7. Oktober 2020

Ozonloch über 20 Millionen Quadratkilometer groß

Messungen des europäischen Copernicus Satelliten Sentinel-5P zeigen, dass in diesem Jahr die Fläche des Ozonlochs im Zeitraum seit Mitte September größer ausfällt als das bisherige Mittel über alle Jahre seit 1979.

Ozonloch über 20 Millionen Quadratkilometer groß
07.10.2020

Die aktuelle Fläche des Ozonlochs liegt deutlich über 20 Millionen Quadratkilometer, ist aber vergleichbar mit den Werten der Jahre 2018 oder auch 2015, wo in diesem Zeitraum die Fläche bei etwa 22,9 bzw. 25,6 Quadratkilometern lag. Die größte Ausdehnung wurde bislang im Jahr 2006 mit etwa 26,6 Quadratkilometern gemessen. Im letzten Jahr (2019) lag dieser Wert bei nur 9,3 Quadratkilometern und fiel ungewöhnlich klein aus.

In den letzten Wochen hat der Frühling auf der Südhalbkugel der Erde begonnen. Die Sonne ist dort nun zunehmend auch in hohen südpolaren Breiten wieder zu sehen. Die Energie der Sonnenstrahlung setzt hier einen fatalen chemischen Prozess in Gang, der zum schnellen und großflächigen Abbau von Ozon in der Atmosphäre führt: es bildet sich das sogenannte antarktische Ozonloch. Seit den 1980er Jahren wird dieser Vorgang beobachtet, der auf die Wirkung schädlicher Spurenstoffe (sogenannte FCKW’s) zurückzuführen ist, die früher in industriellem Maßstab in die Atmosphäre eingebracht worden sind. Der Abbau findet in Höhen oberhalb von etwa 15 Kilometern statt, in der sogenannten Stratosphäre. Wichtige Bedingung für den Abbau des Ozons sind sehr kalte Temperaturen.

Die Messungen von TROPOMI auf S5P
zeigen, dass das diesjährige Ozonloch mit einer Spitze von rund 25 Millionen Quadratkilometern seine maximale Größe erreicht hat (schwarze Punkte auf der rechten Parzelle). Das Ozonloch bedeckt den größten Teil des antarktischen Kontinents und die Größe liegt weit über dem Durchschnitt (GOME-2/Metop-Messungen) der letzten zehn Jahre (graue Fläche auf der rechten Abbildung).
Das Ozonloch von 2020 ist auch eines mit den niedrigsten Ozonwerten.
Das von TROPOMI/S5P gemessene Ozonminimum liegt nahe bei 100 DU (schwarze Punkte auf der rechten Fläche) und im Vergleich zu den GOME-2/Metop-Messungen der letzten 15 Jahre (graue Fläche auf der rechten Fläche).

Die Variabilität der Ozonlochgröße wird ganz wesentlich mitbestimmt durch die Stärke eines Starkwindbandes, das das Gebiet der Antarktis ähnlich unseres Jetstreams umströmt. Dieses Starkwindband ist eine unmittelbare Folge der Erdrotation und der starken Temperaturgegensätze zwischen polaren und gemäßigten Breiten. Ist dieses Windband stark, so wirkt es wie eine Barriere: Luftmassen zwischen polaren und gemäßigten Breiten können nicht mehr ausgetauscht werden. Dann bleiben die Luftmassen über den polaren Breiten isoliert und kühlen während des Winters besonders tief ab. In diesem Jahr war dieser Prozess sehr ausgeprägt. Im letzten Jahr, 2019, war das Starkwindband stark deformiert. Grund dafür waren sogenannte planetare Wellen in der Atmosphäre. Diese verursachen meridional gerichtete Strömungen. Der Wirbel wird gestaucht und gestreckt und manchmal sogar etwas vom Pol zu weggeschoben. Dann können warme Luftmassen in die Polarregionen einströmen; der chemische Ozonabbaureaktor wird dann gestört.

Letztes Jahr war das Ozonloch außergewöhnlich klein (siehe auch rechts, EOC News vom 16.09.2019, "Das Ozonloch von 2019 - Anzeichen einer Erholung"). Verglichen mit den vorangegangenen Jahren gehört das Ozonloch 2020 jedoch eher zu den ganz Ausgeprägten. Die Ozonreduktion ist aktuell mit minimalen Werten unter 100 DU bereits sehr stark (bei Werten unterhalb von 220 DU spricht man bereits von einem Ozonloch).

Die Abbildung zeigt die Stärke dieser planetaren Wellen in den Jahren 2018, 2019 und 2020 in etwa 30 km Höhe auf der Südhalbkugel.

Die Wellenaktivität aller drei Jahre verläuft insgesamt recht ähnlich; deutliche Abweichungen zeigen sich insbesondere im Winter (August bis Oktober). Es ist deutlich zu erkennen, dass die Wellenaktivität in den Jahren 2018 und 2020 in den Wintermonaten recht niedrig ist, das Ozonloch also entsprechend groß. 2019 hingegen ist die Wellenaktivität insbesondere Ende September deutlich erhöht; der polare Wirbel ist stark gestört. Gerade diese großräumigen Wellenphänomene sind aktuell Gegenstand der Forschung. Es wird erwartet, dass sich diese aufgrund der globalen Erderwärmung, also dem Klimawandel, in ihrer Stärke und Struktur verändern könnten.

Kontakt

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Michael Bittner

Abteilungsleitung
Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum (DFD)
Atmosphäre
Oberpfaffenhofen, 82234 Weßling
Tel: +49 8153 28-1379

Dr. Diego Loyola

Abteilungsleitung
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Methodik der Fernerkundung (IMF)
Atmosphärenprozessoren
Oberpfaffenhofen, 82234 Weßling
Tel: +49 8153 28-1367