan-ba verringert sein. Zweimal wird ein Aufruhr sich erheben.“ Noch in der Zeit der Aufklärung wurde der Kometenschweif vielerorts als göttliche Zuchtrute betrachtet, mit dem Strafe und Buße verknüpft waren. Heute freilich haben die Menschen beim seltenen, überraschenden Auftauchen eines Kometen eher positive Gedanken. Ist doch das Bild, das sie an den Nachthimmel zeichnen, etwas Besonderes, ein Zeichen der Vielgestaltigkeit unserer kosmischen Heimat – und ihrer Schönheit.

Das Kometenbild der Antike

Die Astronomie, die Beobachtung der Sterne, ist eine jahrtausendealte Wissenschaft. Die ersten systematischen Beobachtungen des Nachthimmels werden den Chaldäern zugerechnet, die im dritten Jahrtausend vor Christus am Euphrat im antiken Babylonien lebten. Sie hielten ihre Messungen auf Ziegeltafeln in Keilschrift fest. Der römische Philosoph Seneca berichtete, die chaldäischen Astronomen hätten ein lebhaftes Interesse an Kometen gehabt, diesen unvorhersehbar am Himmel auftauchenden Phänomenen.

Teppich von Bayeux – vermutlich älteste Darstellung des Halleyschen Kometen
Der Teppich von Bayeux dokumentiert in 58 Szenen die Eroberung Englands durch die Normannen im Jahre 1066. Zur Zeit der Schlacht von Hastings am 14. Oktober 1066 durchlief der Komet seinen sonnennächsten Punkt.
Credit:

ESA / D. Pazos - CC-BY-SA IGO 3.0.

Auch chinesische Astronomen waren von Kometen fasziniert. Aus Beobachtungen, die bis ins elfte vorchristliche Jahrhundert zurückreichen, verfassten sie einen ersten Kometenalmanach, mit detaillierten Illustrationen, ausführlichen Beschreibungen und erstaunlich präzisen Messungen.

Die Frage, die sich den Gelehrten vor mehr als zweitausend Jahren stellte, war vor allem: Wo gehören die Kometen hin? Sind sie ein atmosphärisches Phänomen, brennende Wolken, also der Erde zuzurechnen? Oder sind sie Teil des Kosmos, des Raums der Sterne und Planeten? Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.) hatte für die Kometen in seinem geozentrischen Weltbild, das die Erde im Zentrum des Universums sah, keinen Platz am Sternenhimmel. Er stellte die Kometen als Ausgasungen der Erde dar, die in den Himmel aufstiegen und in der Hochatmosphäre durch die Hitze der Sonne Feuer fingen. Eine Ansicht, die kraft seiner philosophischen Autorität bis ins Mittelalter Bestand hatte, obwohl Demokrit (circa 460 v. Chr. bis circa 370 v. Chr.) schon ein Jahrhundert zuvor auf der richtigen Fährte war: Er vermutete, dass die Kometen im Planetenraum entstünden.

Ein neues Weltbild

„Über die Umschwünge der himmlischen Kreise“ – dieses Buch, das Nikolaus Kopernikus im Jahr 1543, wenige Wochen vor seinem Tod, veröffentlichte, veränderte die Welt. In ihm stellte der Domherr im masurischen Frauenburg aufgrund seiner mathematischen Berechnungen die Sonne in den Mittelpunkt unseres Planetensystems und lieferte somit die Grundlage für das heliozentrische Weltbild. Seit der Antike und fast 1.800 Jahre galt das geozentrische Weltbild, die Erde wurde als Mittelpunkt des Universums gesehen.

Das hatte Auswirkungen auf unser Bild von den Kometen. Noch ohne die Segnungen des Teleskops, aber mit Beobachtungsdaten aus ganz Europa, also unter verschiedenen Winkeln, gelang Tycho Brahe (1546 bis 1601) eine Abschätzung der Entfernung des Großen Kometen von 1577 von der Erde aus. Mindestens viermal weiter als der Mond müsste er mit seinem Schweif, der sich über eine Distanz von 40 Monddurchmessern am Nachthimmel erstreckte, von der Erde entfernt sein. Kometen waren nun eindeutig astronomische Objekte. Das Modell des Aristoteles, in dem Kometen brennende, von der Erde ausgestoßene Gase sind, war obsolet geworden.

Brahe, Kepler, Galilei, Hevelius – die bedeutenden Astronomen der Renaissance – beschäftigten sich nicht nur mit dem neuen heliozentrischen Weltbild und dessen Bedeutung für die Planetenbahnen. Nicht minder faszinierten sie Kometen. Deren Wege um die Sonne waren von anderer Natur: langgestreckte Ellipsen, vielleicht sogar offene Parabeln. Mit der Erfindung des Teleskops im Jahre 1609 wurde die nächste wissenschaftliche Entwicklung von fundamentaler Bedeutung angestoßen: Auf Grundlage der immer genaueren Bahnberechnungen der Planeten und vor allem auch einiger Kometen formulierte Isaac Newton 1687 sein Gravitationsgesetz, das bis heute die Schwerkraft gültig beschreibt.

Der Halleysche Komet

Mit seiner im Jahr 1687 etablierten Gravitationslehre – alle Körper ziehen sich gegenseitig an – versuchte sich Isaac Newton an einer Berechnung der Bahn des Großen Kometen von 1680. Das Ergebnis stimmte genau mit den Aufzeichnungen überein. Dies veranlasste einen Freund Newtons, den Universalgelehrten Edmond Halley (1656 bis 1742), die neue „Weltformel“ auch auf Bahndaten anderer Kometen anzuwenden. Dabei verwendete Halley Messungen des von ihm selbst observierten Kometen von 1682, ferner Beobachtungen anderer Kometen jener Zeit, aber auch antike Aufzeichnungen. Einige dieser Kometen hatten auffallend ähnliche Bahnen. Bald hatte er einen Verdacht: Handelte es sich bei dem Kometen, den Johannes Kepler 1607 sah, und dem, den der bayerische Astronom Peter Apian 1531 beschrieb, um ein- und denselben Kometen? Alles sprach dafür.

Das Kuiper-Flugzeugteleskop beobachtete den Halleyschen Kometen 1986, als er zuletzt ins innere Sonnensystem zurückkehrte
Mehrere Raumsonden wurden ins All geschossen, um den „Besucher“ aus der Nähe zu beobachten. Das Kuiper-Flugzeugteleskop beobachtete ihn von der Stratosphäre aus vor dem Hintergrund der Milchstraße.
Credit:

Kuiper Airborne Observatory

Damit war Edmond Halley der Erste, der zeigte, dass Kometen periodisch wiederkehren. Sie kommen aus der Tiefe des Planetensystems in die Nähe der Sonne und der vier inneren Planeten, umrunden die Sonne – und verschwinden wieder jenseits der Bahnen von Jupiter und Saturn. Ihre Wege gleichen meist mehr oder weniger lang gestreckten Ellipsen, obwohl auch offene Parabel- und Hyperbelbahnen möglich sind.

Halley war so überzeugt von seinen Berechnungen, dass er die Behauptung aufstellte, dass der Komet von 1682 etwa 1758 oder 1759 wieder zu sehen sein würde. Er sollte Recht behalten. Der Halleysche Komet, der „Lieblingskomet der Menschheit“, wie der berühmte Astronom Carl Sagan sagte, taucht etwa alle 76 Jahre in Erdnähe auf, zeigt uns seine prachtvolle Koma und verschwindet dann wieder im Dunkel des Alls.

Der Kometenkern

Die nur wenige Kilometer großen Kometenkerne sind Überbleibsel der Planetenbildung in den äußeren Regionen des Sonnensystems. Nur in der Nähe der Sonne entwickeln sie ihren prächtigen Schweif und werden auf diese Weise sichtbar. Der Amerikaner Fred Whipple erkannte 1950, dass ein fester Kern an der Spitze der Kometen diese Erscheinungen hervorruft. Während er noch von einem „schmutzigen Schneeball“ ausging, wissen wir heute, dass Staub und organische Verbindungen, also Kohlenstoff- und Kohlenwasserstoffverbindungen, die Zusammensetzung dominieren.

Fred Whipple, Astronom an der Harvard-Universität
Astronom Fred Whipple brachte in den 1950er Jahren seinen Studenten anschaulich die damals aktuelle Vorstellung von Kometen als „schmutzige Schneebälle“ zur Betrachtung.
Credit:

Jonathan Blair/Corbis via Getty Images

Gefrorene flüchtige Bestandteile sind in weitaus geringerem Maße vorhanden, doch gerade sie sind entscheidend für die Aktivität der Kometen. Kometenkerne besitzen wegen ihrer zahlreichen Poren und Hohlräume eine sehr geringe Dichte, ähnlich wie Kork. Sie gehören zu den dunkelsten Himmelsobjekten, die wir kennen, vergleichbar mit Holzkohle. Von der Erde aus können sie wegen ihrer geringen Größe nicht direkt beobachtet werden. Detailliertes Wissen haben uns vor allem Weltraummissionen gebracht.

Kontakt

Elke Heinemann

Leitung Digitale Kommunikation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-1852

Dr. Ekkehard Kührt

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin

Dr. Stephan Ulamec

Wis­sen­schaft­li­cher Lei­ter MMX-Ro­ver
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Raumflugbetrieb und Astronautentraining
Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC)
Münchener Straße 20, 82234 Weßling