2. März 2021

Eisberg A74 am Brunt Eisschelf

Das Abbrechen von großen Eisbergen gehört in der Antarktis zu einem wiederkehrenden Schauspiel und ist zunächst Teil der natürlichen Eisdynamik. Besonders gut lassen sich diese Ereignisse mithilfe von Radarsatelliten beobachten, da diese wetter- und beleuchtungsunabhängig die Eisfläche beobachten und die räumlichen Dimensionen exakt erfassen können. Das jüngste Kalbungsereignis am Brunt Eisschelf im Weddellmeer wurde am 27. Februar 2021 aufgezeichnet und stellt eines der wenigen – wenn nicht sogar das erste bekannte – größere Abbruchereignis am Brunt Eisschelf in den vergangenen Dekaden dar.

Die oben gezeigte Aufnahme des deutschen Radarsatelliten TerraSAR-X ist Teil einer Reihe von Aufnahmen für die Polarstern. Der Forschungseisbrecher des Alfred-Wegener-Instituts befindet sich derzeit im Weddellmeer auf Expedition. Das Besondere an den Radaraufnahmen ist ihre Bereitstellung. Die Daten werden unmittelbar nach Empfang und Prozessierung den Wissenschaftlern und der Besatzung an Bord des Schiffes zur Verfügung gestellt. Diese können u.a. mithilfe der TerraSAR-X Daten ihren kurz- und mittelfristigen Expeditionsverlauf planen und den aktuellen Eisbedingungen anpassen. Die Nahe Echtzeit-Lieferung wird erst durch die Empfangsstation des DLR „GARS O’Higgins“ (German Antarctic Receiving Station) an der Spitze der antarktischen Halbinsel möglich. Dort können die Daten entweder direkt  nach deren Aufnahme oder im darauffolgenden Orbit empfangen, verarbeitet und als geeignetes Produkt für die Nutzer auf dem Forschungsschiff wieder versendet werden.

Das Brunt Eisschelf steht schon länger unter Beobachtung. Im südlich angrenzenden Teil haben sich über mehrere Jahre hinweg mächtige, Kilometer-lange Risse gebildet. Im Südsommer 2016/2017 musste sogar die britische Forschungsstation Halley VI auf den landeinwärts gelegenen Teil des Eisschelfs verlegt werden. Der als ‚Halloween crack‘ bekannte Riss weitete sich 2016 bedrohlich aus, sodass ein Umzug der Station unumgänglich war. Besetzt ist die Station aus Sicherheitsgründen daher nur noch in den Antarktischen Sommermonaten. Der britische Stationsort auf dem Brunt Eisschelf hat eine lange Tradition, denn bereits seit 1956 werden hier Forschungsstationen betrieben. Im Jahr 1985 wurde dort erstmals das Antarktische Ozonloch messtechnisch belegt.

Wie die aktuelle Sentinel-1A Aufnahme zeigt, ist ein ca. 1500 km² großer Teil des Brunt Eisschelfs nur noch durch eine wenige Kilometer breite Brücke mit dem restlichen Eisschelf verbunden. Wann genau es hier zum nächsten mächtigen Abbruch kommt, ist nur schwer abzuschätzen – Radarsatelliten werden es uns aber innerhalb kürzester Zeit zeigen!

Brunt_Eisschelf-2017-2021
02.03.2021

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