Katastrophenmanagement: Testlauf für Multi-Risiko-System
Die Gefährdung der Menschen durch Naturkatastrophen - vor allem in dicht besiedelten städtischen Ballungsräumen – hat in den vergangenen Jahrzehnten weltweit zugenommen. Im Verbundprojekt RIESGOS entwickelt ein interdisziplinäres Forscherteam in Kooperation mit Unternehmenspartnern Methoden zur Bewertung von Multi-Risiko-Situationen und ihren Wechselwirkungen am Beispiel der besonders gefährdeten Andenregion.
Den Schwerpunkt der Forschungsarbeit bildet die Andenregion in Chile, Peru und Ecuador, eine durch Naturgefahren und die Auswirkungen des Klimawandels stark gefährdete Region. Erdbeben, Tsunamis, Hangrutschungen, Vulkaneruptionen oder Überflutungen kommen hier auf engstem Raum vor. Eine Gefahr kommt dabei selten allein: Ein Erdbeben kann einen Tsunami auslösen, in Folge kann es zu Unterbrechungen der Strom- und Wasserversorgung kommen, so dass sich die Lage für Betroffene und Einsatzhelfer dramatisch verschärfen kann. Ein Multi-Risiko-Informationssystem soll künftig zur besseren Vorbereitung und gezielten Vorsorge in solchen Notfällen helfen.
Vom 18. bis 29. November 2019 wurde ein erster Demonstrator eines solchen Multi-Risiko-Informationssystems in Peru und Ecuador präsentiert. Entwickelt wurde dieses Analysewerkzeug unter Federführung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Rahmen des Projekts RIESGOS (spanisch: Risiken). Das Vorhaben hat zum Ziel, die Informationsgrundlagen für das Management von Naturkatastrophen zu verbessern und Strategien zur Vermeidung oder Minderung von Risiken zu entwickeln. Damit werden die wissenschaftlichen und technischen Möglichkeiten dargestellt, um künftig Szenarien mit komplexen Risikoverkettungen simulieren zu können.
Zwei Jahre hat das deutsche Projektteam zusammen mit Partnern aus den genannten Ländern an der Entwicklung der ersten Version des Demonstrators gearbeitet. Während der gesamten Projektlaufzeit erfolgt ein enger fachlicher Austausch mit Behörden sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen aus dem Bereich Katastrophenschutz. So wird sichergestellt, dass die Anforderungen der Nutzer und ihr Feedback erfasst und integriert werden. Zentrales Element des Informationssystems sind webbasierte Dienste, die einen offenen und flexiblen Zugriff auf dezentrale Daten- und Rechendienste ermöglichen.
Der Demonstrator wird zunächst für drei Fallstudien entwickelt, welche realistische Multi-Risiko-Situationen darstellen. Die Gefahren bedingen sich dabei nicht nur gegenseitig, sondern sind auch mit kaskadierenden Effekten verbunden - es entstehen Kettenreaktionen. In der chilenischen Region Valparaíso sowie in der peruanischen Millionenmetropole Lima und der angrenzenden Hafenstadt Callao werden Erdbeben, Tsunamis und kritische Infrastrukturen untersucht. In der ecuadorianischen Hauptstadt Quito und der Provinz Cotopaxi stehen vulkanische Aktivitäten, Schlammströme, Hangrutschungen, Hochwasser und ihre Auswirkungen auf kritische Infrastrukturen im Fokus.
Die vom 18. bis 29. November 2019 stattfindenden Nutzerworkshops auf nationaler und lokaler Ebene dienten dazu, den Demonstrator einem Praxistest hinsichtlich Handhabung, Nutzbarkeit und Informationsgehalt zu unterziehen. Das Feedback floss direkt in die Weiterentwicklung des Demonstrators ein. Neben den technischen Vorführungen wurden auch bilaterale Termine vereinbart, um die Kooperation zu stärken und die gemeinsamen Forschungsaktivitäten abzustimmen.
Über das Projekt
RIESGOS (Multi-Risiko Analyse und Informationssystemkomponenten für die Andenregion) wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme „CLIENT II - Internationale Partnerschaften für nachhaltige Innovationen“ des Rahmenprogramms „Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA3)“ gefördert. Der Projektträger Jülich betreut das Projekt im Auftrag des Bundesforschungsministeriums fachlich und administrativ. Das RIESGOS Projektkonsortium setzt sich aus folgenden akademischen Forschungseinrichtungen und Industriepartnern zusammen: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, DeutschesGeoForschungsZentrum, Alfred-Wegener-Institut, Technische Universität München, 52 North, geomer GmbH, EOMAP GmbH & Co.KG, plan + risk consult, DIALOGIK. Folgende assoziierte Partner unterstützen das Projekt: GIZ, UNOOSA / UN-SPIDER, UNESCO und MunichRE. RIESGOS kooperiert mit einer Vielzahl von Forschungspartnern und Behörden in den südamerikanischen Partnerländern Chile, Ecuador und Peru.