Broschüre: Mission Insight (2018)
Blick in das Innere des Mars
Die InSight-Mission realisiert einen lang gehegten Wunsch der Planetenforscher: Ein geophysikalisches Observatorium auf einem erdähnlichen Planeten (zum Beispiel auf dem Mars). Auf der Erde verfügen wir über eine Vielzahl von Observatorien, oft spezialisiert als seismische, magnetische, geothermische Observatorien und auch Wetterstationen, die miteinander vernetzt sind und die Erdoberfläche abdecken. Die ursprünglichen und über lange Zeit vorbereiteten Pläne für den Mars sahen deshalb auch Netzwerke von mindestens drei Stationen vor, sodass man mit klassischen seismologischen Methoden Marsbeben würde lokalisieren und analysieren können. Auch den geothermischen Wärmefluss, das Magnetfeld und das Wetter beobachtet man besser an mehreren Stellen, weil die zu beobachtenden physikalischen Größen Wärmefluss, Magnetfeld, Lufttemperatur und -druck mit dem Ort variieren.
Die kostbaren Ressourcen der Weltraumfahrt, Masse und Energie, schließen den Einsatz von spezialisierten Observatorien aus Kostengründen aus. Daher liegt ein Observatorium mit mehreren Instrumenten als Nutzlast nahe, wie dies bei InSight der Fall ist. Auch die Idee, Netzwerke von mehreren Stationen gleichzeitig auszubringen, hat sich als zu riskant und teuer erwiesen, sodass nun mit InSight ein erstes und bis auf weiteres einziges Observatorium zum Mars fliegen wird. Die Wissenschaftler haben für die Mission neue Technologien entwickelt, um aus der einen Station das Optimum an Wissenschaft herauszuholen.
InSight wurde 2011 als Vorschlag in den NASA Discovery-Wettbewerb eingebracht und im August 2012 ausgewählt. Dabei konnten die Wissenschaftler von einer Vielzahl von vorherigen Vorschlägen – insbesondere in Europa – profitieren. Die Europäische Weltraumorganisation ESA hatte mit MarsNet und InterMarsnet zwei Vorschläge näher studiert, die französische Weltraumagentur CNES mit Netlander 2000-2003 den jüngsten. Auch die NASA hatte mit MESUR und GEMS Vorstudien unternommen. Dennoch ist es eine Besonderheit der Mission, dass sich amerikanische Kompetenz in der Landertechnologie mit europäischer Kompetenz bei geophysikalischen Instrumenten verbindet.
InSight ist zwar eine Mission mit dem Ziel Mars, aber die Wissenschaftler haben die Gesteinsplaneten im Allgemeinen im Blick. Von diesen kennen wir die Erde vergleichsweise sehr genau. InSight soll nun eine annähernd genaue Bestimmung des inneren Aufbaus und der Entwicklung eines erdähnlichen Planeten ermöglichen. Der Mars ist dabei eine gute Wahl, denn er ist als Nachbarplanet der Erde für Raumfahrtmissionen gut erreichbar und die Bedingungen auf der Oberfläche sind für irdische Technik beherrschbar – im Unterschied zur Venus, deren Atmosphäre 400 Grad Celsius heiß und hochkorrosiv ist. Darüber hinaus halten die Wissenschaftler den Mars für genügend repräsentativ für erdähnliche Planeten, obwohl die Individualität dieser Planeten durchaus betont werden darf.
Trotz der finanziellen Einschränkungen, denen eine vergleichsweise kleine Discovery-Mission unterliegt, konnten die wichtigsten Instrumente eines geophysikalischen Observatoriums realisiert werden. Dazu gehört ein Seismometer (SEIS) und eine Wärmeflusssonde (HP3 – Heat Flow and Physical Properties Package). Als Hilfsinstrumente des Seismometers sind Wettersensoren (Luftdruck und -temperatur) und ein Magnetometer an Bord. Mit Hilfe der Kommunikationshardware können – unter Ausnutzung des Dopplereffekts – Schwankungen der Rotationsachse vermessen werden. Die Schwankungen werden von ungleichmäßigen Massenverteilungen im Planeten verursacht. Daher helfen diese Messungen bei der Bestimmung des inneren Aufbaus, einem der Hauptziele der Mission.
Aus Deutschland sind das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit seinen wissenschaftlichen Instituten, insbesondere dem Berliner DLR-Institut für Planetenforschung, an der Mission beteiligt, sowie das Max-Planck Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen.
Das DLR stellt die Wärmeflusssonde HP3 bei, die unter der Leitung des PI (Principal Investigators, Hauptexperimentator) Prof. Tilman Spohn vom DLR-Institut für Planetenforschung entwickelt wurde. HP3 ist eine Abkürzung, die für Heat Flow and Physical Properties Package steht: im Englischen ausgesprochen als „H-P cubed“ oder im Deutschen als „HP hoch drei“ oder einfach „HP3“. Das Experiment besteht aus einem Gehäuse, das von der Landesonde mit einem kleinen Kran auf den Marsboden gestellt wird, und an dessen Vorderseite eine etwa 40 Zentimeter hohe Vorrichtung angebracht ist. Darin befindet sich eine 40 Zentimeter lange Rammsonde – von den Wissenschaftlern „Maulwurf“ (engl. mole) genannt – die sich mit einem elektrisch angetriebenen Federspannmechanismus über mehrere Wochen Zentimeter für Zentimeter in den Marsboden treiben wird. Die maximale Bohrtiefe beträgt fünf Meter. Der Maulwurf zieht ein mit Sensoren bestücktes Band hinter sich her, das die Wärmeflussmessungen durchführt. Zum Experiment gehört ferner ein Radiometer auf der Landesonde, um die Temperatur der Marsoberfläche bestimmen zu können. Die Kenntnis der Oberflächentemperatur ist von Interesse, um Störungen der Temperaturverteilung im Untergrund berechnen zu können. Wesentliche Beiträge zu HP3 wurden von den DLR-Instituten für Raumfahrtsysteme in Bremen, für optische Sensorsysteme in Berlin, für Raumflugbetrieb und Astronautentraining mit seiner Zweigstelle in Köln, für Systemdynamik und Regeltechnik in Oberpfaffenhofen, für Faserverbundleichtbau und Adaptronik in Braunschweig und für Robotik und Mechatronik in Oberpfaffenhofen erbracht.
Das Max-Planck Institut für Sonnensystemforschung entwickelte die Mechanik zur Nivellierung des Seismometers und wurde vom DLR-Raumfahrtmanagement in seiner Funktion als deutscher Raumfahrtagentur finanziert.