Reinhard Furrer (✝)
„Ich flieg da mit“, soll Reinhard Furrer gesagt haben, bevor er sich 1978 als Wissenschaftsastronaut bei der damaligen Deutschen Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR, heute DLR) für die erste deutsche Spacelab-Mission, die gemeinsam mit der NASA durchgeführt werden sollte, bewarb. Er behielt Recht: 699 Konkurrenten ließ der gebürtige Österreicher hinter sich, obwohl er als Junggeselle schlechtere Karten als seine Mitbewerber hatte. Die Amerikaner bevorzugten Familienväter für ihre Missionen, da diese als ausgeglichener galten.
Reinhard Furrer war der dritte deutsche Astronaut, der ins All flog. Geboren am 25. November 1940 in Wörgl, Österreich, studierte er zunächst an der Universität Kiel und später an der Freien Universität Berlin Physik. Nach seiner Promotion 1972 arbeitete er ab 1974 als Assistenzprofessor in Stuttgart, bevor er sich 1979 habilitierte.
1983 begann Furrer seine Ausbildung zum Wissenschaftsastronauten gemeinsam mit Ulf Merbold, Ernst Messerschmid und dem Niederländer Wubbo Ockels. Messerschmid und Ockels sollten ihn später bei der D1-Mission begleiten. Zuerst stand den angehenden Astronauten jedoch die umfangreiche Ausbildung bevor: Der Physiker Furrer musste sich neben der Einführung in die Raumfahrt auch mit Medizin beschäftigen. Dazu gehörte auch Kanülen setzen oder den Venenblutdruck messen.
Bis zur Spacelab-Mission D1 dauerte es noch zwei Jahre: Am 30. Oktober 1985 hob Furrer mit dem Space Shuttle Challenger ab. Mit an Bord waren noch fünf Amerikaner, die unter anderem die Challenger steuerten. Furrer, Messerschmid und Ockels flogen als Nutzlastspezialisten ins All und führten auf der einwöchigen Mission insgesamt 76 Experimente im europäischen Spacelab durch. Furrer untersuchte unter anderem die Auswirkungen der Schwerelosigkeit bei der Materialverarbeitung und auf den menschlichen Körper. Um die hohe Anzahl der Experimente in der kurzen Zeit bewältigen zu können, arbeiteten die Astronauten 18 Stunden am Tag. Wiederholungen der Experimente waren kaum möglich, jeder Handgriff musste sitzen.
Doch nicht nur für Furrer und Messerschmid stellte diese Mission eine Premiere dar: Das in Oberpfaffenhofen auf dem Gelände des DFVLR ansässige Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum stand vor seiner größten Aufgabe - der ersten deutschen Weltraummission mit dem europäischen Weltraumlabor Spacelab im amerikanischen Space Shuttle. Nach erfolgreichem Abschluss der Mission waren nicht nur die beiden Astronauten weltweit bekannt - auch Oberpfaffenhofen war als „bayerisches Houston“ in aller Munde.
1987 wurde Furrer Professor und Direktor des neugegründeten Instituts für Weltraumwissenschaften an der Freien Universität Berlin. Privat war Furrer ein begeisterter Sportpilot und machte seine erste Pilotenlizenz bereits 1974. Er unternahm viele Flugtouren mit einmotorigen Sportflugzeugen, beispielsweise einen Flug über das Inlandeis Grönlands oder einen Soloflug von Deutschland nach Quito (Ecuador).
Furrer starb am 9. September 1995 bei einem Flugzeugabsturz während einer Flugshow auf dem Flugplatz Johannisthal (Berlin).