Broschüre: Alexander Gerst (2018)
horizons – Aufbruch zu neuen Horizonten in Wissenschaft und Gesellschaft
„Überflieger“ gesucht und gefunden: Vom 14. Dezember 2016 bis zum 28. Februar 2017 hatten Studententeams aller Hochschulen in Deutschland die Möglichkeit, sich für einen ganz besonderen Wettbewerb der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR zu bewerben. Hauptgewinn: ein Experiment auf die Internationale Raumstation ISS bringen und unter den Bedingungen des Weltraums zu forschen. Neben Experten des DLR und der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) war auch der deutsche Astronaut Gerhard Thiele Mitglied des Auswahlgremiums. Geprüft wurden die Experimentvorschläge vor allem auf ihren wissenschaftlichen Gehalt, ihre technische Ausgereiftheit und ihre praktische Umsetzbarkeit. Am Ende setzten sich Studierende der Universitäten Frankfurt (EXCISS), Stuttgart (PAPELL) und Duisburg-Essen (ARISE) durch.
Die drei Gewinnerteams werden ihre Experimente während der horizons-Mission des deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst im Sommer 2018 zur ISS senden. Ihre Versuche zur Planetenentstehung und Raumfahrttechnologie werden dort persönlich von Alexander Gerst betreut. Bis dahin durchlaufen die Projekte den gesamten Prozess einer realen Raumfahrtmission – von der Ausarbeitung ihrer wissenschaftlichen Ziele, über das Entwerfen eines technischen Designs und die notwendigen Tests, bis hin zum Betrieb des Experiments auf der ISS. Dabei ist die Größe der Experimentanlagen stark eingeschränkt: Sie müssen in drei zirka 10 mal 10 mal 15 Zentimeter große Container passen. Auf der Raumstation sollen die Anlagen mindestens 30 Tage lang in Betrieb sein. Von den gesammelten praktischen Erfahrungen werden die Studierenden enorm profitieren, denn der Wettbewerb Überflieger ergänzt das Studium qualitativ und gibt Studierenden die Gelegenheit, eigene Forschungsfragen selbst kreativ auszuarbeiten und umzusetzen. Die drei Siegerteams erhalten außerdem die Möglichkeit, den Start ihres Experiments live vor Ort mitzuerleben.
Zu den Gewinnern zählt das Studententeam der Universität Frankfurt am Main mit ihrem Experiment EXCISS (Experimental Chondrule Formation at the ISS). Die Studierenden wollen damit die Entstehung von so genannten Chondren untersuchen. Dabei handelt es sich um kleine Klumpen aus mineralischen Komponenten, die den Grundstein für spezielle Meteoriten, die Chondriten, bilden. Diese Meteoriten stammen aus der frühesten Phase der Planetenentstehung. Im Versuchsablauf beobachtet das Team eine Sandstaubwolke, die kontinuierlich elektrischen Blitzen ausgesetzt wird. Durch die Energie der Blitze kommt es zu Zusammenstößen und zur Verschmelzung der mineralischen Partikel. Die Ergebnisse des Experiments sollen helfen, die Prozesse zu Beginn der Planetenentstehung besser zu verstehen.
Mit ARISE (Planet formation due to charge induced clustering on ISS) von Studierenden der Universität Duisburg-Essen fliegt ein weiteres Experiment zur Planetenentstehung zur ISS. Dabei wird untersucht, welche Rolle elektrische Aufladungen bei der Geburt von neuen Himmelskörpern spielen. Bislang ist bekannt, dass Partikel bis zu einer Größe von mehreren Zentimetern Durchmesser bei Zusammenstößen aneinander haften bleiben. Dies funktioniert jedoch nur bis zu einer bestimmten Größe der Ansammlung. Eine neue Theorie besagt, dass größere Zusammenballungen durch elektrische Wechselwirkungen entstehen. Um diese Annahme zu überprüfen, wollen die Studierenden die Zusammenstöße von Glaskugeln, welche die kosmischen Partikel simulieren, unter Schwerelosigkeit beobachten.
PAPELL (Pump Application using Pulsed Electromagnets for Liquid relocation) lautet der Name des Technologie-Experiments vom Studententeam der Universität Stuttgart. Untersucht wird dabei eine neuartige Pumpentechnologie, die zum Beispiel für die Treibstoffversorgung auf Raumfahrtmissionen zum Einsatz kommen könnte. Die Pumpe bewegt ein so genanntes Ferrofluid, also eine Flüssigkeit mit kleinsten magnetischen Partikeln, mit der Hilfe von Elektromagneten. Damit kommt diese Pumpe ohne mechanische Bauteile aus. Dies soll die Fehleranfälligkeit der Technik minimieren und auch die Geräuschentwicklung während des Betriebs dämmen, was den Astronauten innerhalb des Raumfahrzeugs zu Gute kommen würde. In zwei Teilexperimenten werden der Transport der Flüssigkeit sowie von kleinen Feststoffkügelchen untersucht.