Noch heute haben seine Ideen Einfluss auf die Forschung
Mathematik, Physik, Chemie, aber auch Medizin, Psychologie, Musik und Philosophie – Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz war einer der letzten großen Universalgelehrten. Auf ihn gehen nicht nur eine Reihe von grundlegenden Erkenntnissen zurück, sondern auch diverse medizinische Geräte. Die heutige Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, der auch das DLR angehört, ist, wie ihr Namensgeber, auf verschiedensten Forschungsgebieten unterwegs.
Hermann von Helmholtz wurde 1821 in Potsdam geboren und 1842 in Berlin zum Doktor der Medizin promoviert. Er erhielt 1848 einen Lehrstuhl für Physiologie in Berlin und folgte ein Jahr später einem Ruf nach Königberg. Ab 1855 lehrte er an der Universität Bonn und hatte später den ersten Lehrstuhl für Physiologie an der Universität Heidelberg inne. 1870 wurde ihm der Lehrstuhl für Physik in Berlin angeboten, da er bereits auf dem Gebiet der Physik der Physiologie gearbeitet hatte. 1883 wurde Helmholtz in den Adelsstand erhoben. Er war Mitglied verschiedener Akademien, darunter der Royal Society of Edinburgh und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Sein Ansatz, verschiedenen Disziplinen miteinander zu verbinden, aber auch, Theorie, Experiment und praktische Anwendung zu verknüpfen, machen Hermann von Helmholtz zu einem Wegbereiter der modernen Naturwissenschaften. Viele seiner Konzepte und Ideen erlangten auch später Bedeutung. Im DLR nutzen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seine Erkenntnisse, Ideen und Entwicklungen in den verschiedensten Bereichen.
Sensoraugen erkunden die Welt
Hermann von Helmholtz beschäftigte sich intensiv mit dem räumlichen Sehen und der Raumwahrnehmung. Das DLR nutzt seine Erkenntnisse beispielsweise in der Robotik und der Raumfahrt. Der vom Institut für Robotik und Mechatronik in Oberpfaffenhofen entwickelte Roboter Justin ist mit vielen verschiedenen Kameras ausgestattet, die es ihm ermöglichen, koordinierte Bewegungen im Raum auszuführen. Auch im All sind Stereokameras von großer Bedeutung. Die Sonde Mars Express der Europäischen Weltraumorganisation ESA umkreist seit 18 Jahren unseren Nachbarplaneten. Dabei liefert die vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin entwickelten High Resolution Stereo Camera (HRSC) an Bord beeindruckende Bilder vom Mars. Aus ihnen werden hochaufgelöste digitale Geländemodelle für die topografische Kartierung und zur Beantwortung wissenschaftlicher Fragestellungen berechnet.
Die Geheimnisse der Gletscher
Ein besonderes Interesse hatte Helmholtz an der Meteorologie. So stellte er mathematische Studien zu Wirbelstürmen, Gewittern, Luft- und Wasserwellen an und untersuchte intensiv die Ursachen von Gletscherbewegungen. Auch das DLR forscht heute im Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen an meteorologischen Fragen und nutzt dazu unter anderen speziell ausgestattete Forschungsflugzeuge, wie das Atmosphären- und Erdbeobachtungsflugzeug HALO. Darüber hinaus betreibt das DLR eine Reihe von Erdbeobachtungssatelliten, wie die beiden Radarsatelliten TerraSAR-X und TanDEM-X, die seit 2007 beziehungsweise 2010 im Einsatz sind. Mit Satellitendaten von TanDEM-X, die mit Hilfe eines neuen Analyseverfahrens untersucht wurden, hat das DLR 2019 dazu beigetragen, dass die Entwicklung von Gletschern heute besser vorausgesagt werden kann.
Augenheilkunde in Schwerelosigkeit
Besonders bekannt sind die medizinischen Geräte, die Hermann von Helmholtz entwickelte, insbesondere Augenspiegel, mit dem die Netzhaut sichtbar gemacht werden kann. Außerdem konstruierte er mit dem sogenannten Ophtalmometer, ein Gerät, das die Krümmung der Hornhaut bestimmt. Den Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf die Sehschärfe geht heute das Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln auf den Grund. Im medizinischen Forschungsgebäude des Instituts, dem :envihab, wird das DLR 2021 im Auftrag der NASA in einer Bettliegestudie die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf die Sehschärfe untersuchen. Die Probanden werden hierbei 30 Tage liegend, mit einer Neigung des Kopfes um sechs Grad nach unten, beobachtet.
Energieerhaltung im Windkanal
Der erste Hauptsatz der Thermodynamik formuliert, dass die Energie in einem geschlossenen System stets erhalten bleibt. Er wurde erstmals 1842 von J.R. Mayer und etwas später 1847 von Hermann von Helmholtz formuliert. Demnach kann Energie weder erzeugt noch vernichtet, sondern nur in unterschiedliche Formen umgewandelt werden. Dieser physikalische Grundsatz spielt eine wichtige Rolle bei der Konstruktion von Windkanälen. Ludwig Prandtl, der Gründungsvater des DLR-Vorläufers AVA (Aerodynamische Versuchsanstalt), entwickelte den Windkanal Göttinger Bauart, der sich durch einen geschlossenen Strömungskreislauf auszeichnet. Zuvor waren Windkanäle offene Systeme, bei denen die Luft nach dem Passieren der Messstrecke ins Freie geblasen wurde und so ein Großteil der aufgewandten Antriebsenergie verloren ging, indem sie in Wärme umgewandelt wurde. Im geschlossenen Strömungskreislauf bleibt sie hingegen erhalten, so dass der Antriebsmotor nur die unvermeidlichen Reibungsverluste ersetzen muss. Nur dank dieser Erfindung sind große Windkanäle überhaupt technisch realisierbar. Sie sind unverzichtbare Instrumente, um Flugzeuge, Autos, Weltraumraketen oder Züge zu untersuchen. Das DLR und seine Tochter DNW (Deutsch-Niederländische-Windkanäle) betreiben zusammen eine große Zahl unterschiedlichster Windkanäle für Forschungszwecke.