Wissenschaftliche Ziele der Mission InSight
Wie sind die erdähnlichen Planeten aufgebaut, wie sind sie entstanden und wie verlief ihre frühe Entwicklung? Mit der NASA-Landesonde InSight werden mit einer robotischen Raumsonde der Aufbau aus Kruste, Mantel und Kern sowie die thermale Entwicklung des Mars vor Ort untersucht. Die Untersuchung des Inneren unseres Nachbarplaneten soll dazu beitragen, fundamentale Fragen zur Frühzeit des inneren Sonnensystems mit seinen vier Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars zu beantworten, die sich vor viereinhalb Milliarden Jahren im heißen solaren Urnebel gebildet und allesamt eine unterschiedliche Entwicklung genommen haben. Die Ergebnisse von InSight sollen ferner dazu dienen, auch die Entstehung, die Entwicklung und den Aufbau von extrasolaren Planeten (Planeten in der Umlaufbahn um andere Sterne) besser zu verstehen. Direkt auf der Marsoberfläche misst InSight zum einen mit dem von Deutschland beigesteuerten Experiment HP3 (Heat Flow and Physical Properties Package) entlang eines Bohrlochs von fünf Metern Tiefe den Wärmefluss des Planeten, außerdem werden mit dem französischen Experiment SEIS die von tektonischer Aktivität herrührenden und durch Meteoriteneinschläge verursachten Bebenwellen aufgezeichnet.
Warum der Mars?
Nachdem sich das Sonnensystem gebildet hatte und die acht Planeten als fast „fertige“ kugelförmige Körper die Sonne umrundeten – nach heutigem Verständnis war die Zusammenballung der meisten Planeten schon innerhalb weniger Millionen Jahren nach der Entstehung der Sonne im rotierenden solaren Urnebel abgeschlossen – wurde im Inneren dieser Körper durch den Prozess des Zusammenballens, der Akkretion, und dem wärmeerzeugenden Zerfall radioaktiver Elemente sehr viel mehr Energie erzeugt, als das heute noch der Fall ist. Die erdähnlichen Planeten waren zu einem großen Teil aufgeschmolzen und die im Zentrum erzeugte Wärme wurde durch Umwälzung dieses Gemischs aus Eisen und Gestein an die Oberfläche transportiert und dort zum Teil ans Weltall abgegeben. Im Laufe weniger Millionen Jahre trennten sich die Bestandteile in einen eisenreichen Kern, einen mächtigen, möglicherweise immer noch teilgeschmolzenen silikatischen Mantel und eine Gesteinskruste, die sich durch Abkühlung über der Planetenkugel gebildet hatte. Dieser Prozess wird Differentiation genannt.
Auf der Erde wird noch heute das vom geschmolzenen äußeren Eisenkern und dem radioaktiven Zerfall erhitzte Material des tiefen Erdmantels umgewälzt und bildet beim Aufstieg darin stellenweise Blasen aus geschmolzenem Gestein. Diese Schmelzen dringen durch die Kruste hindurch bis an die Oberfläche und speisen dort aktive Vulkane mit Magma. Im Innern des kleineren Mars hingegen war das Ausmaß der Umwälzungen nicht so groß, zudem verlangsamte sich dieser Prozess schon in der ersten Milliarde Jahre deutlich. Im Mars sind deshalb möglicherweise bis heute die Fingerabdrücke der Prozesse, die in den erdähnlichen Planeten Kern, Mantel und Kruste bildeten, erhalten geblieben. Durch die Untersuchung der heutigen thermalen und seismischen Verhältnisse des Mars sowie den Wärmefluss-Messungen, also der Rate, mit der dieser Planet seine Wärme zur Oberfläche transportiert und sie dort an die Atmosphäre beziehungsweise das Weltall abgibt, kann die jetzige Struktur des Planeten bestimmt werden. Gleichzeitig ermöglichen es die Untersuchungen, die Prozesse zu verstehen, die den Mars in seinen ersten hundert Millionen Jahren geformt haben. In Verbindung mit dem Wissen über die durchschnittliche chemisch-mineralogische Zusammensetzung von Mantel und Kern entsteht so ein Bild von Aufbau und Entwicklung der erdähnlichen Planeten.
Fester oder flüssiger Kern?
InSight soll Hinweise darauf liefern, was nach der Planetenentstehung und der Bildung von Kern, Mantel und Kruste in den ersten wenigen Millionen Jahren passierte und wie sich die erdähnlichen Planeten im Folgenden weiter- und vor allem auch auseinanderentwickelten. Mit den Messungen sollen Größe, Zusammensetzung und Zustand des Kerns ermittelt werden. Man nimmt an, dass der Marskern, ähnlich wie der Erdkern, im Wesentlichen aus Eisen besteht, aber deutlich mehr Schwefel und andere leichte Bestandteile enthält. Allerdings ist nicht ganz klar, ob und zu welchem Anteil der Kern geschmolzen ist. Schwefel und andere leichte Bestandteile senken den Schmelzpunkt ab, was erklären könnte, warum der Kern im vergleichsweise kleinen Mars noch zumindest teilweise geschmolzen sein könnte. Ist er aber bereits völlig fest, könnte dies eine Erklärung dafür sein, warum der Mars heute kein Magnetfeld mehr hat, das beispielsweise auch Leben auf der Oberfläche vor der kosmischen Strahlung und dem Sonnenwind schützen würde. Denn nach heutigem Verständnis würde man bei einem festen inneren Kern ein Magnetfeld erwarten. Andere Erklärungen sind allerdings auch denkbar: Zum Beispiel, dass der Kern völlig flüssig ist. Ob der Marskern im Ganzen flüssig ist, oder einen festen inneren Kern hat, ist daher eine der fundamentalen Fragen, die mit InSight beantwortet werden soll, denn von ihr hängt wesentlich ab, ob wir die Erzeugung planetarer Magnetfelder gut verstehen und wie die geologische Geschichte des Mars geschrieben werden kann.
Zur Beantwortung vieler in diesem Kontext bestehenden Fragen entwickelten DLR-Wissenschaftler für die Mission InSight das Experiment HP3. Damit wird der Wärmefluss, der aus dem Planeteninneren der Oberfläche entgegenströmt, in einer Tiefe von drei und bis zu fünf Metern gemessen. Ab einer Tiefe von etwa drei Metern ist dieses Wärmesignal unbeeinflusst von den jahreszeitlichen Schwankungen, die sich von der Oberfläche nach unten auswirken. Aus der Interpretation der Daten kann auf die Wärmeproduktion im Marsinneren und dessen Abkühlungsrate geschlossen werden. Damit ergeben sich Hinweise auf die Zusammensetzung des Planeten und seine Aktivität. Ferner soll HP3 die geologische Schichtung in den ersten fünf Metern unter der Marsoberfläche erfassen, indem es die thermo-mechanischen Eigenschaften des Bodens misst. Außerdem sind Wissenschaftler des DLR an der Auswertung der Daten des Seismometer-Experiments beteiligt. Im DLR-Institut für Planetenforschung wurde bereits im Jahr 2006 ein oft zitiertes Modell für die Stärke und geographische Verteilung der Marsbeben entwickelt, welches 2018 erweitert und aktualisiert wurde und mit dem SEIS-Experiment ab 2019 an der Realität gemessen wird.